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Aichach-Friedberg: Wenn jede Minute zählt – aber der Rettungswagen nicht durchkommt

Aichach-Friedberg

Wenn jede Minute zählt – aber der Rettungswagen nicht durchkommt

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    Das Bayerische Rote Kreuz hat im Wittelsbacher Land fünf Fahrzeuge rund um die Uhr besetzt. Bei Einsätzen entscheiden manchmal Minuten über Leben und Tod.
    Das Bayerische Rote Kreuz hat im Wittelsbacher Land fünf Fahrzeuge rund um die Uhr besetzt. Bei Einsätzen entscheiden manchmal Minuten über Leben und Tod. Foto: Alexander Kaya (Symbolbild)

    Unfälle, gewaltsame Auseinandersetzungen, Bewusstlosigkeit: Bei Rettungseinsätzen zählt oft jede Sekunde, für Patienten und Angehörige ist das Warten eine Tortur. Doch was, wenn Sanitäter auf dem Weg zu Menschen in Not ausgebremst werden? Im Wittelsbacher Land komme es immer häufiger zu solchen Vorfällen, kritisiert Grünen-Kreisrat und Rettungssanitäter Stefan Lindauer.

    "Solange wir den Patienten nicht gesehen haben, herrscht immer Zeitdruck", erklärt Lindauer. Der Sanitäter berichtet von einem Einsatz bei einer bewusstlosen Frau in einem Wulfertshauser Wohngebiet, bei dem ein in einer Kurve geparktes Auto die Zufahrt zum Einsatzort blockierte. "Die letzten 50 Meter mussten wir mit unserer Ausrüstung zu Fuß laufen", so Lindauer.

    Zu Fuß hätten im Ernstfall bei einem Einsatz der Feuerwehr auch die letzten Meter zu einem Haus in der Straße Westend in Pöttmes zurückgelegt werden müssen. Das große Auto wäre an den geparkten Autos nicht vorbeigekommen, sagt Bürgermeister Mirko Ketz. Die Gemeinde entschloss sich daher nach Rücksprache mit dem Feuerwehrkommandanten, den Engpass in eine Feuerwehranfahrtszone umzufunktionieren. Grundsätzlich komme es nur „ganz gelegentlich vor“, dass Autos Rettungswege blockieren, ist die Erfahrung des Bürgermeisters. In einem akuten Fall würde Ketz die Polizei einschalten, bei Dauerfalschparkern den kommunalen Verkehrsüberwachungsverein, bei dem Pöttmes Mitglied ist.

    In Stätzling hat es ebenfalls einen Einsatz gegeben, bei dem Lindauer einer gestürzten Person zur Hilfe eilen sollte, aber mit dem Rettungswagen kein zügiges Durchkommen war. Auch hier erschwerten abgestellte Autos die Anfahrt. "Beim Durchtasten zwischen zwei zu eng aneinander geparkten Autos ist wichtige Zeit draufgegangen", berichtet Lindauer.

    Stefan Lindauer hat selbst erlebt, wie Einsätze behindert wurden

    "Ein andermal ist unser Fahrzeug in einer Sackgasse eingeparkt worden, sodass wir vollständig blockiert waren", so der Sanitäter. Die Polizei musste verständigt werden, um den parkenden Wagen abzuschleppen. Glücklicherweise seien er und seine Kollegen in den geschilderten Fällen noch rechtzeitig zum Einsatzort gekommen, aber die Gefahr sei groß, doch einmal zu spät zukommen.

    Falsch parkende Fahrzeuge sind zwar das größere, aber nicht das einzige Problem bei Blaulicht-Einsätzen. Auch wenn die Hausnummer des angesteuerten Einsatzortes schwer erkenntlich ist, verzögert das die Anfahrt. Erst kürzlich hatten es die Helfer mit einer besonders kreativen Nummer zu tun, berichtet Lindauer. Die Zahl 94 sei ausgeschrieben als "vierundneunzig" am Haus angebracht und so nur schwer zu erkennen gewesen.

    Um Rettern ihre Arbeit zu erleichtern und wertvolle Zeit zu sparen, sollten Hausnummern bereits bei der Einfahrt in die Straße ersichtlich sein, so Lindauer. Außerdem sei es wichtig, bei Nacht für ausreichende Beleuchtung zu sorgen. Beim Design sollten Anwohner minimalistisch bleiben, so der Sanitäter: "Es darf nichts zu Ausgefallenes sein. Wir brauchen eine klar erkennbare Zahl."

    Falschparker behindern Rettungsfahrzeuge

    Als Kreisrat sind Lindauers Möglichkeiten, das Problem mit den Falschparkern anzugehen, beschränkt: Die Zuständigkeit für Parkflächen liegt bei den Gemeinden und der Polizei. "Denen ist das Problem natürlich bekannt. Aber die Gemeinden müssen noch stärker auf den ruhenden Verkehr schauen", meint Lindauer. Der Grünen-Politiker schlägt zudem den Bürgermeistern vor, in Rundschreiben oder bei Bürgerversammlungen auf die Problematik aufmerksam zu machen.

    Lindauer ruft dazu auf, sich ins Gewissen zu rufen, wo man sein Auto abstellen kann, ohne mögliche Rettungseinsätze zu blockieren. In kritischen Situationen könne es nämlich auch passieren, dass abgestellte Autos beschädigt werden. "Dann ist auch mal der Spiegel ab, und das ist für beide Seiten unschön."

    Wird durch das Parken ein Rettungsfahrzeug im Einsatz behindert, ist ein Bußgeld in Höhe von 65 Euro fällig.
    Wird durch das Parken ein Rettungsfahrzeug im Einsatz behindert, ist ein Bußgeld in Höhe von 65 Euro fällig. Foto: Marcel Kusch, dpa (Symbolfoto)

    „Vorausschauend parken und mitdenken“ wünscht sich Hannes Stiegler, Polizeihauptkommissar im Sachgebiet Verkehr der Polizeiinspektion Aichach, von den Verkehrsteilnehmern. Ab und zu komme es vor, dass Einsatzfahrzeuge von falsch geparkten Fahrzeugen behindert werden, weiß er aus seiner Erfahrung. Von Autofahrern hört er dann oft Sätze wie: „Ich bin ja nur kurz mal“ zum Beispiel beim Semmeln holen. Stiegler sagt: „Wenn das jeder macht, dann ist den ganzen Tag lang etwas zugeparkt.“

    Grundsätzlich ist beim Parken eine Restfahrbahnbreite von 3,05 Metern freizuhalten. Dieses Maß gelte vom Außenspiegel bis zur Fahrbahngrenze, sagt Stiegler. Er weist darauf hin, dass nicht nur Rettungswege freizuhalten sind, sondern Einsatzfahrzeuge auch freie Bahn haben müssen. Das bedeute nicht immer, dass Autofahrer bremsen und halten müssen, betont er. „An Kuppen darf auch mal Gas gegeben oder an engen Stellen auf den Gehweg gefahren werden.“

    Falschparker müssen zahlen

    Blockiert ein Autofahrer eine Feuerwehrzufahrt oder einen Rettungsweg, kostet das 35 Euro. Stiegler weiter: „Und die Polizei hat einen Abschleppgrund.“ Wird ein Rettungswagen im Einsatz durch ein geparktes Auto behindert, liegt das Bußgeld bei 65 Euro und es gibt eine Anzeige.

    Auf Nachfrage unserer Redaktion gab die Stadt Friedberg an, dass Wohn- und Gewerbegebiete im gesamten Stadtgebiet regelmäßig auf Falschparker kontrolliert werden. "Grundsätzlich sind je zwei Stellplätze pro Wohnhaus beziehungsweise ein Stellplatz pro Wohnung vorzuhalten", so eine Pressesprecherin der Stadt. Falsch parkende Autos in Wohngebieten seien deshalb eher auf die Bequemlichkeit der Anwohner oder auf anderweitige Nutzung der eigentlichen Stellflächen auf dem Grundstück zurückzuführen.

    So sehen die Verantwortlichen die Parksituation im Raum Friedberg

    Die Polizeiinspektion Friedberg zeichnet derweil ein anderes Bild der Situation: "Auf 1000 Bürger im Landkreis Aichach-Friedberg - vom Säugling bis zum Greis - kommen derzeit etwa 1 030 für den Straßenverkehr zugelassene Kraftfahrzeuge", so Alexander Wagenpfeil, Dienststellenleiter der Friedberger Inspektion. Gerade in innerstädtischen Bereichen nehme daher der Parkdruck zu.

    An Parkverbote auf ausgeschriebenen Rettungswegen werde sich im Wittelsbacher Land grundsätzlich gehalten, so Wagenpfeil weiter. "Problematischer für die Einsatzkräfte von Feuerwehr und Rettungsdienst sind Verstöße gegen Halte- und Parkverbot an engen und unübersichtlichen Straßenstellen", so der Polizeihauptkommissar. Bürgern seien sich solcher Verbote auch oft gar nicht bewusst.

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