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Aichach-Friedberg: Zu früh geimpft? Friedbergs Stadtpfarrer hadert mit seiner Entscheidung

Aichach-Friedberg

Zu früh geimpft? Friedbergs Stadtpfarrer hadert mit seiner Entscheidung

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    Pater Steffen Brühl ist der neue Stadtpfarrer von St. Jakob in Friedberg.
    Pater Steffen Brühl ist der neue Stadtpfarrer von St. Jakob in Friedberg. Foto: Ute Krogull

    Pater Steffen Brühl hat lange überlegt, als er das Angebot erhielt, sich gegen Corona impfen zu lassen. "Ich hatte das Gefühl, ich nehme jemandem etwas weg." Trotzdem entschied er sich dafür. Aussagen von Brühl und seinen Amtskollegen zeigen, wie sehr sie das umstrittene Thema früher Impfungen von Seelsorgern verunsichert.

    Und das, obwohl er sehr oft alte und kranke Menschen in Heimen besucht, im Krankenhaus oder daheim. "Ich gehöre zur Kategorie eins." Trotzdem habe er bei vielen Menschen Rat gesucht - und immer wieder zu hören bekommen: "Bitte mach es!" Ausschlaggebend war für den Friedberger Stadtpfarrer schließlich der Hinweis eines Mediziners, dass durch die Impfung die Virenlast stark gesenkt werde. "Ich wollte andere schützen. Hinter dieser Entscheidung vom Januar stehe ich immer noch." Trotzdem bekennt der Endvierziger klar: "Ich würde es aus heutiger Sicht nicht tun. Denn ich verstehe Menschen, die sagen: 'Warum lassen die sich impfen?'"

    Bischof Bertram Meiers Impfung beschäftigt Geistliche in Aichach-Friedberg

    Wer mit Seelsorgern über die Impfungen von Bischof Bertram Meier und dem Meringer Pfarrer Thomas Schwartz redet, gerät in berührende Gespräche. Nicht nur, weil bei allen die Zerrissenheit zwischen Sorge und Mitgefühl mitschwingt, sondern auch, weil deutlich wird, was Corona macht mit Menschen in existenzieller Not. "Ich sehe aus wie ein Marsmensch, wenn ich zu einem Schwerstkranken komme", erzählt Brühl. "Berührungen sind so unglaublich wichtig im letzten Lebensabschnitt, und all das ist durch eine Gummischicht getrennt."

    Pfarrer Martin Schnirch ist für die Pfarreiengemeinschaft Ottmaring zuständig.
    Pfarrer Martin Schnirch ist für die Pfarreiengemeinschaft Ottmaring zuständig. Foto: Ute Krogull

    Auch dem Ottmaringer Pfarrer Martin Schnirch macht das zu schaffen. Der Mittfünfziger will sich erst impfen lassen, wenn er an der Reihe ist. "Jetzt gehe ich mit Maske zu Gesprächen, das ist sehr belastend, denn ich sehe kein Gesicht, keine Reaktion." Er mag keinen verurteilen, der ein Impfangebot annahm. "Denn wenn er es ablehnt, macht man ihn zum Impfskeptiker. Kann man es gerade also überhaupt richtig machen?", fragt Schnirch - auch angesichts einer durch die Pandemie und deren Beschränkungen steigende Aggressivität in der Gesellschaft.

    Pater Christoph Lentz hat sich in zweifacher Hinsicht mit dem Thema auseinandergesetzt. Er ist Mitglied des Priesterrats der Diözese - dort war die Impfung des Bischofs Thema. "Das war ein dummer Fehler von Bischof Bertram Meier und er wäre gut beraten, sich zu entschuldigen", sagt Lentz. Als Rektor der Pallottiner wurde an ihn herangetragen, er und Mitbrüder könnten sich impfen lassen. Er lehnte ab. Zwar gingen einige in Kliniken, doch: "Was würde sich ändern? Wir müssen weiter auf Distanz bleiben", sagt der 48-Jährige.

    Christoph Lentz ist der Rektor des Pallottiheims in Friedberg.
    Christoph Lentz ist der Rektor des Pallottiheims in Friedberg. Foto: Alexander Schweda

    Wie Lentz zeigt auch das evangelische Pfarrerspaar Nina und Falko von Saldern Verständnis für Seelsorger, die sich impfen ließen. "Es ist gut nachvollziehbar, dass sich Pfarrer Schwartz nichts dabei gedacht hat", sagen sie. "Es stellt ich ja auch die Frage, wie kann ich mich dafür einsetzen, dass die Menschen sich impfen lassen", finden sie. Und es sei "beachtlich", das nun als Fehler einzuräumen.

    Einige Pfarrer im Raum Friedberg warten noch mit der Corona-Impfung

    Die Friedberger sind selber nicht geimpft und wollen abwarten, bis sie an der Reihe sind. "Aber es wäre so praktisch", sagt Nina von Saldern mit einem leichten Seufzen. Ein großer Teil der seelsorgerischen Arbeit läuft notgedrungen online oder telefonisch. Sie werden seltener ins Krankenhaus gerufen, obwohl Nina von Saldern eigens eine Hygiene-Schulung des Dekanats absolvierte.

    Das Friedberger Pfarrersehepaar Falko von Saldern und Nina von Saldern.
    Das Friedberger Pfarrersehepaar Falko von Saldern und Nina von Saldern. Foto: Ute Krogull

    Aber auf vieles müssen sie schweren Herzens verzichten, zum Beispiel den Besuch anlässlich einer goldenen Hochzeit diese Woche. "Und ich würde so gerne hingehen", so von Saldern. Ab nächste Woche seien sie wieder im Präsenzunterricht an Schulen, das spitze die Situation noch zu, sagt ihr Mann Falko.

    Meringer Pfarrerin: Seelsorger kümmern sich auch um Corona-Kranke

    Auch Pfarrerin Carola Wagner aus Mering ist noch nicht gegen Corona geimpft. Sie selber halte in Altenheimen Gottesdienste. "Das lässt sich aber durch Schnelltests und die Einhaltung der Hygieneregeln gefahrlos regeln." Grundsätzlich hat sie Verständnis dafür, wenn Seelsorger sich impfen lassen. "Sie haben oft genauso engen Kontakt zu Kranken wie das Pflegepersonal und halten sich lange in den Einrichtungen auf." Zudem gibt die Pfarrerin zu bedenken, dass die Seelsorger sich auch um Menschen kümmern, die selbst an Corona erkrankt sind.

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