Zum Corona-Ausbruch am Krankenhaus Friedberg wurden am Donnerstag neue Details bekannt. So nennt das bayerische Gesundheitsministerium erstmals offiziell die Zahl von 15 in diesem Zusammenhang gestorbenen Patienten. Die Kliniken an der Paar gaben diese Zahl bislang immer niedriger an.
Das geht aus der Antwort des Ministeriums auf die Anfrage der Merchinger Grünen-Landtagsabgeordneten Christina Haubrich hervor, die unserer Redaktion vorliegt. Darin heißt es wörtlich: „Nach Sichtung der Krankenakten der positiv getesteten Patienten sowie der Listen der positiv getesteten Mitarbeiter wurde eine Fallliste erstellt. Demnach waren bis zum 22. Februar 2021 im Rahmen des Ausbruchsgeschehens insgesamt 63 Mitarbeiter und 54 Patienten positiv getestet. 15 Patienten sind verstorben, wobei noch nicht abschließend geklärt ist, ob die Patienten mit oder an SARS-CoV-2 verstorben sind. Der Ausbruch wurde am 16. Februar 2021 für beendet erklärt.“
Corona am Krankenhaus-Friedberg: Klinik meldet Ausbruch im Dezember
Wie an anderer Stelle des Berichts zu lesen ist, hatte das Krankenhaus bereits Mitte Dezember eine Häufung von vier positiv getesteten Patienten festgestellt, „als Ausbruchsgeschehen erfasst“ und am 20. Dezember an das Gesundheitsamt gemeldet. Öffentlich hatten die Verantwortlichen einen Ausbruch erst Ende Januar eingeräumt; Gesundheitsamtsleiterin Dr. Kirsten Höper bezeichnete es später als Versäumnis, nicht früher offiziell einen Ausbruch gemeldet zu haben.
Das Corona-Geschehen war erst im Januar auch durch die Recherchen unserer Redaktion öffentlich geworden. Zuletzt war von möglicherweise sieben Verstorbenen die Rede gewesen. Diese Zahl stammt aus einem internen Schreiben eines Mitarbeiters des Landesamtes für Gesundheit, welches ab Januar an der Aufarbeitung des Geschehens mitarbeitete.
Die landkreiseigenen Kliniken an der Paar hatten im Januar die Zahl von zwei Todesopfern genannt, später wollten Klinik-Chef Dr. Hubert Mayer und Landrat Klaus Metzger keine Angaben mehr dazu machen. Am Donnerstag teilte das Landratsamt Aichach-Friedberg auf Anfrage mit: „Die Klinik geht in ihrer Bewertung davon aus, dass es im Ausbruchszeitraum zu 15 gesichert nosokomialen Übertragungen bei Patienten gekommen ist. Vier dieser Patienten sind im weiteren Verlauf verstorben, wobei in diesen Fällen therapielimitierende Maßnahmen verfügt waren.“ Nosokomiale Übertragungen sind Infektionen innerhalb des Krankenhauses. Der Hinweis am Ende der Aussage bezieht sich auf Patientenverfügungen zu lebensverlängernden Maßnahmen.
Staatsanwalt ermittelt wegen der Todesfälle durch Corona am Krankenhaus
Zu den Zahlen aus dem Schreiben des Ministeriums, das Gesundheitsminister Klaus Holetschek unterzeichnet hat, wollen die Kliniken mit Verweis auf laufende Ermittlungen der Staatsanwaltschaft keine Stellung beziehen. Auffällig ist: Das Krankenhaus spricht von 15 nosokomialen Infektionen, das Ministerium von 15 Todesfällen.
Wegen des Vorfalls ermittelt auch die Staatsanwaltschaft Augsburg, nachdem die Angehörige eines Verstorbenen Anzeige erstattet hatte. Laut Sprecher Matthias Nickolai untersucht die Staatsanwaltschaft nicht nur diesen Fall, sondern will sich insgesamt ein Bild machen, „inwieweit im Zusammenhang mit angeblichen Hygienemissständen eine strafrechtliche Verantwortung für an Covid-19 gestorbene Patienten besteht“.
Kliniken an der Paar stocken Intensivbetten auf
Daher wird der endgültige Abschlussbericht zum Ausbruchsgeschehen zuerst dem Staatsanwalt vorgelegt und nicht der Öffentlichkeit bekannt gemacht. In diesen Bericht fließen Stellungnahmen der Kliniken an der Paar und des Landesamtes für Gesundheit ein; das Gesundheitsamt Aichach-Friedberg erstellte daraus einen Entwurf. Den Umgang des Gesundheitsamtes mit dem Corona-Ausbruch in Friedberg wiederum prüft die Regierung von Schwaben, bevor der endgültige Abschlussbericht entsteht.
Diese Nachrichten fallen in eine Zeit, in der sich die Kliniken an der Paar auf den Anstieg der dritten Corona-Welle vorbereiten. Unter anderem werden die Intensivbetten in Aichach und Friedberg aufgestockt, die seit Tagen alle belegt sind.
Am Donnerstag wurden in Aichach 13 Covid-Patienten behandelt, davon lagen sechs auf der Intensivstation und wurden beatmet. Aktuell gibt es in Aichach acht Intensivbetten, in Friedberg zehn. Klinik-Chef Mayer kündigte an, dass in Aichach, das die Behandlung von Corona-Kranken übernommen hat, um zwei Betten aufgestockt wird. Angesichts der starken Auslastung anderer Häuser, auch der Universitätsklinik Augsburg, sei mit der Möglichkeit einer „frei flottierenden Verlegung“ nicht mehr zu rechnen; jede Einrichtung sei für die eigene Bevölkerung verantwortlich. Der Klinikchef kann daher nicht ausschließen, dass künftig auch in Friedberg Corona-Patienten behandelt werden müssen. Denn der Höhepunkt der dritten Welle sei noch nicht erreicht.
Um diese Herausforderung zu meistern, haben die Landkreis-Kliniken weitere Maßnahmen ergriffen. Bereits in der Osterzeit wurden alle planbaren Operationen gestoppt. OP-Säle sind geschlossen. Das frei werdende Personal wird auf den Intensivstationen eingesetzt. Auch Soldaten sind dort als Helfer tätig. Eine Verlängerung und Ausweitung dieses Einsatzes soll laut Mayer beantragt werden. „Ich bin nach wie vor guten Mutes, dass wir diese Situation gut meistern können.“
Corona belastet Krankenhäuser in Aichach und Friedberg stark
Andere Stationen sind laut Mayer ebenfalls stark belastet. Die durch abgesagte Operationen sinkende Belegung gleiche etwas den Aufwand für das Isolationskonzept bei der Aufnahme aus. Mayer betonte aber, wichtige Behandlungen würden weiter durchgeführt. Das Personal ist ihm zufolge seit Ende Januar infektionsfrei. Angesichts steigender Inzidenzwerte in der Region sei jedoch absehbar, dass sich das wieder ändert. „Es ist nur eine Frage der Zeit“ – davor solle man die Augen nicht verschließen.
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