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Menschen in Mering: Simone Gazzola: Eis machen ist kein Zuckerschlecken

Menschen in Mering

Simone Gazzola: Eis machen ist kein Zuckerschlecken

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    Simone Gazzola mit seiner Partnerin Lorena Virgis und der Tochter Sofia.
    Simone Gazzola mit seiner Partnerin Lorena Virgis und der Tochter Sofia.

     Die Eisdiele Gazzola in Mering ist nicht nur die beliebteste im Wittelsbacher Land, wie eine Online-Umfrage kürzlich ergab (wir berichteten), sondern auch die älteste in der Marktgemeinde. „Schon 1964 hatten meine Eltern in der Augsburger Straße das Roma eröffnet“, erzählt der 1966 geborene Simone

    Dass Eismachen keineswegs ein Zuckerschlecken ist, musste der 52-jährige während seiner Kindheit und Jugend auf schmerzhafte Weise erfahren: „Es war schrecklich, dass ich ständig zwischen Deutschland und Italien hin- und hergeschoben wurde und mich nirgends wirklich daheim fühlte.“ Sein Vater Rino lebte in der Nähe von Venedig und war ursprünglich Mechaniker.

    Nachts fuhr er nach Deutschland, vor allem ins Ruhrgebiet, und reparierte in den Cafés die Kaffeemaschinen, damit am Tag wieder alles reibungslos lief. Ein Freund schlug ihm vor, doch lieber selbst eine Eisdiele in Deutschland zu eröffnen. Gazzola senior lernte also die Eiszubereitung und machte sich selbstständig. Für den Wohnort war entscheidend, dass er nicht zu weit von Italien entfernt liegt, deshalb fiel die Wahl auf Mering.

    Die Eltern bauen die Eisdiele in Mering auf, die Kinder müssen nach Italien

    Rino und seine Frau Giuseppina mussten ihr Geschäft aufbauen und vier Kinder großziehen – ein enormer Arbeits- und Zeitaufwand. Nachdem Simone und seine Schwester Gianna den Kindergarten in der Friedenau besucht hatten, wurden sie zur Entlastung ihrer Eltern zur Oma nach Italien geschickt.

    „Nach den ersten Klassen dort ging es wieder zurück auf die deutsche Schule, obwohl ich kaum Deutsch schreiben konnte und viele Fehler machte“, erinnert sich Simone. Schlimmer war, dass er immer wieder aus seinem gewohnten Freundes- und Lebenskreis gerissen wurde.

    Belastet von diesem Hin und Her, verließ er die Schule ohne Abschluss, um lieber im elterlichen Betrieb mit anzupacken. „Das war meine Entscheidung. Aber da haben sie mich richtig buckeln lassen“, sagt er.

    In den Wintermonaten drückte er in Italien noch mal die Schulbank und machte über fünf Jahre hinweg seine Ausbildung zum Eiskonditor: Laut Urkunde der Handwerkskammer Rhein-Main vom Februar 1988 ist er geprüfter Speiseeis-Hersteller.

    Die inzwischen zum Meringer Marktplatz umgezogene Eisdiele übergab Vater Rino 1996 seinem Sohn; sie entwickelte sich zum beliebten Treff- und Kommunikationspunkt für Jung und Alt. Doch zwölf Jahren später musste die Familie die Räume dort wieder verlassen, weil das Haus den Besitzer gewechselt hatte und es keine Einigung über einen neuen Mietvertrag gab – ein harter Schlag für Simone.

    Wenig später konnte seine Lebensgefährtin Lorena Virgis die Kissinger Eisdiele übernehmen; dieses Café hatte in den 1970er-Jahren Simones Onkel Antonio eröffnet. Im Jahr 2014 kehrte die Gazzola-Dynastie dann nach Mering zurück: Simone übernahm die Pizzeria, die sich in seinem Elternhaus an der Münchener Straße befindet; diese war bislang immer verpachtet.

    Zur Straße hin baute er auf dem Grundstück eine Eisbox an – sozusagen das erste Eis Drive im Wittelsbacher Land, in dem die Geschäfte dank der heißen Augustwochen sehr gut liefen. „Wir werden vom Kissinger Laden aus beliefert und haben abwechselnd bis zu 50 verschiedene Sorten im Angebot.“ Dank der benachbarten Gastronomie können in der Eisbox auch Pizzaschnitten verkauft werden, was den Betrieb weniger abhängig vom Wetter macht.

    In der Saison arbeitet er  13 Stunden am Tag

    Doch das Ganze ist für den 52-Jährigen auch heute kein Zuckerschlecken. „Während der Saison arbeiten wir sieben Tage in der Woche bis zu 13 Stunden durch“, berichtet er. „Brot und Pizza backen, Ware auspacken und verräumen, Müll entsorgen und so weiter – vor Mitternacht komme ich selten ins Bett.“ Dazu kommt, dass die gastronomische Konkurrenz in der Marktgemeinde heute viel stärker ist als zur Zeit seiner Eltern.

    Die sieben Jahre junge Tochter Sofia bekommt von diesem Stress nur wenig mit und wächst wie einst ihr Vater zweisprachig im elterlichen Betrieb auf; am 11. September wird sie in Mering in die Schule kommen. Ihr 19 Jahre alter Bruder Davide ist derzeit in Italien in der Gastronomie tätig; ob er einmal in die Fußstapfen seines Vaters und Opas steigen wird, lässt sich noch nicht absehen. „Schön wäre es schon, wenn die jahrzehntelange Gazzola-Tradition in Mering fortgeführt werden könnte“, meint Simone.

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