Im Höglwald bei Zillenberg liegt eine von 19 Waldklimastationen in Bayern, in denen wichtige Daten zum Forst erfasst werden. In Zeiten von Corona haben die Deutschen ihre Liebe zum Wald wiederentdeckt. Das hat Ralf Gang beobachtet und sich darüber gefreut. Er arbeitet als Bereichsleiter Forsten beim Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) in Augsburg und ist damit auch für die Waldklimastation zuständig.
In dieser Freiluftforschungsanlage habe man keine Auswirkungen des Lockdown gemessen – obwohl Anfang April die CO2-Ausstöße in Deutschland sogar um 26 Prozent gesunken seien, wie internationale Klimaforscher ermittelt haben. „Vielleicht ist das in einem zeitlich größeren Abstand dann erkennbar“, meint Gang.
Waldklimastation in Ried startete vor 32 Jahren
Zuverlässige Messergebnisse in einer Epoche rascher Umweltveränderungen sind wichtig, um rechtzeitig zu reagieren und forstliche Strategien einzuleiten. Diese Daten liefert die Waldklimastation schon seit 38 Jahren. Sie startete – in einer einfacheren Version –bereits 1982. Der Forstprofessor Karl Kreutzer von der Ludwig-Maximilians-Universität München suchte damals einen Wald mit vielen Fichten für ein groß angelegtes Freilandexperiment. Er wollte erforschen, wie sich der saure Regen auswirkt.
„Damals war die Sorge sehr groß, dass man die Wälder verliert“, erzählt Ralf Gang. Mittlerweile ist das jedoch zum Glück kein Thema mehr, wie die Messergebnisse der Waldklimastation zeigen. Denn Hauptursachen für den sauren Regen waren die Luftverschmutzungen und Schwefelverunreinigungen. Doch Filter in Fabriken und Verbrennungsanlagen haben die Luft erheblich verbessert.
In dem 270 Hektar großen Freilandlabor wird noch mehr gemessen. So werden meteorologische Daten wie Niederschlag, Temperatur, Windgeschwindigkeit und Sonneneinstrahlung im Sekundentakt elektronisch erhoben und via Satellit an die Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) weitergegeben. Auch Stoffeinträge aus der Luft und Stoffauswaschungen mit dem Sickerwasser werden untersucht. „Man kann so auch erkennen, ob der Waldboden die Schadstoffeinträge abpuffern kann oder ob diese ins Grundwasser weiterfließen“, erklärt Gang.
In Bayern gibt es 19 Waldklimastationen, eine davon in Ried
Da es mittlerweile in Bayern ein Netz von 19 Waldklimastationen gibt und diese auch Teil des deutschen und europäischen Umweltmonitorings sind sowie weltweit mit 600 forstlichen Dauerbeobachtungsflächen unter dem Namen ICP verknüpft sind, lassen sich die Messergebnisse vergleichen und einordnen.
Alle Waldklimastationen in Bayern bestehen aus einer Freiland- und einer Waldmessstation. Beide Bereiche sind wichtig, damit man Vergleichsdaten gewinnen kann: Wie schaut beispielsweise der Niederschlag, die Temperatur, die Windverhältnisse im Wald und im Vergleich dazu auf der freien Fläche aus?
Im Wald wird dann aber auch noch auf einer Kernmessfläche von 0,25 Hektar etwa der Dickenzuwachs und der Kronenzustand der Bäume gemessen. Außerdem schaut man auf die Entwicklung der Bodenvegetation. Wachsen im Wald die Nährstoff liebenden Brombeeren oder Heidelbeeren, die es sauer vertragen? Und wie ändert sich diese Vegetation über die Jahre?
Die Ergebnisse sind spannend. Ralf Gang zählt auf: So hat sich die Temperatur in der Zeitperiode 1991 bis 2017 im Vergleich zum Zeitrahmen 1960 bis 1990 um 1,3 Grad auf 8,7 Grad erhöht. Die Vegetationsperiode hat sich um 14 Tage verlängert – die Pflanzen beginnen früher zu wachsen und hören später im Herbst auf.
Ralf Gang: "2020 war ein normaler Sommer"
Trotz heißer Sommer in den vergangenen Jahren ist der Niederschlag im Schnitt gleich geblieben. Er liegt bei 850 Millimeter pro Jahr mit 470 in der Vegetationszeit. 2020 sei ein normaler Sommer gewesen mit kühleren niederschlagsreichen Perioden im August. Negativ zu sehen ist, dass der Stickstoffeintrag seit Jahrzehnten unverändert hoch ist. Den verursache die landwirtschaftliche Tierhaltung und die Industrie, der Verkehr und die Energiewirtschaft durch Verbrennung. Außerdem hat der Fichtenbestand einen Sättigungszustand erreicht. So kann der eingetragene Stickstoff vom System nicht mehr aufgenommen werden und wird mit dem Sickerwasser ausgetragen.
Schwierig für den Höglwald mit seinem außerordentlich hohen und rund 110 Jahre alten Fichtenbestand waren in letzter Zeit zudem nicht nur der Borkenkäfer, sondern auch die vielen Orkane. Trotzdem ist Ralf Gang positiv: „Sicherlich sind mit Sturm Sabine am 9. Februar viele Bäume gefallen, es war aber bei uns trotzdem noch erträglich, ebenso die Trockenjahre. Unseren Wäldern hier geht es im Vergleich zu denen in Oberfranken recht gut.“
Im Frankenwald und im Fichtelgebirge beispielsweise sei es wesentlich trockener und man hatte dort auf großen Flächen Ausfälle und Borkenkäfer. Das sei umso schlimmer, weil der Holzmarkt am Boden sei und die Holzpreise kaum die Kosten deckten. „Wir müssen alle daran arbeiten, dass wir den Wald in einen klimarelevanten Mischwald umbauen“, fügt der Bereichsleiter hinzu. Das werde gerade stark vorangetrieben. Man brauche unter diesen Bedingungen wieder mehr Laubbäume, damit der Wald nicht zu anfällig werde. Und auch diese Anpassung wird die Waldklimastation dokumentieren.
Die Wetterdaten des Höglwaldes können Interessierte aktuell im Internet unter www.fovgis.bayern.de/wks/ einsehen.
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