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Interview: Was tun gegen fehlende Kita-Plätze in Friedberg?

Interview

Was tun gegen fehlende Kita-Plätze in Friedberg?

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    Wie machen wir das nur? Dass fragen sich gerade nicht nur Krippenkinder, sondern auch diejenigen, die für die Krippen verantwortlich sind.
    Wie machen wir das nur? Dass fragen sich gerade nicht nur Krippenkinder, sondern auch diejenigen, die für die Krippen verantwortlich sind. Foto: Bernhard Weizenegger

    Frau Keller-Buchheit, in Friedberg fehlen 70 Kindergartenplätze. Wie sehen Sie als Chefin des größten Trägers am Ort die Situation?

    Gudrun Keller-Buchheit: Solche Situationen gab es schon in der Vergangenheit. Man muss jetzt schauen, welche Eltern den Platz wirklich brauchen bzw. in Anspruch nehmen wollen. Auch im Kindergartenbereich machen Eltern der jüngeren Kinder oft einen Rückzieher. Für die verbleibenden Kinder muss man dann neue Gruppenplätze suchen.

    Es gibt auch enorm viele Anmeldungen für die Kinderkrippen: 145 Neuanmeldungen, dabei sind insgesamt nur 160 Plätze für alle Kinder vorhanden.

    Gudrun Keller-Buchheit: Auch im vergangenen Jahr hatten wir sehr, sehr viele Anmeldungen für die Krippe. Im Lauf der Monate wurde dieses Missverhältnis dann geringer.

    Als größtes Problem gilt die Personalfrage. Auch der Kinderheimverein hat unlängst wieder per Zeitungsanzeige Erzieherinnen und Kinderpflegerinnen gesucht.

    Gudrun Keller-Buchheit: Der Markt in den Sozialberufen ist für die Arbeitgeber eng. Es wird daher schwierig, neue Gruppen in Betrieb zu nehmen. Es gibt Kindertagesstätten, die Kinder abweisen oder Gruppen schließen müssen, weil Personal fehlt.

    Der Kinderheimverein auch?

    Gudrun Keller-Buchheit: Nein. Wir arbeiten aber zum Teil mit Zeitarbeiterinnen, um Lücken zu schließen. Manche von ihnen haben wir dann übernommen. Außerdem haben wir als große Einrichtung den Vorteil, dass wir uns intern aushelfen können.

    Was sind die Ursachen für die angespannte Personalsituation?

    Gudrun Keller-Buchheit: Man muss sehen, dass es sich um einen klassischen Frauenberuf handelt. Und da gilt zum Beispiel bei Schwangerschaften arbeitsrechtlich ein sofortiges Beschäftigungsverbot. Viele Erzieher beginnen außerdem nach ihrer Ausbildung ein Studium der sozialen Arbeit und stehen dem Arbeitsmarkt nicht mehr als Erzieher zur Verfügung. Andere möchten in Teilzeit arbeiten.

    Was lässt sich tun, um mehr Menschen für den Beruf zu begeistern?

    Gudrun Keller-Buchheit: Ich hoffe sehr, dass die Erzieherausbildung von momentan fünf Jahren, davon zwei Jahre Praktikum, gekürzt wird. Ein Jahr Praktikum würde auch reichen. Gut sind berufsbegleitende Ausbildungen, das bindet die Mitarbeiterinnen früh an eine Einrichtung. Auch Zuschüsse während der gesamten Ausbildung wären ein Anreiz. Es sind dazu aber auch Fachakademien vor Ort nötig, die das umsetzen dürfen und können.

    Wäre ein höheres Einkommen ein Anreiz?

    Gudrun Keller-Buchheit: Für die neue Generation ist nicht das Geld das Wichtigste, sondern es sind auch die Arbeitsbedingungen. Ein Anreiz wären zum Beispiel höhere Zuschüsse für Fortbildungen Weiterqualifikation sowie Supervision, die auch vom Freistaat refinanziert werden können. Ein anderer Ansatz wäre es, Verwaltungskräfte in den Kitas anzustellen, damit sie die Erzieherinnen von administrativen Arbeiten, die immer mehr werden, entlasten.

    Genießen Sozialberufe zu wenig Wertschätzung?

    Gudrun Keller-Buchheit: Das Image ändert sich und die Wertschätzung steigt. Denn einen Kindergartenplatz brauchen viele – und die Eltern wissen das zu würdigen.

    Glauben Sie, dass die 100 Euro monatlicher Betreuungszuschuss des Freistaates dazu führen, dass mehr Eltern ihre Kinder anmelden?

    Gudrun Keller-Buchheit: Wer einen Kindergartenplatz braucht, hat sein Kind schon immer angemeldet. Für Eltern mit niedrigem Einkommen zahlt bereits jetzt das Kreisjugendamt die Gebühren. Und: Der Zuschuss gilt erst ab dem vollendeten dritten Lebensjahr.

    Was halten Sie von dem Zuschuss?

    Gudrun Keller-Buchheit: Man hätte das Geld besser zielführend für die Kindertagesstätten eingesetzt, zum Beispiel für Qualitätsentwicklung sowie Fort- und Weiterbildungen. Zumal das Vorschuljahr ohnehin frei ist.

    Ist ein Container eine Lösung für das Problem in Friedberg?

    Die Stadt Friedberg überlegt angesichts des Mangels an Kita-Plätzen, den Standort an der Pater-Franz-Reinisch-Straße länger zu nutzen. Es heißt aber, Eltern wollen ihre Kinder nicht im „Container-Kindergarten“ anmelden. Wie sind Ihre Erfahrungen?

    Gudrun Keller-Buchheit: Wir sind bis Ende der Osterferien mit dem Christophorus-Kindergarten, der generalsaniert wird, an der Pater-Franz-Reinisch-Straße untergebracht. Am Anfang kam von den Eltern viel Skepsis. Aber dann haben sie erkannt, dass die Räume attraktiv sind – die Erzieherinnen haben sie auch sehr nett hergerichtet. Durch die Modulbauweise ist sogar mehr Platz für die Gruppen vorhanden. Und draußen gibt es eine Riesenwiese, wenn auch ohne Spielgeräte. Ich würde nicht von „Containern“ sprechen, sondern von einem „Interims-Kindergarten“.

    Über die Situation in Friedberg lesen Sie mehr in diesem Bericht: In Friedberg fehlen 70 Kindergartenplätze

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