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Religion: Gemeinschaft als Lebensaufgabe

Religion

Gemeinschaft als Lebensaufgabe

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    Birgit Horneber, Mitglied des Vorstandes des ökumenischen Lebenszentrums in Ottmaring, zeigt das versteckte Fach in der Christus-Skulptur.
    Birgit Horneber, Mitglied des Vorstandes des ökumenischen Lebenszentrums in Ottmaring, zeigt das versteckte Fach in der Christus-Skulptur. Foto: Mareike König

    Wer in Ottmaring den Schildern zum Ökumenischen Lebenszentrum (ÖLZ) folgt, der landet an einem Ort der Ruhe. Nur manchmal zwitschert ein Vogel in die Stille. Das Wohnprojekt und der Friedberger Stadtteil sind inzwischen miteinander verwachsen. Als die Gemeinschaft am 23. Juni 1968 gegründet wurde, bestand sie aus vier Häusern, umgeben von Feldern und Wiesen. Die Nachbarn lebten etliche Meter entfernt. „Am Anfang haben die Bewohner schonmal mit dem Fernglas herübergeschaut, um zu sehen, was wir hier so machen“, erzählt Brigitte Horneber.

    Sie ist eine der Vorsitzenden des Vereins und Mitglied der überkonfessionellen Vereinigung vom gemeinsamen Leben. Gemeinsam mit fünf anderen Bewohnern des Lebenszentrums übernimmt sie Verwaltungsaufgaben. „Ansonsten gibt es bei uns keine Hierarchie“, erklärt sie. Entscheidungen treffen die 100 Mitglieder konsensual. Das heißt, nur wenn alle einverstanden sind, wird etwas beschlossen. Nicht alle bewohnen Häuser des Lebenszentrums. Die meisten Mitglieder leben in privaten Wohnungen, viele in Ottmaring, manche in den Nachbarorten.

    Wie stark er sich in die Gemeinschaft integriert, sei jedem selbst überlassen, so Horneber. Der Großteil der Mitglieder geht einem normalen Beruf nach. „Manche sind freigestellt, um für das Lebenszentrum zu arbeiten“, berichtet Horneber. Allerdings gibt es keine Alten- oder Krankenpflege. „Dafür greifen wir ganz normal auf die Sozialdienste zurück“, sagt Horneber. „Es gibt immer wieder ältere Menschen, die bei uns anrufen und hier ihren Lebensabend verbringen möchten. Denen müssen wir absagen. Wir sind hier, weil wir eine Berufung erhalten haben, Gott hat uns hierher geführt.“

    Obwohl manche Gruppen in einer Gütergemeinschaft leben, haben viele Mitglieder eine Familie oder einen Ehepartner. Franz Wezel ist Mitglied der Fokolar-Bewegung. Er teilt sich gemeinsam mit vier weiteren Männern ein Haus. Horneber lebt in einer Wohnung mit ihrem Ehemann. „Wenn jemand Hilfe braucht, dann stehen die anderen natürlich bereit“, so Brigitte Horneber.

    Neben dem Eingang zur Kapelle steht ein Apfelbaum, schwer beladen mit kleinen Früchten. Ein Geschenk von Freunden aus einer orthodoxen Gemeinde. „Immer, wenn ein Bewohner des ÖLZ die Bekannten besuchen fährt und gerade Erntezeit ist, nimmt er eine Ladung Äpfel mit.“

    Kerngedanke des ökumenischen Lebenszentrums sei nicht nur das Zusammenleben zwischen den Konfessionen. Sondern auch die Gemeinschaft mit allen Menschen. So leben zwei syrische Flüchtlingsfamilien in einem der Gründerhäuser. Außerdem kann jeder an den täglichen Abendandachten in der Kapelle teilnehmen. Auch die Gottesdienste sind offen für alle.

    „Inzwischen gehören wir alle zusammen“, berichtet Horneber über die Beziehung zwischen dem Lebenszentrum und den anderen Anwohnern in Ottmaring. Die katholische Gemeinde hat traditionell einen Pfarrer, der Mitglied der Fokolar-Bewegung ist. Die evangelischen Bewohner sind Teil der Gemeinde Der gute Hirte. Das große Tagungszentrum können örtliche Betriebe und Vereine für ihre Veranstaltungen mieten, in der Kapelle finden Hochzeiten statt. Vor ein paar Jahren hat die Gemeinschaft beschlossen, das Tor vor der Einfahrt zum großen Parkplatz auszuhängen. „Wir wollten uns auch symbolisch öffnen“, sagt Birgit Horneber. Nur noch ein kleines Schild, versteckt hinter herabhängenden Ästen, dass hinter der Einfahrt ein eigener kleiner Mikrokosmos beginnt.

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