Nur wenige Menschen sind an diesem Morgen am Weitmannsee unterwegs. Mehrere Graugänse plätschern im Wasser. Schwimmer sind keine zu sehen. Das liegt nicht nur an den kühlen Temperaturen. Baden ist seit Donnerstag im Weitmannsee verboten. Das Landratsamt hat die Regel erlassen, weil in einer Wasserprobe gefährliche Fäkalbakterien festgestellt worden sind.
Einen Tag später sind die möglichen Verursacher nicht nur im Wasser zu sehen. Auch auf der Liegefläche am Ostufer im nördlichen Teil sind die Graugänse unterwegs. Ihr Kot ist auf dem Kies und auf den Wiesen rundherum verteilt. Das Landratsamt vermutet, dass die Ursache für die Überschreitung des Grenzwerts die Ausscheidungen der Vögel sein könnten. Enterokokken, wie sie in der Fachsprache heißen, könnten beim Menschen Magen-Darm-Erkrankungen, Infektionen von Wunden und bei immungeschwächten Personen auch ernstere Infektionen hervorrufen.
Spaziergänger am Weitmannsee in Kissing lassen Hunde angeleint
Am Ufer verfolgt ein junges Mädchen eine Schar Graugänse. Gaby von Hofer schaut ihrer Enkelin dabei zu. "Ich mache mir schon Sorgen", sagt die Augsburgerin. Sie sei regelmäßig am Weitmannsee unterwegs und habe auch bereits im Frühjahr mit ihrer Enkelin im Wasser Dämme gebaut. "Das kommt jetzt natürlich nicht mehr infrage." Sie lasse das Mädchen aber am Ufer spielen. "Meine Enkelin ist acht Jahre alt. Die steckt ihre Finger nicht in den Mund. Ich habe aber auch noch einen fünfjährigen Enkel, den würde ich zurzeit nicht hier spielen lassen." Sie findet es schade, dass die Graugänse sich nicht ausschließlich im naturbelassenen Bereich des Sees aufhalten.
Ein paar Meter weiter sind zwei Frauen mit ihren Hunden unterwegs. Andrea Büchler-Bock sagt, dass sie im vergangenen Sommer oft im Weitmannsee gebadet habe. "Das gibt einem natürlich schon zu denken", erklärt die Friedbergerin im Hinblick auf die erhöhten Werte und das Verbot. Ihren Hund lasse sie auf jeden Fall angeleint. Aber an die Vorschrift, die am ganzen See gilt, halte sie sich sowieso. Sie wolle die jungen Vögel schützen.
Eine Meringerin kommt am Spielplatz vorbei und zieht ihre Jacke zu. Am See ist es an diesem Morgen windig. Auch sie schwimme, wenn die Temperaturen höher sind, gerne im Wasser. "Ich hoffe, dass das bald wieder möglich ist." Sie habe das Gefühl, dass in diesem Jahr mehr Graugänse unterwegs seien als sonst.
Ein älterer Kissinger, der auch mit seinem Hund unterwegs ist, winkt bei dem Thema ab. "Das ist doch nichts Neues, das hatten wir die letzten Jahre auch schon, dass hier alles voll mit Kot ist", sagt er. Er lege sich schon seit 20 Jahren nicht mehr auf die Liegewiese. Daran, dass es ein Badeverbot gab, könne er sich aber nicht erinnern, obwohl er schon viele Jahrzehnte auf den Wegen rund um den See unterwegs sei. Angst um die Gesundheit seines Hundes habe er nicht.
Besucher locken Graugänse in den Naherholungsbereich am Weitmannsee
Stets ein Auge auf den See und den Naherholungsbereich hat Joseph Stein. Der Erholungsgebieteverein, der für die Pflege des Areals zuständig ist, hat ihn als rührigen Helfer angestellt. "Die Leute sind selber Schuld, die haben die Tiere angefüttert", sagt er. Das sei zwar strengstens untersagt, aber das gehe schon seit 30 Jahren so. Folglich hätten die Graugänse ihre Scheu verloren und trieben sich gerne im Liegebereich herum. Es sei aussichtslos, sie zu verjagen oder einzufangen. "Dann sind im nächsten Jahr wieder Graugänse von den Seen aus der Umgebung da." Nach Angaben des Erholungsgebietevereins seien schon seit vielen Jahren keine Wasservögel mehr von Jägern erlegt worden.
Stein verweist darauf, dass die Wasserqualität in den vergangenen Jahren stets gut war. Die Anzahl der Tiere bewege sich im Rahmen der vergangenen Jahre. Stein hat eine Theorie, warum die erhöhten Werte in diesem Jahr plötzlich aufgetreten sind. "Durch den andauernden Regen ist der Vogelkot von der Liegefläche und von den Wiesen in den See gespült worden." Auf das Badeverbot verweist allerdings nur ein kleines Schild an der großen Tafel in der Nähe des Restaurants, Stein hat ein weiteres bei der DLRG-Station ausgemacht. "Ich habe bei der Gemeinde bereits angerufen und angefragt, ob nicht weitere aufgestellt werden können", sagt er.
Am Donnerstag hatten die Behörden erneut dem Wasser Proben entnommen. Auf Anfrage teilt ein Sprecher des Landratsamts mit, dass das Gesundheitsamt noch keine Laborergebnisse erhalten habe. Erwartet werden sie Anfang kommender Woche. "Das Badeverbot bleibt zumindest über das Wochenende bestehen", sagt er. Viele Hundebesitzer aus der Region denken bestimmt noch mit Schrecken an die Vorfälle am Mandichosee bei Merching vor zwei Jahren zurück. Im Wasser wurden giftigen Blaualgen festgesellt. Es ist sehr wahrscheinlich, dass sie für den Tod von drei Hunden verantwortlich waren.
Im Hinblick auf den Weitmannsee ist die Gefahr aber deutlich geringer. Das Veterinäramt teilt mit: "Enterokokken spielen als Krankheitserreger für Tiere eher eine untergeordnete Rolle. Wie andere Bakterien können diese Erreger, wenn es ihnen gelingt, sich in atypischen Körperregionen anzusiedeln, ein Krankheitsbild erzeugen, zum Beispiel Harnwegsinfektionen."
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