Auf unbestimmte Zeit verschoben hat der Friedberger Stadtrat den Bau eines Fußgängerstegs über die Bahnlinie. Stattdessen wird jetzt eine andere Lösung favorisiert, mit der Friedberg-Süd an die Innenstadt angebunden werden soll.
Die Überlegung für einen solchen Steg reichen weit bis ins letzte Jahrtausend zurück. Doch richtig angepackt wurde das Projekt nie. In den 1990er-Jahren gab es diverse Konzeptstudien und Diskussionen, 2013 lobte die Stadt einen Architektenwettbewerb aus, bei dem fünf Büros ihre Ideen vorstellten. Im vergangenen Juli gab die Stadt dann eine Machbarkeitsstudie in Auftrag. Und die traf zeitlich zusammen mit dem Bekanntwerden der Pläne, die die Bahn für Friedberg hat.
Barrierefreie Bahnsteige in Friedberg
Demnach ist ein barrierefreier Neubau der Bahnsteige samt Unterführung vorgesehen, zugleich soll die Technik für den Schienentakt auf der Paartallinie verbessert werden. Bis Ende 2025 will die Bahn diese Maßnahmen umgesetzt haben und fordert darum von der Stadt eine rasche Entscheidung: Im ersten Quartal nächsten Jahres soll Friedberg klären, ob die Brücke vom Stefananger zur Innenstadt kommt.
Im Rathaus steht man dadurch unter Zeitdruck und vor vielen ungeklärten Fragen: etwa wie der Steg gegründet werden soll, welches Material verwendet wird und wie die Zugänge funktionieren. Ab April müsste ein europaweites Ausschreibungsverfahren anlaufen. Weil nach Angaben von Baureferentin Lilian Sedlmair in der Verwaltung das Personal dafür fehlt, müsste ein externer Dienstleister mit dem komplizierten Verfahren beauftragt werden.
Dabei sind aktuell die Kosten für den Steg noch gar nicht abzuschätzen. Zwischen sechs und neun Millionen Euro beträgt die Spanne, die Sedlmair dem Stadtrat nannte. Offen ist außerdem, ob die Stadt dafür eine Förderung bekommt. Im günstigsten Fall könnten 55 Prozent der förderfähigen Kosten fließen.
Kein barrierefreier Zugang aus Friedberg-Süd
Lohnt sich ein solcher Aufwand? Angesichts der aktuellen Machbarkeitsstudie hegt die Baureferentin Zweifel. Denn bereits jetzt ist klar, dass es auf der Südseite des Stegs nur dann eine barrierefreie Zugangsrampe geben kann, wenn die Stadt dafür fremde Grundstücke in Anspruch nimmt - was aus Sicht der Stadtverwaltung aber unrealistisch ist.
Die Brücke stelle ein teures und risikoreiches Unterfangen dar, so Sedlmair: Zum einen sei sie als insgesamt barrierefreie und radfahrergerechte Verbindung nicht umsetzbar. Zum anderen bleibe kaum Zeit, bis Ende März verlässlich die Kosten und Fördermöglichkeiten zu ermitteln. Und drittens sei ein Planungswettbewerb in so kurzer Frist nicht möglich.
Nicht nur für Bürgermeister Roland Eichmann (SPD) ist diese Erkenntnis ernüchternd. Auch Thomas Kleist (CSU) stellte fest: "Die Umsetzung ist unmöglich, vor allem in so kurzer Zeit." Als Alternative zum Steg steht nun die Unterführung im Raum, die die Bahn auf eigene Kosten unter den Gleisen bauen will. Die Stadt könnte sich an dem Vorhaben beteiligen und den Weg bis zum Stefananger fortführen.
Diese Variante fand einhellige Zustimmung im Gremium. Claudia Eser-Schuberth (Grüne) verwies auf den Bedarf an Wohnraum. Man müsse darum die Entwicklung von Friedberg-Süd vorantreiben und eine möglichst fußläufige und barrierefreie Variante zum Bahnhof schaffen. Wolfgang Rockelmann (Parteifreie Bürger) befürwortete ebenfalls die Unterführung und schlug außerdem noch Rolltreppen von der Bahnbrücke an der Münchner Straße zu den Bahnsteigen vor. Dass dennoch der Steg als Zukunftsoption in der Beschlussvorlage stand, kritisierte Siegbert Mersdorf. "Es ist Blödsinn, der Bevölkerung vorzugaukeln, dass diese Stadt irgendwann eine Brücke über die Bahn bauen will", sagte er.
Ein neues Parkdeck am Friedberger Bahnhof
Zustimmung gab es auch zu dem Vorschlag der Verwaltung, mit der Bahn über den Bau eines Parkdecks auf dem P&R-Platz zu verhandeln. Laut der Machbarkeitsstudie könnte dies ohne nennenswerte Eingriffe in den bestehenden Parkplatz und in den Busbahnhof zu realisieren sein. In modularer Bauweise wären rund 120 neue Stellplätze möglich. Auch hier kann das Baureferat derzeit nur einen Kostenrahmen angeben. Im Raum steht ein Betrag zwischen drei und fünf Millionen Euro, die Stadt kann dafür mit Zuschüssen aus der ÖPNV-Förderung rechnen.
Die Verwaltung soll nun Kaufverhandlungen mit der Bahn aufnehmen, in deren Eigentum die Fläche bislang steht, beschloss der Stadtrat. Gegenstimmen kamen nur von den Grünen. Drei bis fünf Millionen Euro für ein Parkdeck sei einigen aus der Fraktion zu viel, sagte Claudia Eser-Schuberth.
Lesen Sie dazu auch den Kommentar von Thomas Goßner: Bahn zwingt Friedberg zur Entscheidung
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