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Friedberg: Corona-Krise: Musik führt die Menschen in Friedberg zusammen

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Corona-Krise: Musik führt die Menschen in Friedberg zusammen

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    Die Musiker Barbara und Reinhard Biederwolf aus Friedberg-Süd singen und spielen jeden Abend um 18 Uhr für ihre Nachbarn. Und alle singen mit.
    Die Musiker Barbara und Reinhard Biederwolf aus Friedberg-Süd singen und spielen jeden Abend um 18 Uhr für ihre Nachbarn. Und alle singen mit. Foto: Sabine Roth

    Pünktlich um 18 Uhr stimmt Reinhard Biederwolf am E-Piano, das er auf seiner Terrasse aufgebaut hat, das irische Segenslied an. Die Nachbarn halten einen Liedzettel in der Hand und singen mit: „Und bis wir uns wiedersehen, halte Gott dich fest in seiner Hand. Möge die Straße uns zusammenführen und der Wind in deinem Rücken sein, sanft falle Regen auf deine Felder und warm auf dein Gesicht der Sonnenschein.“

    „We are the world“, „Freiheit“, „Über den Wolken“, „Halleluja“, „Stayin’ Alive“ und „Gute Nacht Freunde“: Diese Lieder gehören zur Top-Playlist der rund 40 Nachbarn, die im Hörmannberger Weg, der Max-Rimmele-Straße und im Ecknacher Weg wohnen. Jung und Alt singen mit. Manche halten sich etwas zurück in ihrem Garten, andere gehen an den Balkon oder ans geöffnete Fenster im ersten Stock, um den anderen etwas näher zu sein. Die Nachbarn verstehen sich gut, man kennt sich und ist einfach mit dabei. Das ist hier selbstverständlich.

    Kein Nachbar in Friedberg-Süd möchte das mehr missen

    Vor der Ausgangsbeschränkung hätte sich keiner vorstellen können, jeden Abend zu Hause zu sein und nach einer Playlist zu musizieren. Doch in Friedberg-Süd ist das nun zur Gewohnheit geworden. Keiner der Nachbarn möchte es mehr missen. Nicht in jedem Stadtteil ist das an der Tagesordnung. In den sozialen Medien werden die Bewohner von Friedberg-Süd sehr gelobt für ihre gemeinsame Aktion. Da kann man schon neidisch werden.

    Andrea Happacher kümmert sich um die Liedfolge.
    Andrea Happacher kümmert sich um die Liedfolge. Foto: Sabine Roth

    „Man braucht jemand, der damit anfängt“, sagt Nachbarin Andrea Happacher, die sich jeden Abend um die Watch Party auf Facebook kümmert und dazu ihr Handy auf einem Stativ anbringt. Hier hält sie alles in einem Live-Video fest. So kann jeder, der nicht hier wohnt, auch am Geschehen teilnehmen.

    Das Ehepaar Biederwolf ergreift die Initiative

    Mit dem Musizieren begonnen hat das Ehepaar Biederwolf. Schon als die schulfreie Corona-Zeit losging, weil sie beide als Lehrer arbeiten. Barbara Biederwolf hörte im Radio, dass die Italiener jeden Tag um die gleiche Uhrzeit auf ihren Balkonen Musik machen und dachte sich: „Das können wir Musiker hier in Friedberg auch. Sie fragte ihre Musikfreunde und gerne kamen sie in ihren Garten und spielten klassische Musik mit E-Piano, Geige und Flöte. „Doch plötzlich kam die Ausgangsbeschränkung und unsere Musikfreunde durften uns nicht mehr besuchen kommen“, sagt Reinhard Biederwolf.

    So waren sie nur noch zu zweit. Aber ihre Musik gefiel den Nachbarn so gut, dass sie mit teilhaben wollten. Andrea Happacher war begeistert von der Idee und kümmerte sich um die Lieder. So ist quasi ein kopiertes Gesangsbuch entstanden, das sie den Nachbarn in die Briefkästen warf.

    Fast wie ein Urlaub in Friedberg-Süd

    „Wir machen hier Urlaub zu Hause, auch die Kinder tanzen nachmittags zu Klubliedern, nur noch der Zaun ist dazwischen“, erzählt Happacher. „Wir haben so etwas initiiert, um die Menschen zu verbinden. Man muss auf die Nachbarn zugehen und sie ins Boot holen. Sonst funktioniert das nicht“, sagt Happacher, die ein paar Gärten von den Biederwolfs entfernt wohnt und für Charity-Aktionen in Friedberg und Auftritte als Herzogin beim Faschingsverein ORCC bekannt ist.

    Die Nachbarn sind von der Aktion hellauf begeistert.
    Die Nachbarn sind von der Aktion hellauf begeistert. Foto: Sabine Roth

    Wenn ein Lied nicht in das Programm von Barbara und Reinhard Biederwolf passt, dann wird es trotzdem gesungen. Das Internet macht es möglich. Inzwischen sind alle Nachbarn über eine Whatsapp-Gruppe vernetzt und jeder darf sich sein Lieblingslied wünschen. So entsteht die Playlist für jeden Abend neu. „Wir spielen übrigens auch bei Wind und Regen. Das schöne Wetter im Moment kommt uns natürlich sehr entgegen“, so Happacher.

    Nach Corona gibt es ein Straßenfest in Friedberg-Süd

    Wenn alle nach Corona wieder zusammenkommen dürfen, dann werde es ein großes Straßenfest geben. Das steht schon fest. „Dann singen wir alle unsere Lieder gemeinsam mit allen Nachbarn und das ohne einen Zaun dazwischen“, darauf freut sich Reinhard Biederwolf schon jetzt ganz besonders.

    Lesen Sie dazu auch den Kommentar von Thomas Goßner: In der Krise die einfachen Dinge neu entdecken

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