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Region: Überraschender Fund: In und um Augsburg lebten einst Elefanten

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Überraschender Fund: In und um Augsburg lebten einst Elefanten

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    Ur-Elefanten zogen vor Millionen von Jahren durch unsere Gefilde. Unser Bild vermittelt einen Eindruck von diesen Tieren. Es handelt sich dabei um den Druck eines Gemäldes von Karol Schauer.
    Ur-Elefanten zogen vor Millionen von Jahren durch unsere Gefilde. Unser Bild vermittelt einen Eindruck von diesen Tieren. Es handelt sich dabei um den Druck eines Gemäldes von Karol Schauer. Foto: Museum Friedberg

    In Europa gibt es keine Elefanten außerhalb der Zoos, doch das war nicht immer so. Lange bevor sich Menschen zwischen der Paar und dem Lech ansiedelten, lebten auch in unserer Region jede Menge verschiedener Ur-Tiere, darunter auch Rüsseltiere. Der Beweis steckt im Boden.

    In Sand- und Kiesgruben in und um Friedberg, Schrobenhausen und Pfaffenhofen, aber auch bei Bobingen, Stätzling und Augsburg werden seit dem 19. Jahrhundert Zähne, Stoßzähne und Knochen von unterschiedlichen Ur-Elefantenfamilien gefunden. Manche dieser alten Landsäuger wurden bis zu vier Meter groß. Sie sind die Vorfahren der heutigen Elefanten. Die Ur-Elefanten wanderten vor etwa 20 Millionen Jahren zahlreich aus Afrika nach Asien und zu uns nach Europa ein.

    Auch im Wittelsbacher Land und in den angrenzenden Landkreisen zogen die Dickhäuter über einen Zeitraum von etwa 15 Millionen Jahren mal durch dichte Auenwälder und feuchte Niederungen, mal durch Eislandschaften. Sie nutzten ihre Stoßzähne als Pflugscharen oder Schaufeln und ernährten sich rein pflanzlich. Man vermutet, dass die vielen verschiedenen Ur-Elefantenarten unterschiedliche Nahrungsstrategien hatten. Denn nur so konnten sie so zahlreich nebeneinander existieren, ohne zu hungern.

    In der Region um Augsburg lebten verschiedene Elefantenarten

    Die Elefantenzähne und -kiefer im Friedberger Schloss stammen aus der Umgebung und wurden im 19. Jahrhundert gefunden. Somit gehören sie zu den ältesten Ausstellungsstücken, erklärt die Museumsleiterin, Alice Arnold-Becker. Im 2019 wiedereröffneten Museum im Wittelsbacher Schloss kommt auch die Abteilung Archäologie mit ihren bedeutenden überregionalen Funden zur Geltung. Hier erfährt man, dass im Raum Augsburg und Aichach-Friedberg bis vor kurzem Vertreter aus drei Ur-Elefantenfamilien nachgewiesen waren: die massigen Deinotherien, auch Hauerelefanten genannt, die Gomphotherien - welche den heutigen Afrikanischen Elefanten auch in der Größe ähneln, allerdings im Unterkiefer zwei Stoßzähne hatten – und die Mammutiden mit ihrer typischen fliehenden Stirn und einem dichten Fell.

    Seit dem Fund aus einer Sandgrube bei Junkenhofen in der Nähe von Schrobenhausen deutet sich immer mehr an, dass eine vierte Ur-Elefantengattung das Wittelsbacher Land bewohnt hat, die Schaufelzahn-Elefanten (Archaeobelodon). Erdgeschichtlich ordnet man diese fossilen Großsäuger der Ordnung der Elephantoidea zu, welche lange vor den eiszeitlichen Mammuts (Mammuthus) die Erde bewohnten. Von Schaufelzahn-Elefanten lagen bislang weltweit nur vereinzelte Reste vor. Das rund 15 Millionen Jahre alte Skelett des Elefantenbullen von Junkenhofen ist so sensationell, weil es sich nicht nur um Zähne, sondern um ein fast komplettes, gut erhaltenes Skelett handelt, erklärt Michael Rummel. Der Leiter des Naturmuseums Augsburg hielt in der Reihe Friedberger Forum einen Vortrag über „Fossile Elefantenreste aus dem Raum Augsburg“. Auch bei der Neupräsentation der archäologischen Sammlung stand das Naturmuseum dem Team des Friedberger Schlosses beratend zur Seite.

    Auch Überreste von Mammuts wurden in Schwaben schon gefunden

    Von den ursprünglich sehr artenreichen Rüsseltieren haben nur der Asiatische und der Afrikanische Elefant überlebt. Man bezeichnet sie als „echte Elefanten“, zu denen übrigens auch die erdgeschichtlich gesehen „erst kürzlich“, ausgestorbenen Mammuts gehören. Mammutfunde in der Umgebung, wie in einer Kiesgrube in Bobingen von 2005 oder zuletzt in Baar von 2017, seien immer aufregend, doch der Junkenhofener Elefant sei für die Paläontologie „wie ein Sechser im Lotto“, sagt Rummel.

    Schließlich handele es sich nicht nur um eine weitere Art, sondern auch um den bislang einzigen weltweit erhaltenen Fund des Archaeobelodon in dieser Qualität. Schon während der Bergung der unteren Stoßzähne mit der für die Gattung typischen, schaufelartig verbreiterten Form wurde klar, dass es sich um einen erst selten gefundenen Schaufelzahn-Elefanten handelte. Diese Tiere lebten vor mehr als 15 Millionen Jahren in den feuchten Auenwäldern zwischen Passau und dem Bodensee.

    Forscher und die Hochschule Augsburg wollen mehr über den Ur-Elefanten herausfinden

    Eine Kollegin aus Wien und ein Wirbeltier-Paläontologe aus München erforschen nun gemeinsam den Ur-Elefanten, weiß Michael Rummel. Die Dokumentation werde voraussichtlich 2020 veröffentlicht. Im Naturmuseum möchte man eine populärwissenschaftliche Arbeit über das Tier und seinen Lebensraum erstellen. Ebenfalls geplant ist die Grabung mit Originalknochen im Naturmuseum als lebensgroße 3-D-Teilplastik sowie eine digitale Animation. Hierzu wurde eine Kooperation mit der Hochschule Augsburg angefragt. Dann erfährt man mehr darüber, wie der betagte „Schaufelzahn“ und seine Artgenossen bei uns gelebt, wovon sie sich ernährt haben und vielleicht auch, wie der Bulle gestorben ist.

    Fest steht, dass er alt geworden ist, etwa 40 bis 50 Jahre. Ob er einen Rüssel hatte und wie lang dieser war, ist noch unklar. Seine massigen Knochen, Zähne und die ausgeprägt kräftige Nackenpartie könnten auf eine spezialisierte Ernährungsweise hindeuten, so viel darf schon vermutet werden.

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