Erneuerbare Energien brauchen Platz. Dieser fehlt in der Folge dann in der Landwirtschaft für die Lebensmittelproduktion. Raphael Gaag aus Merching hat als Schüler der Beruflichen Oberschule (BOS) Friedberg, in einer Projektgruppe um Lehrer Thomas Rebitzer, eine Idee entwickelt, die beides verbindet. Seine in Deutschland bisher einzige Agro-Fotovoltaik-Anlage wurde jetzt mit dem Bürger-Energiepreis des Bayernwerks ausgezeichnet.
Allerdings konnte Raphael Gaag, der jetzt studiert, an der Verleihung des Energiepreises selbst nicht teilnehmen. Er schrieb just in dieser Stunde eine Prüfung im Fach Bio-Physik. Ihn vertraten Mutter Elke Gaag sowie Thomas Rebitzer. Die Idee mit der Agro-Fotovoltaik-Anlage ist so einfach wie genial: Die Reihen der Solarmodule stehen im Abstand von 13 Metern. Das ist deutlich mehr als auf herkömmlichen Solarfeldern. Aber so kann Bio-Landwirt Martin Gastl, der die Fläche auf Althegnenberger Flur gepachtet hat, mit seinen landwirtschaftlichen Fahrzeugen und Geräten durchfahren und gleichzeitig das Feld für Getreide oder andere Früchte nutzen.
![Zwischen Solarmodulen können Feldfrüchte angebaut werden - wie hier zum Beispiel Mais. Zwischen Solarmodulen können Feldfrüchte angebaut werden - wie hier zum Beispiel Mais.](https://images.mgpd.de/img/100914000/crop/c1_1-w100/1825731672/85200487/agrophotovoltaik.jpg)
Die Module sind verstellbar. Sie folgen zum einen dem Sonnenstand. Laut Rebitzer steigert das den Stromertrag um 15 bis 30 Prozent. Zum anderen können sie auch senkrecht gestellt werden, was die Durchfahrt wiederum erleichtert. Und die Solarmodule werfen Schatten. Auch das ist ein Vorteil. So sind die Ackerfrüchte nicht immer der prallen Sonne ausgesetzt. Der Ertrag steigt. Auf den kleinen Flächen direkt unter den Modulen, wo keine Maschine hinkommt, werden Biotope mit verschiedenen Beeren und anderen Früchten angepflanzt.
Idee der Friedberger BOS als Leuchtturmprojekt gelobt
Maria Els, die Regierungspräsidentin von Oberbayern, sieht in Innovationen wie dieser Anlage die „Weichenstellung, die wir brauchen, um die Energiewende zu schaffen“. Fläche sei nicht beliebig vermehrbar, damit sei die Entwicklung der BOS-Projektgruppe ein „Leuchtturmprojekt“, das klaren Mehrwert bringe. Fürstenfeldbrucks stellvertretende Landrätin Martina Drechsler sprach von einem Meilenstein auf dem Weg zum Ziel, den Landkreis ausschließlich mit regenerativen Energien zu versorgen.
Althegnenbergs Bürgermeister Rainer Spicker sieht in der Agro-Fotovoltaikanlage einen guten Konsens: „Wir müssen die Energiewende vorantreiben, aber nicht auf Kosten der landwirtschaftlichen Flächen.“ Kritik übte BOS-Lehrer Thomas Rebitzer. Damit dieses Modell flächendeckend umgesetzt werden kann, müssten die Voraussetzungen im Rahmen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) geändert werden, sagte er. Unter den jetzigen rechtlichen Rahmenbedingungen sei der Bau solcher Anlagen derzeit wirtschaftlich nicht attraktiv.
Markus Leczycki, der Leiter des Kommunalmanagements des Bayernwerks, bezeichnete die Erfindung der Schüler als absolut vorbildlich. „Politik und Wirtschaft alleine werden die Energiewende nicht schaffen, wir brauchen die breite Masse mit solchen Ideen.“ Das Bayernwerk zeichnete das Projekt zusammen mit zwei anderen mit dem Bürger-Energiepreis des Stromerzeugers aus. Die drei Preisträger teilen sich das Preisgeld von 10.000 Euro.
![Bei der Preisverleihung dabei waren von links Markus Leczycki Bayernwerk, Thomas Rebitzer BOS Friedberg, Elke Gaag Mutter des BOS-Schülers und Preisträgers, Regierungspräsi-dentin Maria Els, Bürgermeister von Althegnenberg Rainer Spicker und Fürstenfeldbrucks stv. Landrätin Martina Drechlser. Bei der Preisverleihung dabei waren von links Markus Leczycki Bayernwerk, Thomas Rebitzer BOS Friedberg, Elke Gaag Mutter des BOS-Schülers und Preisträgers, Regierungspräsi-dentin Maria Els, Bürgermeister von Althegnenberg Rainer Spicker und Fürstenfeldbrucks stv. Landrätin Martina Drechlser.](https://images.mgpd.de/img/101198838/crop/c1_1-w100/1662782229/1161920304/rebitzer.jpg)
Der Preisträger Raphael Gaag war Schüler von Thomas Rebitzer, der sich im Landkreis mit verschiedenen Energie-Projekten einen Namen gemacht hat. So war Rebitzer unter anderem vor über 20 Jahren Mitbegründer der ersten Bürgersolaranlage, die heute noch auf den öffentlichen Dächern von Merching Strom produziert. Sein eigenes Wohnhaus ist Teil des Energielehrpfades und nicht zuletzt ist Rebitzer Träger des Umweltpreises des Landkreises.