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Aichach-Friedberg: Sonderimpfungen in Aichach-Friedberg sorgen für Stress, Frust - und Erleichterung

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Sonderimpfungen in Aichach-Friedberg sorgen für Stress, Frust - und Erleichterung

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    In Aichach-Friedberg fanden bereits mehrere Sonderimpfungen durch niedergelassene Ärzte statt, hier Dr. Elisabeth Guha in Ried.
    In Aichach-Friedberg fanden bereits mehrere Sonderimpfungen durch niedergelassene Ärzte statt, hier Dr. Elisabeth Guha in Ried. Foto: Christine Hornischer

    Aichach-Friedberg hinkt bei der Impfquote hinterher, die Wartelisten werden wegen Nachmeldungen länger statt kürzer. Mit Impfaktionen versuchen Ärzte und Ehrenamtliche, etwas dagegen zu tun. So erhielten in Wulfertshausen kürzlich 240 Menschen eine Erstimpfung, in Ried am Dienstag zum wiederholten Mal 50. Während die Ärzte erzählen, die Impflinge seien "dankbar und glücklich", kommt von anderer Seite Kritik. So sehen sich die beiden CSU-Politiker Manfred Losinger und Simone Losinger als Organisatoren mit dem Vorwurf konfrontiert, sich politisch profilieren zu wollen. Was sagen sie dazu?

    In Wulfertshausen hatte der ortsansässige Mediziner Dr. Arian Derakhchan am Freitag und Samstag Vakzin von AstraZeneca und Biontech verimpft, das aus dem Kontingent der Praxisclinic Mering stammt, die er mit Kollegen betreibt. Feuerwehr, Rotes Kreuz und weitere Ehrenamtliche halfen bei der Aktion im Pfarrzentrum. In Ried impfen jeden Dienstag die Baindlkircher Robert und Dr. Elisabeth Guha, unterstützt von den Gemeinde-Feuerwehren, in der Sporthalle. Überall ist der Andrang immens. Die Internetseiten, über welche die Anmeldungen laufen, sind überlastet, die Termine in kürzester Zeit vergeben. Ähnlich bei der Sonderimpfaktion des Landkreises mit Vakzin von Johnson & Johnson vor einigen Wochen. Nicht nur das sorgt teilweise für Unmut in sozialen Medien.

    In Wulfertshausen gab es eine Impfaktion. Dr. Arian Derakhchan im Aufklärungsgespräch mit Peter Miller aus Friedberg.
    In Wulfertshausen gab es eine Impfaktion. Dr. Arian Derakhchan im Aufklärungsgespräch mit Peter Miller aus Friedberg. Foto: Michael Eichhammer

    Manfred Losinger, seit Jahrzehnten in der Politik, stellvertretender Landrat und CSU-Stadtrat, sagt, er habe gewusst, dass es Kritik geben würde. "Ich habe das aber nicht wegen der Profilierung gemacht, sondern um die Impfquote voranzubringen." Der Landkreis liege bei Hausarzt-Impfungen "im unteren Bereich". Warum das so ist, weiß Robert Guha von anderen Ärzten: Viele hätten wieder aufgehört, weil das Impfen sie ans Limit bringt, vor allem Arzthelferinnen sind überlastet - nicht nur zeitlich.

    "Kollegen berichten, dass ihre Mitarbeiterinnen weinend dasitzen, weil sie von Patienten derart angegangen werden." Er hat gelesen, dass deutschlandweit nur 53 Prozent der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte impfen. "Das schockiert mich." Doch auch für ihn ist der Aufwand hoch und er ist froh, räumlich und personell in die Halle der Gemeinde ausweichen zu können. Der Anrufbeantworter der Praxis ist mittlerweile umprogrammiert, um Anrufe zu kanalisieren - was nicht immer klappt.

    Praxisclinic Mering: Ständig klingelt das Telefon wegen Impfungen

    Derakhchan berichtet, in der Praxisclinc Mering habe am Montag nach der Impfaktion "im Sekundentakt" das Telefon geklingelt, obwohl die Praxis im Moment keine Impftermine zu vergeben hat. Er bittet, erst einmal nicht anzurufen, da Patientinnen und Patienten mit akuten Problemen sonst nicht durchkommen. Die Impfaktion an sich sieht er als großen Erfolg, auch wenn am Abend des zweiten Tages alle erledigt waren und danach noch mehrere Tage Arbeit für den bürokratischen Teil anfallen. Denn er weiß, dass das Thema drängt: "Manche Hausärzte haben Listen von über 1000 Personen."

    Vorwürfe der Mauschelei bei der Impfstoffvergabe weist der Mediziner zurück. "Da hätte ich nicht mitgemacht." Interessierte konnten sich online für Termine eintragen, sie seien aus dem gesamten Landkreis gekommen. Und es sei kein Vakzin vorab vergeben worden - im Gegenteil: Weil am Samstag, als nur AstraZeneca vergeben wurde, rund 15 Angemeldete nicht kamen, musste das Team Menschen auf der Warteliste hinterhertelefonieren, die dann ebenfalls oft nicht erreichbar waren.

    Auf Initiative von Arzt Robert Guha finden in Ried Sonderimpfungen statt.
    Auf Initiative von Arzt Robert Guha finden in Ried Sonderimpfungen statt. Foto: Studioline

    Von Kritik und Problemen blieb Guha, der in der Feuerwehr engagiert ist und für die Vereinigung "Ländliches Wohnen" im Rieder Gemeinderat sitzt, verschont. "Alle sagen, das ist eine tolle Aktion." Auch dem Vorwurf, er nehme Impfzentren und damit Personen aus den Prio-Gruppen Vakzin weg, bekommt er nicht zu hören.

    Das sagt Aichach-Friedbergs Landrat Klaus Metzger zu Sonderimpfungen

    Landrat Klaus Metzger (CSU) sieht diese Gefahr ebenfalls nicht - im Gegenteil: Die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte nutzen einen eigenen Bestellweg - unabhängig von Impfzentren bzw. Landratsamt - und impfen in eigener Verantwortung. Ihr Bestellkontingent geht nicht zulasten der Lieferungen an die Impfzentren, erklärt er. Für viele Menschen sind diese Lieferketten schwer verständlich. Das Landratsamt weist daher online explizit darauf hin. Metzger weiter: "Wenn die Niedergelassenen ihre Kräfte bündeln und Sonderimpfaktionen ermöglichen, um den Impffortschritt zu befördern, ist das eine richtig gute Sache und fraglos begrüßenswert."

    Sie könnte noch ausgeweitet werden. Wie Derakhchan berichtet, schauten in Wulfertshausen Interessierte aus Aichach, Mering und Pöttmes vorbei, die ähnliche Aktionen auf die Beine stellen möchten. Guha treibt derweil eine andere Sorge um: Momentan sei der Druck, sich impfen zu lassen, bei vielen vor allem wegen des Reisens und anderer Freiheiten hoch. "Mit fallenden Inzidenzen könnte die Impfbereitschaft sinken."

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