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Mering: Meringerzeller Straße: Hat der Gemeinderat sein Wort gebrochen?

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Meringerzeller Straße: Hat der Gemeinderat sein Wort gebrochen?

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    Insgesamt 220.000 Euro müssen die Anwohner nun doch für die Sanierung der Meringerzeller Straße zahlen.
    Insgesamt 220.000 Euro müssen die Anwohner nun doch für die Sanierung der Meringerzeller Straße zahlen. Foto: Eva Weizenegger

    Die Anwohner der Meringerzeller Straße mussten kurz vor Abschaffung der Straßenausbaubeitragssatzung noch Vorauszahlungen leisten. Der frühere Bürgermeister Hans-Dieter Kandler versprach ihnen, sich für eine Rückzahlung einzusetzen. Der Gemeinderat bekräftigte dies noch im November einstimmig mit einer Absichtserklärung. Wie berichtet, entschied nun der neu gewählte Gemeinderat über einen rechtlich möglichen Weg der Rückerstattung – und lehnte ab. Die betroffenen Anwohner sind fassungslos. Nun reagieren die Gemeinderatsfraktionen auf die Kritik.

    Chronologie der Meringerzeller Straße

    2017 Die Anlieger sprechen bei Bürgermeister Hans-Dieter Kandler vor, um zu klären, ob wirklich Beiträge für den Ausbau der Meringerzeller Straße erhoben werden sollen. In November flatter der Beitragsbescheid ein. Die Anwohner zahlen. Insgesamt sind 220 000 Euro an Vorauszahlungen fällig.

    2018 Die bayerische Staatsregierung beschließt, dass die Straßenausbaubeitragssatzung (Strabs) abgeschafft werden soll. Alle Beiträge, die vor dem 31. Dezember 2017 gezahlt wurden, werden aber nicht mehr rückerstattet. Jedoch die Kommunen, die bislang keine Beiträge erhoben haben, müssen diese nicht zurückfordern.

    April 2018 Die Meringerzeller Straße wird eröffnet. Bürgermeister Hans-Dieter Kandler verspricht den Anliegern, sich für eine Rückerstattung der Beiträge einzusetzen.

    Frühjahr 2019 Mittlerweile hat die Staatsregierung eine Härtefallregelung beschlossen. In diesem Topf befinden sich 50 Millionen Euro. Beiträge unter 2000 Euro fallen nicht in diese Regelung.

    31. Juli 2019 Es gibt eine Informationsveranstaltung der Marktgemeinde an alle Bürger, die von der Strabs betroffen sind. Die Anlieger der Meringerzeller Straße bringen das sogenannte Uffenheimer Modell ins Spiel. Die fränkische Gemeinde übernimmt die von den Anwohnern bezahlten Beträge, die unter 2000 Euro liegen und deshalb nicht vom Härtefallfonds bedient werden. Bei all jenen, die von der Härtefallkommission nur einen Teilbetrag zurückerstattet bekommen, soll nach entsprechender Abrechnung die Differenz, gegebenenfalls bis zu einer Höchstgrenze der Beitrag erstattet werden. Kandler bezeichnet diese Regelung als „nicht gesetzeskonform“.

    November 2019 Die Marktgemeinderäte signalisieren einstimmig, dass sie für eine Rückerstattung sind, wenn die gesetzlichen Vorgaben dafür sprechen.

    Januar 2020 Landtagsabgeordneter Peter Tomaschko informiert bei einemi einem Ortstermin Innenstaatssekretär Gerhard Eck über die Situation. Auch Vertreter des Landratsamtes sowie der Regierung von Schwaben sind dabei und haben eine Möglichkeit aufgezeigt, wie die Anwohner der Meringerzeller Straße ihre Vorauszahlungen wieder zurückerstattet bekommen könnten. Weil das Papst-Johannes-Haus nun doch als Anlieger der Meringerzeller Straße anzusehen ist und bislang dafür keine Ausbaubeiträge bezahlt wurden, sollen nun, nach dem Sinne der Gleichbehandlung, auch die restlichen Anlieger nicht mit Vorauszahlungen belastet werden.

    23. Juli 2020 Der neugewählte Marktgemeinderat entscheidet sich gegen die Rückerstattung.

    Merings Bürgermeister Florian Mayerhat sich von Anfang an für die Belange der Anwohner stark gemacht. Er sagt: „Auch ich bin nicht glücklich über den Ausgang der Entscheidung.“ Er hatte vor der Sitzung den Anliegern geraten, nochmals auf die einzelnen Fraktionen zu zugehen, um ihnen die Problematik darzulegen. „Vielleicht hätte das den ein oder anderen umgestimmt.“

    Merings Bürgermeister: Bescheide waren von Anfang an ein Fehler

    Momentan sieht er wenig Chancen, dass nochmals über die Rückerstattung der Straßenausbaubeiträge im Gemeinderat beraten wird. „Wenn wir allerdings doch noch einen Weg finden, bleibe ich bei meinem Wort, dass eine Rückerstattung gerecht wäre.“ Wer jetzt mit Begründungen komme, dass man in der momentanen Haushaltslage sich dies nicht leisten könne, der liege nicht richtig. „Es war von Anfang an ein Fehler und den hätten wir jetzt ausbügeln können“, sagt Mayer.

    Mit sechs Ja-Stimmen - inklusive Bürgermeister – hatte die CSU-Fraktionals einzige eine Rückzahlung unterstützt. Für deren Sprecher Georg Resch ist die Situation klar: „Alle haben unisono der Absichtserklärung im November zugestimmt. Raus reden braucht sich jetzt keiner!“ findet er. Seinem Empfinden nach war der Sachverhalt in der Gemeinderatssitzung klar. „Wenn man den Leuten vor der Wahl etwas verspricht und nach der Wahl etwas anderes macht - das finde ich nicht korrekt!“.

    Grünen-Sprecherin: Den Anwohnern nie etwas versprochen

    Grünen-Sprecherin Petra von Thienen wäre es am liebsten gewesen, die Entscheidung zu vertagen, um sich sich rechtlich einen besseren Einblick zu verschaffen. Sie betont, dass sie und ihre Fraktion den Anwohnern nie etwas versprochen haben. „Deshalb verwehre ich mich ganz persönlich dagegen, dass uns Wortbruch vorgeworfen wird“, nimmt sie Stellung. Der wichtigste Aspekt der Absichtserklärung vom November ist für sie, dass die rechtliche Lage zu klären sei.

    Das Schreiben des bayerischen Innenministeriums interpretiert sie anders als der Bürgermeister. Der hatte berichtet, dass es für die Lösung, die Vorauszahlungsbescheide als fehlerhaft zu erklären, grünes Licht gebe. Petra von Thienen meint hingegen: „In dem Schreiben wird weder eine Empfehlung ausgesprochen, die Vorauszahlungsbescheide als fehlerhaft zu betrachten, noch macht es eine klare Aussage zu Ungleichbehandlung der Anlieger (wie in Uffenheim) oder Unrechtmäßigkeit der Bescheide“.

    Deswegen geht sie davon aus, dass die Bescheide vom Oktober 2017 weiter als rechtmäßig betrachtet werden müssen. Weiter kritisiert sie, dass der Bürgermeister den Gemeinderäten das betreffende Schreiben nicht als Tischvorlage zur Verfügung gestellt hat, sondern dieses nur in der Sitzung durchgereicht hat.

    Der UWG sind im Fall Meringerzeller Straße zu viele Punkte unklar

    Geschlossen gegen die Rückzahlung hat sich auch die neue Fraktion der UWG ausgesprochen. Sprecher Mathias Stößlein sagt, es seien zu viele Punkte unklar gewesen. Er hätte sich zudem gewünscht, dass der Gemeinderat erst dann entscheidet, wenn feststeht, ob und in welchem Umfang der Freistaat Bayern die gezahlten Beiträge erstattet.

    Zwar sieht er das Schreiben des Ministeriums auch als ein Signal, dass keine der beteiligten Behörden es beanstanden würde, wenn Mering die Vorauszahlungen auf diese Weise zurück erstattet. Sollte jemand klagen – beispielsweise verärgerte Bürger, die in früheren Jahren schon zur Kasse gebeten wurden – könnte Mering trotz Ministeriumsschreiben vor Gericht unterliegen, fürchtet Stößlein. „Wir haben aber kein Problem, wenn neue Tatsachen vorliegen, noch einmal über das Thema abzustimmen“, stellt der UWG-Sprecher in Aussicht.

    Stefan Hummel: Ministeriumsschreiben ist juristisch nichts wert

    Der frühere SPD-Bürgermeister Kandler hatte den Anwohnern ausdrücklich versprochen, sich für eine Rückzahlung einzusetzen. Wie passt das mit der geschlossenen Ablehnung durch die SPD-Fraktion zusammen? Zweiter Bürgermeister Stefan Hummel erklärt: „Die Voraussetzung für Herrn Kandler war ja immer, dass es ein rechtlich sauberer Weg ist.“

    Dies sei für seine Fraktion durch das Schreiben des Ministeriums eben nicht sicher gestellt. Denn dieses lege sich nicht darauf fest, dass die früheren Bescheide tatsächlich fehlerhaft waren, sondern signalisiere nur, dass keine Einwendungen gegen diese Beurteilung zu erheben sind. „Und was ich eine ziemliche Frechheit finde: am Schluss weist das Ministerium noch auf die geltende Rechtslage hin, die aussagt, dass für eine Kommune freiwillige Rückzahlungen ausgeschlossen sind“, fügt Hummel an.

    Das deutet er so, dass sich das Ministerium für alle Eventualitäten eine Hintertür offen lässt. „Das Schreiben ist juristisch nichts wert. Das ist weder schwarz noch weiß. Das ist gar nichts!“, sagt er. Auf dieser Basis habe die SPD-Fraktion gar keine Möglichkeit gehabt zuzustimmen, betont Hummel.

    So lautet die Absichtserklärung des Gemeinderates im Wortlaut:

    "Der Marktgemeinderat sieht Klärungsbedarf bei der Entscheidung über eine mögliche Rückzahlung von Vorauszahlungen nach der Straßenausbaubeitragssatzung durch die gesetzliche Änderung zu deren Abschaffung. Es muss für eine endgültige Entscheidung im Einzelfall das Ergebnis der Arbeit der vom Freistaat eingerichteten Härtefallkommission vorliegen. Die Anlieger werden dringend gebeten Anträge auf Härtefall zu stellen. Der Marktgemeinderat strebt eine bürgernahe Entscheidung an.

    Erstattungen durch den Markt Mering kommen nur dann in Betracht, wenn der betroffene Anlieger einen Antrag an die Härtefallkommission gestellt hat, es sei denn der Beitrag des Betroffenen lag unter der Bagatellgrenze von 2.000 Euro."

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