Frau Gaßner, in Merching geben Sie Ihr Wissen zum Trend des Minimalismus weiter. Wie viel Müll verursacht der Durchschnittsdeutsche im Jahr?
Manuela Gaßner: Laut dem Statistischen Bundesamt sind das über 600 Kilogramm im Jahr. Dazu werden noch etwa 80 Kilogramm Lebensmittel weggeschmissen. Wir sind zwar Recyclingweltmeister, aber mit einem faden Beigeschmack. Müll ist allgegenwärtig, in allen Lebensbereichen quillt er uns entgegen. Dazu gehören Alufolien, Dosen, Elektroschrott, der Gelbe Sack, Mikroplastik, Joghurtbecher, PET-Flaschen, die Restmülltonne, Spraydosen, To-go-Müll, Verbundstoffe oder Zellophan.
Um was geht es in Ihrem Vortrag am 3. Mai konkret?
Manuela Gaßner: Darum, wie wir den Müll in der Zukunft bewältigen. Ob Müllvermeidung teuer, zeitaufwendig, kompliziert oder gar asketisch ist und ob plastikfreie Alternativen besser sind. Und vor allem darum, was realistisch ist neben Familie, Freunden und dem Job. Ich gebe die Antworten dazu und habe Ideen und praktische sowie erprobte Tipps parat.
Wie kamen Sie persönlich zu diesem wichtigen Thema Müllvermeidung?
Manuela Gaßner: Durch mein Gartenbaustudium und meine anschließende Promotion war ich immer schon sehr umweltbewusst. Angefangen habe ich damit, nach dem Einkauf im Supermarkt viele Dinge gleich auszupacken und die Verpackung dort zu lassen. Irgendwann dachte ich mir, das kann aber nicht die Lösung sein. Denn die Verpackungen sind ja trotzdem noch da. Zwar nicht bei mir im Hausmüll, aber der Supermarkt muss sich dann um die Entsorgung kümmern.
Wo sollte man denn dann anfangen?
Manuela Gaßner: Bei sich selbst. Man sollte überlegen, ob man wirklich alles braucht. Zufällig sind wir damals umgezogen und wollten nicht alles in Kartons packen. Diesen Anlass haben wir dann genutzt und angefangen, vieles auszumisten.
Wie sind Sie konkret vorgegangen?
Manuela Gaßner: Wir haben viel verkauft, verschenkt und entsorgt. Angefangen habe ich in der Küche. Als wir die Schränke ausgemistet haben, fanden wir viele Überraschungen im hintersten Eck. Das passiert bei uns jetzt nicht mehr. Reis, Nudeln, Haferflocken und vieles mehr haben wir in Gläser gegeben. Es ist jetzt alles sehr übersichtlich. Und man kauft dann auch nur das, was man wirklich braucht. Die Gläser habe ich beim Einkauf bildlich vor meinem Auge. Ich kaufe seitdem nichts mehr, was ich nicht wirklich brauche.
Wo kann man weitermachen?
Manuela Gaßner: Am besten wo man will. Im Schlafzimmerschrank haben wir als Nächstes unsere Kleidung unter die Lupe genommen und überlegt, was wir wirklich brauchen. Dann ging es ins Badezimmer. Wenn nicht mehr so viel herumsteht, tut man sich auch mit dem Putzen leichter. Inzwischen haben mein Freund und ich einen Kleiderschrank, der nur einen Meter breit ist. Da sind alle unsere Anziehsachen drin. Außer die Winterjacken. Ich muss tatsächlich sagen: Es ist so angenehm. Ich habe nur noch Dinge, die mir passen und die ich mag.
Schafft man es, ganz ohne Müll auszukommen? Wie sind Ihre Erfahrungen?
Manuela Gaßner: Ein bis zwei gelbe Säcke brauchen wir schon noch im Jahr. Ein bisschen einen Müll macht man immer. Man muss sich ja auch nicht alles verbieten. Man fängt mit dem an, was einem leicht fällt. Irgendwann ist das dann zum Standard geworden und man hat sich daran gewöhnt. Dann geht man an das Nächste und auch das wird wieder zum Standard. Und so geht es weiter, bis alles in Gewohnheit übergeht.
Wo fällt Ihnen das Müllvermeiden besonders schwer?
Manuela Gaßner: Am Anfang bei der Schokolade. Ich hätte nie aufgehört, Schokolade zu essen. Aber um Müll zu vermeiden, habe ich sie nicht mehr gekauft. Aber inzwischen esse ich sie wieder. Denn wenn ich Lust darauf habe, dann hole ich sie mir einfach.
Wie können Sie das alles mit drei Kindern (vier, neun und elf Jahre) umsetzen?
Manuela Gaßner: Für meine Kinder ist das inzwischen ganz normal und es leuchtet ihnen vor allem auch ein. Sie sind damit aufgewachsen und wissen, warum wir das machen. Die Kleinste kennt es sowieso nicht anders. Vor vier Jahren haben wir damit ja begonnen. Man darf ihnen nur keine Verbote geben, denn sonst wird Müllvermeidung zur Bestrafung. So sind sie freiwillig dabei und voll engagiert. Anfangs war ich viel strenger. Aber wenn sie etwas geschenkt bekommen, ist das in Ordnung.
Hatten Sie in Bezug auf Ihre Einstellung schon lustige Erlebnisse?
Manuela Gaßner: Ja, alle wissen, wie engagiert ich bin. Aber ich kündige niemandem die Freundschaft, weil er es nicht so betreibt wie wir. Viele brauchen eine gewisse Zeit und dann stellen sie es von alleine um. Ich gebe gerne Hilfestellung, aber ich würde niemandem sagen, dass es so nicht geht. Bei Bananen in Plastikverpackung, da würde ich eingreifen. Das geht gar nicht. Aber ich sag das nur im Spaß und möchte nicht als Nörglerin dastehen.
Welche Rolle spielen die Waschnüsse?
Manuela Gaßner: Indische Waschnüsse gibt es in Bioläden. Man gibt sie in die Waschmaschine hinein, um ein sauberes Abwasser zu bekommen. Kritisch ist jedoch, dass sie aus Indien importiert werden und dort dann zu Mangelware werden. Deshalb empfehle ich unsere regionalen Waschnüsse: Kastanien. Darauf gehe ich im Vortrag genauer ein.
Womit kann man denn am einfachsten anfangen?
Manuela Gaßner: Am besten in der Küche. Doch das ist eigentlich egal. Man sucht sich einen Bereich aus, mit dem man beginnt. Ich empfehle, Bereich für Bereich vorzugehen oder Verpackung für Verpackung ersetzen. Man soll aber nicht alles auf einmal ändern, das ist nicht sehr motivierend. In meinem Buch „Weniger ist mehr“ beschreibe ich diese verschiedenen Alltagsbereiche genauer und gebe Tipps dazu.
Welche konkreten Tipps dazu haben sie für unsere Leser?
Manuela Gaßner: Es ist gut, beim Einkaufen immer seine Stofftasche mit dabei zu haben. Eine kleinere Stofftasche für den Bäcker macht auch Sinn. Beim Kaffeetrinken sollte man sich Zeit nehmen und sich dazu hinsetzen. Geht das nicht, sollte man seinen eigenen Kaffeebecher mitnehmen. Zum Metzger nehme ich ein Gefäß mit. Es funktioniert fast überall. Man muss nicht unbedingt in den Unverpacktladen gehen. Bei mir liegt er auch nicht auf dem Weg. Das ist also kein Argument, das ich gelten lasse. Das geht alles im normalen Supermarkt. Wenn nicht, dann sollte man dort einfach mal nachfragen. Irgendwann geht es dann schon, so ist zumindest meine Erfahrung.
Wo ist es besonders wichtig, etwas zu ändern?
Manuela Gaßner: Von den Müllarten her ist Aluminium besonders kritisch. Wichtig ist es auch, den Fleischkonsum zu reduzieren. Wenn man nicht zum Metzger an die Theke kommt, dann bitte lieber kein verpacktes Fleisch oder eingeschweißte Wurst kaufen. Wichtig ist es auch, dass die Produkte vor allem aus der Region kommen.
Der Vortrag in Merching
Am Freitag, 3. Mai, um 19.30 Uhr spricht Manuela Gaßner im Landgasthof Aumiller in Merching, Kirchfeldstraße 13, auf Einladung des Bündnis 90/Die Grünen (Kreisverband Aichach-Friedberg) zu den Themen „Zero Waste/Weniger ist mehr – einfach, praktisch und realistisch“ und wie man täglich ein bisschen weniger Müll bekommt. Anschließend darf mit der Referentin und Autorin diskutiert werden. Anschauungsmaterial hat die Referentin mit dabei. Der Eintritt ist frei.