Von vielen Seiten wächst der Druck auf das Friedberger Gymnasium, doch die Schule bleibt dabei: Sie will ihren Namen behalten und die mit der Person Wernher von Brauns verbundene Problematik pädagogisch aufarbeiten.
Die Schule ist gegen eine Umbenennung
Lehrerkonferenz, Elternbeirat und Schülermitverwaltung hätten sich nach dem Symposium, das die Schule im März 2012 zum 100. Geburtstag des Ingenieurs veranstaltet hatte, einstimmig bzw. mit überwältigender Mehrheit für diesen Kurs ausgesprochen, betont Oberstudiendirektor Bernhard Gruber.
Wernher von Brauns Rolle im Dritten Reich
Der Schulleiter reagierte damit in einer Stellungnahme an unsere Zeitung auf die neu aufgeflammte Diskussion über die Rolle Wernher von Brauns im Dritten Reich. Als Leiter des "Arbeitsausschusses Endabnahme" war von Braun für die technische Seite der Serienfertigung der Terrorwaffe V 2 zuständig.
Außerdem plante er den Einsatz von Zwangsarbeitern, die in den unterirdischen Anlagen des KZ Mittelbau-Dora zu Tausenden starben.
Eduard Oswald: Kultusministerium soll Empfehlung abgeben
Aufmerksam verfolgt wird die Debatte sogar in Berlin. Der Vizepräsident des Deutschen Bundestags, Eduard Oswald (CSU) rät, von dem Namen Abstand zu nehmen.
Er kündigt dazu einen Vorstoß beim bayerischen Kultusministerium an, das die Fakten prüfen und eine Empfehlung abgeben solle.
Peter Tomaschko: Schule sollte sich von dem Namen trennen
Landrat Christian Knauer (CSU) nennt es "keinesfalls unbillig, die Frage nach einer Umbenennung" zu stellen. Als Vertreter des Sachaufwandsträgers hofft er, dass an der Schule ein Bewusstmachungsprozess einsetzt.
CSU-Fraktionschef Peter Tomaschko betont, alle Beteiligten ins Boot holen zu wollen. Irgendwann müsse aber eine Entscheidung getroffen werden, sagte er und machte auch deutlich, wie diese aus seiner Sicht aussehen muss: "Man sollte sich von dem Namen trennen."
SPD-Abgeordnete wollen Thema in den Landtag bringen
An einen Kurswechsel des Gymnasiums scheinen die beiden SPD-Abgeordneten Simone Strohmayr und Harald Güller nicht mehr zu glauben. Sie wollen die Namensgebung im Landtag zum Thema machen.
Es sei eine Frage der demokratischen Gesellschaft, ob ein bayerisches Gymnasium weiterhin den Namen Wernher von Braun tragen könne, finden sie. "Niemand würde heute mehr eine Schule nach Wernher von Braun benennen", findet auch der Fraktionschef der SPD im Kreistag, Roland Fuchs.
Eine Verhöhnung der Opfer
Der bundesweite Verein "Gegen Vergessen - Für Demokratie" will alle denkbaren Schritte für die Umbenennung der Schule ergreifen.
Der Sprecher der regionalen Arbeitsgruppe der überparteilichen Vereinigung, Bernhard Lehmann aus Gersthofen, empfindet die Benennung als "blanken Hohn" für die Opfer. In diesem Sinne fordert auch David Salz, den die Nazis als 14-Jährigen ins KZ Mittelbau-Dora verschleppt hatten: "Tut alles, damit dieser Name verschwindet." Die Nachkommen der Opfer sehen das ebenso.
"Was muss noch alles passieren, um die Schule endlich mit einem anderen Namen zu versehen?", fragt Josef Pröll, ein Angehöriger des Augsburger Widerstandskämpfers Fritz Pröll, der sich 1944 in Mittelbau-Dora das Leben nahm.
Leser sind sich uneinig über die Umbenennung
Kontrovers diskutieren die Leserinnen und Leser unserer Zeitung das Thema. In Zuschriften ist von einer "Schande für Friedberg" und einer "Verhöhnung der Opfer" ebenso die Rede wie von "kleinkarierter Tagespolitik", durch die sich das Gymnasium nicht irritieren lassen solle. Man müsse "die Leistung vom Leben trennen", schreibt eine Leserin, und ein anderer findet: "Würde jemand vielleicht den Erfinder Rudolf Diesel als Täter bezeichnen, nur weil zu seinen Lebzeiten sein Motor in U-Boote eingebaut wurde?"