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Kissing: Weihnachtsbäume auf Gut Mergenthau erhalten bayerisches Bio-Siegel

Kissing

Weihnachtsbäume auf Gut Mergenthau erhalten bayerisches Bio-Siegel

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    Ohne den Einsatz von Pestiziden werden die Bio-Weihnachtsbäume auf Gut Mergenthau angebaut. Gegen zu viele Mäuse setzt Ulrich Resele statt Gift auf eine Herde Shropshire-Schafe.
    Ohne den Einsatz von Pestiziden werden die Bio-Weihnachtsbäume auf Gut Mergenthau angebaut. Gegen zu viele Mäuse setzt Ulrich Resele statt Gift auf eine Herde Shropshire-Schafe. Foto: Bayerisches Biosiegel

    „Endlich Grüne Weihnachten“ steht auf einem großen Plakat inmitten langer Christbaumreihen vor dem Gut Mergenthau. Das Wortspiel weist darauf hin, dass die Öko-Tannen des Kissinger Landsitzes nicht nur das Naturland-Siegel tragen, sondern nun auch das Bayerische Bio-Siegel. Das war Ulrich Resele, der gemeinsam mit seiner Lebenspartnerin Monika Fottner das Anwesen bewirtschaftet, wichtig. Der pestizidfreien Anbau hat allerdings auch die Forstexperten von Gut Mergenthau schon vor überraschende Herausforderungen gestellt.

    Resele ist es jedoch die Mühe wert: „Vermutlich überlegt sich mancher, warum man bei einem Weihnachtsbaum ein Bio-Siegel braucht. Schließlich isst man diesen ja nicht“, sagt der Forstwirt. Doch die meisten konventionellen Weihnachtsbäume wachsen nicht im Wald, sondern auf Plantagen unter dem Einsatz von Pestiziden und Kunstdünger.

    Nadeln der Christbäume können Pestizide in die Luft abgeben

    „Neue Nadeln bleiben im Schnitt sieben Jahre am Baum. Sie enthalten alles, was die Konifere in dieser Zeit aufgenommen hat, also auch Spritzgifte“, erklärt er. Kommt dann der Baum ins Warme, gibt die Nadel nicht nur dank ihrer ätherischen Öle den klassischen Tannenduft ab, sondern es können auch Schadstoffe in die Luft übergehen oder auf die Haut kommen, wenn etwa der Baum geschmückt wird.

    Dass man sich Weihnachten Spritzmittel ins Wohnzimmer holt, davor warnt auch der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), der vor drei Jahren konventionelle Christbäume ins Labor geschickt hat. 76 Prozent davon waren belastet.

    Insgesamt wurden neun verschiedene Pestizide gefunden, von welchen fünf zu den gefährlichsten zählen, die derzeit in der EU eingesetzt werden. Auch Glyphosat wurde nachgewiesen. Viele Weihnachtsbäume waren einem regelrechten Pestizidcocktail ausgesetzt. „Einige der Pestizide waren leicht flüchtig und können im warmen Wohnzimmer ausgasen. Dennoch dürften die Spritzgifte eher ein Problem für die Umwelt als für die Menschen unterm Weihnachtsbaum sein“, resümiert Jürgen Stellpflug vom Online-Verbraucherportal Testwatch.de.

    Die Christbäume auf Gut Mergenthau von Ulrich Resele dürfen als einzige im ganzen Bundesland das bayerische Biosiegel tragen.
    Die Christbäume auf Gut Mergenthau von Ulrich Resele dürfen als einzige im ganzen Bundesland das bayerische Biosiegel tragen. Foto: Edigna Menhard

    Bioweihnachtsbäume ohne Pestizide und Kunstdünger

    Bei Bio-Weihnachtsbäumen haben die Kunden dagegen die Garantie, dass diese ohne Pestizide und Kunstdünger groß geworden sind und bei den Mitarbeitern Sozialstandards eingehalten werden. Und auch die Regionalität nimmt einen wichtigen Stellenwert ein.

    Doch es steckt viel Handarbeit, Fachwissen, Forschungsgeist und auch Geduld hinter der Produktion von Bio-Weihnachtsbäumen. Ulrich Resele erzählt, dass er zum Beispiel während der Wachstumsphasen mit einer Zange die Rinde einschneidet. Der Baum muss dann die Wunde heilen und hat weniger Energie, um in die Höhe zu wachsen. Dadurch wird er kompakter.

    Außerdem brauchen die Öko-Tannen viel Platz: Im konventionellen Anbau werden 7.000 bis 8.000 Bäume pro Hektar gepflanzt werden, im Öko-Anbau maximal 3.500. „Wenn sie zu nah aufeinander stehen, werden sie nicht gut genug belüftet. Es entsteht Schimmel und sie werden krank“, erklärt er.

    Gut Mergenthau: Blühwiese zwischen den Christbäumen

    Der Platz zwischen den Bäumen wird im Gut Mergenthau jedoch gut genutzt: Eine Blühwiese wurde dort angepflanzt. Viele Kleesorten, Ackerbohnen, Lupinen etc. locken nicht nur Insekten an. Der Vorteil dieser sogenannten Leguminosen ist zudem, dass diese mit Hilfe von Bakterien an ihren Wurzeln den Stickstoff aus der Luft binden. „Wir düngen deshalb nur mit Pferde- und Schafmist, zusätzlichen Dünger brauchen wir aktuell nicht“, erzählt Ulrich Resele. Den Bäumen gefällt es: Ihre Nadeln seien viel grüner und voller seitdem.

    Allerdings hat sich Gut Mergenthau mit den Untersaaten auch ein neues Problem geholt: Mäuse. Denen schmecken die Wurzeln besonders gut, wodurch die Bäume nicht nur im Wachstum gehemmt werden, sondern auch ihre dunkelgrüne Farbe verlieren. Vergiften wollte Ulrich Resele die Tiere keinesfalls, weil diese von vielen nachtaktiven Greifvögeln gefressen werden, die dann auch das Gift abbekommen würden.

    Schafe vertreiben die Mäuse zwischen den Weihnachtsbäumen

    Den entscheidenden Tipp bekam er von seinem Vater: Wenn Schafe eine Fläche abgrasen, fühlen sich Mäuse von den Bodenerschütterungen gestört und verlassen ihren Bau. Der Forstwirt recherchierte und fand heraus, dass Shropshire-Schafe Christbäume in Ruhe lassen. „Die Realität hat aber gezeigt, dass das nicht ganz die Wahrheit ist“, schmunzelt er. Die 25 Tiere knabberten schon ab und zu an den Zweigen, aber nur, wenn ihnen langweilig sei oder wenn ihnen irgendwelche Mineralien oder Spurenelemente fehlten. Und es habe sich gezeigt, dass die Mäuse deutlich weniger geworden sind.

    Die Shropshire-Schafe vertreiben die Mäuse von den Christbäumen.
    Die Shropshire-Schafe vertreiben die Mäuse von den Christbäumen. Foto: Christian Gall (Archivfoto)

    Bei all der Arbeit ist es verwunderlich, dass die Bäume mit 22 Euro pro laufenden Meter kaum mehr kosten als konventionelle Tannen in der Stadt. Wer einen besonders frischen Baum möchte, kann sich diesen jeweils Freitag von 13 bis 16 Uhr und Samstag von 12 bis 16 Uhr selbst schlagen. Kurz vor Weihnachten wird sich dann auch Ulrich Resele einen Baum für das Weihnachtsfest holen. Das wird traditionell mit der Familie auf dem Gut gefeiert: „Wir haben immer einen 3,65 Meter hohen Baum. Der ist aber immer sehr urig und hat schon mal drei Gipfel oder ist etwas einseitig. Aber das ist dann halt ein Charakterbaum.“

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