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Kreis Aichach-Friedberg: Gerichtsprozess: Es gibt Ärger um das Tierheim Lechleite

Kreis Aichach-Friedberg

Gerichtsprozess: Es gibt Ärger um das Tierheim Lechleite

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    Mit diesem Foto wollen zwei ehemalige Mitarbeiter belegen, dass sich Hunde trotz starken Regens in den verschlammten Außenzwingern aufhalten mussten.
    Mit diesem Foto wollen zwei ehemalige Mitarbeiter belegen, dass sich Hunde trotz starken Regens in den verschlammten Außenzwingern aufhalten mussten. Foto: Melanie Scharm

    Seit 1993 leitet Gerlinde Bitzl das Tierheim Lechleite in Derching. Nun steht sie wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz vor Gericht. Walter Hell, Direktor des Amtsgerichts Aichach, erläutert den Hintergrund. Demzufolge wurde gegen Bitzl ein Strafbefehl in Höhe von 2800 Euro erlassen, weil zwei Hunde, die sich in Obhut des Heims befanden, nicht behandelt worden seien. Bei dem einen Tier seien Zahnbett und Zahnfleisch entzündet gewesen, das andere habe sich nach einer Operation am Gehörgang gekratzt und geblutet. In beiden Fällen hätten Tierärzte eine Behandlung für nötig gehalten.

    Wurde ein Hund wegen seines Gewichts nicht operiert?

    Vom Ausgang des Prozesses wird mit abhängen, ob das Veterinäramt am Landratsamt Aichach-Friedberg die vor über einem halben Jahr abgelaufene Betriebserlaubnis verlängert. Behördensprecher Wolfgang Müller erläutert, der Betrieb sei derzeit geduldet. Inhaber der Erlaubnis zum Betrieb ist der Verein Tierheim Lechleite, den Bitzl einst ins Leben rief. Vom Landratsamt heißt es: „Als verantwortlicher Erlaubnisinhaber hat er (der Verein, Anm. d. Red.) seiner tierschutzrechtlichen Verantwortung nachzukommen, eine sachkundige und zuverlässige Person mit der Tierheimleitung zu beauftragen. Grundsätzlich gilt, dass im entsprechenden Verwaltungsverfahren alle Tatsachen und Aspekte berücksichtigt werden müssen. Dies gilt unter anderem auch für das Ergebnis der für den 10. Oktober vorgesehenen Gerichtsverhandlung.“

    Bitzls Rechtsanwalt Bernhard Hannemann ist sicher, dass es vor Gericht für seine Klientin gut ausgehen wird: „Frau Bitzl würde nie wissentlich ein Tier leiden lassen.“ Ihm zufolge liegen schriftliche Aussagen der behandelnden Tierärztin vor, dass der eine Hund wegen seines Gewichts nicht operiert werden konnte. Das andere Tier sei operiert worden, doch die Probleme seien zurückgekehrt. Diese Aussagen seien nur nicht rechtzeitig für das ursprüngliche Verfahren vorgelegen.

    Es gibt weitere Ermittlungen wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz

    Unabhängig davon zeichnet sich ein Einschnitt ab: Gerlinde Bitzl ist Mitte 80. Wie Hannemann sagt, strebe sie an, die Leitung des Heimes an jemanden anderen zu übergeben. Eine Nachfolgerin sei bereits ausgewählt.

    Am 10. Oktober könnten trotzdem weitere Vorwürfe zur Sprache kommen. Denn zu den geladenen Zeuginnen zählen frühere ehrenamtliche Helferinnen, die die hygienischen Zustände sowie die Versorgung der Tiere kritisieren und deshalb das Veterinäramt eingeschaltet haben. Wie Matthias Nickolai, Sprecher der Staatsanwaltschaft, bestätigt, laufen abgesehen vom Prozess weitere Ermittlungen gegen Bitzl wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz.

    Die ehemaligen Helferinnen Melanie Scharm und Daniela Baumgärtner sagen unter anderem, die Tiere seien an Sonntagen teilweise nicht betreut worden. Man habe sie mit eingeweichten, teils belegten Semmeln gefüttert und dafür die „manchmal schon gärende Brühe mit Dosenfutter vermischt“. Hygiene sei ein „Riesenproblem“. Tiere hätten sich deswegen mit Krankheiten angesteckt. Unserer Redaktion liegen Fotos von Tieren in verschlammten Außenzwingern, von abgelaufenem und mottenbefallenem Futter sowie tot herumliegenden Mäusen vor.

    Strittiges Foto von einem verwesenden Hundekadaver

    Beim Ortstermin bietet das Tierheim, das gleich an der AIC25 liegt, dagegen ein ordentliches Bild. Zwinger, Käfige und Auslaufbereiche sind sauber, die Näpfe gefüllt. Bitzl betont, dass das Wohl der Tiere für sie an erster Stelle stehe. Neben zwei festen Mitarbeitern und einigen freiwilligen Helfern betreue eine Tierärztin die Einrichtung. Die Chefin erklärt, sie stelle aus alten Backwaren Semmelbrösel her, die sie dem Futter beigibt. Das sei vom Veterinäramt nie beanstandet worden. Belegtes Brot verwende sie nicht. Die Einrichtung sei auch am Sonntag von morgens bis abends besetzt und Hygieneprobleme gebe es keine.

    Hannemann bekräftigt: „Auf keinem einzigen Bild sind eindeutig gesetzeswidrige Vorgänge im Tierheim zu erkennen. Entweder ist nicht klar, wo die Bilder aufgenommen wurden, das Fotografierte ist nicht belastend oder es könnte gestellt worden sein.“ Auch das Foto eines verwesenden Hundekadavers auf dem Tierheimgelände ist strittig. Scharm sagt: „Mehrere Wochen lang ist das Tier gar nicht vermisst worden.“ Hannemann bewertet das Bild anders: „Ich weiß nicht, was da zu erkennen sein soll.“

    Scharm und Baumgärtner berichten, sie hätten immer wieder mit Bitzl über die Probleme im Heim geredet, doch nichts habe sich verbessert. Schließlich hätten sie die Zustände dokumentiert und sich an das Veterinäramt gewandt. Dieses habe aufgrund des Verdachts tierschutzrechtlicher Verstöße Anzeige erstattet, bestätigt die Behörde.

    Sind die Anschuldigungen gegen das Tierheim Lechleite nur ein Vorwand?

    Steht hinter den Beschuldigungen etwas anderes? Hannemann vermutet, dass Scharm selbst das Heim führen wolle. Dies sei früher im Gespräch gewesen. Scharm widerspricht. Sie leitet seit Jahren ein Familienunternehmen. Einen anderen Job strebe sie nicht an.

    Schützenhilfe erhält sie von der „Tierhilfe Hoffnung“, die früher rumänische Hunde ans Tierheim Lechleite vermittelte. Vor einem Jahr habe man alle 22 Tiere abgezogen, so Vorsitzender Matthias Schmidt. Er sagt, er habe vor Ort verfilzte, mit schlechtem Futter ernährte Hunde gesehen, Innen- und Außenbereich seien dreckig gewesen und man habe sich nicht richtig um die Tiere gekümmert.

    Der Deutsche Tierschutzbund untersucht mittlerweile, ob das Tierheim Mitglied bleiben darf. Er will sich nicht zum laufenden Verfahren äußern. Doch nach Angaben von Hannemann verweigert die Organisation der potenziellen Nachfolgerin Bitzls und zwei weiteren Frauen momentan eine sogenannte Sachkundeprüfung. Das Problem: Ohne den entsprechenden Sachkunde-nachweis könne die Nachfolgerin ihr Amt nicht antreten.

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