Später anfangen und dafür früher aufhören - die Bayerische Landesausstellung 2020 erinnert Richard Loibl ein wenig an diese ironische Redensart. Sieben Wochen später als geplant startete im Juni die Schau zu den Städtegründungen der Wittelsbacher und musste am vergangenen Wochenende vorzeitig wieder schließen.
Dennoch zog der Direktor des Hauses der bayerischen Geschichte (HDBG) bei einer Pressekonferenz am Dienstagvormittag eine sehr positive Bilanz. Denn trotz der widrigen Umstände kamen genau 63.169 Besucher ins Wittelsbacher Schloss und in das Aichacher Feuerhaus. "Das ist eine stolze Zahl", so Loibl. Erwartet hatte man ursprünglich zwischen 100.000 und 150.000 Gästen.
Landrat Metzger ist traurig über das abrupte Ende der Landesausstellung
Traurig über das abrupte Ende, aber auch dankbar für die verbliebene Zeit äußerte sich Landrat Klaus Metzger. Er zollte Lob für die "wunderbar kuratierte Ausstellung", von der alle Besucher mehr als angetan gewesen seien. Der Mut zu dieser Veranstaltung habe sich bezahlt gemacht. "Jederzeit wieder", lautete Metzgers kurzes Fazit: Falls einer der künftigen Veranstaltungsorte absagen sollte, genüge ein Anruf im Wittelsbacher Land.
Dabei waren die Herausforderungen durch die Corona-Krise enorm. Der Aufbau sei mitten in den Lockdown gefallen, erinnerte Kurator Peter Wolf vom HDBG. Weder die Mitarbeiter der Gruppe Gut aus Südtirol, die die Schau gestaltet hat, noch die Mediengestalter aus Österreich konnten in der heißen Phase vor dem Start nach Deutschland kommen. Wegen der geschlossenen Grenzen sei auch das internationale Kunsttransportsystem zusammengebrochen, erläuterte Wolf. Wie sollte man an die zugesagten Objekte kommen? Dennoch sei es gelungen, bis auf zwei alle Exponate zu holen - das letzte aus Italien traf erst am Tag vor der Eröffnung ein.
In aller Eile mussten ein Hygienekonzept erarbeitet, die Führungen neu konzipiert und ein System zur Online-Reservierung aus dem Boden gestampft werden. Auch Einfallsreichtum war gefragt. Während andere Museen ihre digitalen Angebote dicht machten, besorgten Wolf und seine Kollegen für die Bedienung der Touchscreens im Aichacher Feuerhaus iPad-Stifte, die regelmäßig desinfiziert wurden und so die weitere Nutzung möglich machten. "Jede Landesausstellung ist fordernd, diese war es besonders" resümiert Wolf, der mit Aichach und Friedberg zum fünften Mal als Projektleiter verantwortlich war.
Manche Angebote der Landesausstellung fielen Corona zum Opfer
"Die Besucher haben gar nicht gemerkt, was da für eine Maschinerie im Hintergrund lief", glaubt Wolf. Allerdings gab es auch Abstriche. So hatte das HDBG ein umfangreiches museumspädagogisches Angebot für die Schulen vorbereitet, das dann aber Corona zum Opfer fiel. Auch viele Veranstaltungen im Rahmenprogramm konnten nicht oder nicht im geplanten Umfang stattfinden. Trotzdem fällt Wolfs Resümee positiv aus: "Es war eine tolle Zeit!"
Der Landkreis und die beiden Städte wollen damit möglichst viel in die Zukunft mitnehmen. Das betrifft die bauliche Infrastruktur wie den Burgplatz in Oberwittelsbach und das Besucherzentrum am Schloss, die Beschilderung historischer Gebäude in Aichach und die neuen Themenführungen in Friedberg. Aber auch Image und Bekanntheitsgrad hätten profitiert, sagte Aichachs Bürgermeister Klaus Habermann.
"Vieles davon wäre ohne die Landesausstellung nicht gekommen", zeigte sich sein Friedberger Kollege Roland Eichmann überzeugt. Etwa der E-Bike-Verleih in beiden Städten, der nun fortgeführt werden soll. Oder das Gutscheinheft der Werbegemeinschaft Aktiv-Ring, das bei den Besuchern so gut ankam, dass inzwischen eine neue Auflage in Vorbereitung ist. Profitiert haben in der Corona-Krise auch Handel und Gastronomie in beiden Städten. Denn etwa die Hälfte der Besucher kam von auswärts, kehrte ein und bescherte auch den Geschäften zusätzlichen Umsatz. Zwischen 40 und 80 Euro lässt laut HDBG-Direktor Loibl jeder Gast am Ort.
Kosten für das Hau der Bayerischen Geschichte liegen im Budget
Obwohl die Zahl der Gäste deutlich hinter den Erwartungen zurückblieb, liegen die Kosten für das Haus der Bayerischen Geschichte nach wie vor im Budget. Der Grund: Weil weniger Gruppen und fast keine Schulklassen kamen, wurden weitaus mehr Tickets zum regulären Preis ohne Ermäßigung verkauft.
Bei den Besucherzahlen hatte Friedberg am Ende die Nase leicht vorn. Für Loibl ist das der Stammklientel der Landesausstellungen geschuldet, die klassische Exponate gegenüber multimedialer Darstellung bevorzugt. Dennoch sahen sich viele an beiden Veranstaltungsorten um. Die Schau im Wittelsbacher Land sei ein Experiment gewesen, so Loibl. Angesichts der positiven Resonanz soll dieses Konzept aber auch künftig Anwendung finden.
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