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Aichach-Friedberg: So steinig war der Weg zur Landesausstellung 2020

Aichach-Friedberg

So steinig war der Weg zur Landesausstellung 2020

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    „Stadt befreit. Wittelsbacher Gründerstädte“: So lautet nach einigem Hin und Her der Titel der Landesausstellung. Das alte Aichacher Feuerwehrhaus ist einer der Schauplätze.
    „Stadt befreit. Wittelsbacher Gründerstädte“: So lautet nach einigem Hin und Her der Titel der Landesausstellung. Das alte Aichacher Feuerwehrhaus ist einer der Schauplätze. Foto: Erich Echter

    Sie waren Herzöge, Könige und einmal sogar Kaiser: Über sechs Jahrhunderte lang spielten die Wittelsbacher auf der großen Bühne Europas eine wichtige Rolle. Doch ihr Aufstieg begann im Landkreis Aichach-Friedberg. Was liegt also näher, als sich um die Ausrichtung der Bayerischen Landesausstellung zu bewerben, die sich den Wittelsbachern widmet? Solche Überlegungen wurden erstmals im Sommer 2015 publik. Jetzt, fünf Jahre später, ist es so weit: Am Mittwoch wird die Schau unter dem Titel „Stadt befreit“ eröffnet – allerdings anders als gedacht. Außer der Jahreszahl ist vom ursprünglichen Konzept wenig geblieben.

    2020 bot sich an, weil sich heuer zum 900. Mal jährt, dass das bayerische Herrschergeschlecht seinen Sitz von Scheyern (Kreis Pfaffenhofen an der Ilm) nach Oberwittelsbach nahe Aichach verlegte. Über die Landkreisgrenzen hinweg könnte diese Geschichte nacherzählt werden, so die anfängliche Idee: Neben dem Sisi-Schloss in Aichach und dem Friedberger Schloss könnte auch Kloster Scheyern zum Schauplatz der Ausstellung „Frühe Wittelsbacher“ werden.

    Haus der Bayerischen Geschichte genehmigte Dreiteilung der Ausstellung

    Das federführende Haus der Bayerischen Geschichte (HdBG) war mit der Dreiteilung einverstanden, schließlich hatte es in der Vergangenheit bereits ähnliche Fälle gegeben, mit der bayerisch-österreichischen Schau „Verbündet – Verfeindet – Verschwägert“ sogar über die Landesgrenzen hinweg. In Aichach wollten die Ausstellungsmacher jedoch lieber einen Kontrapunkt setzen zum frisch sanierten Friedberger Schloss, damit war das Sisi-Schloss aus dem Rennen.

    So kam der Burgplatz in Oberwittelsbach ins Spiel. Ausgrabungen zeugten dort vom hochadeligen Leben auf einer der bedeutendsten mittelalterlichen Burgen Bayerns, hieß es. Hier lasse sich die Vergangenheit plastisch illustrieren. Durch multimediale Vermittlungsformen, 3-D-Animationen, könne die Stammburg der Wittelsbacher vor dem Auge der Besucher wiedererstehen.

    Zuschlag zur Landesausstellung kam 2017 aus dem Kultusministerium

    Das Konzept kam an. Im Januar 2017 erhielt die Bewerbung den Zuschlag aus dem bayerischen Kultusministerium. Nur wenige Monate später zeichnete sich jedoch ab, dass die Arbeiten in der Burgkirche wegen massiver Schäden am Gewölbe nicht rechtzeitig abgeschlossen sein würden. Fast zeitgleich wurde bekannt, dass es auch im Kloster Scheyern hakt: Trotz mehrerer Ortstermine ließ sich nicht klären, welche Gebäudeteile genutzt werden können, ohne die Patres in ihren Tagesabläufen zu stören. Immerhin sollten bis zu 150.000 Besucher die Ausstellung sehen.

    So schied nach dem Sisi-Schloss und der Burgkirche auch die Benediktinerabtei als geschichtsträchtiger Veranstaltungsort aus. Übrig blieb das Friedberger Schloss, das für über 20 Millionen Euro zum Bürger- und Kulturzentrum umgebaut und im Herbst 2018 eingeweiht wurde. In Aichach stießen die Ausstellungsmacher eher durch Zufall auf das alte Feuerwehrhaus – und waren begeistert. Die leer stehende, große Halle eignete sich aus ihrer Sicht ideal für multimediale Inszenierungen, während im Friedberger Schloss eher eine klassische Präsentation gezeigt werden sollte.

    Mit dem Wechsel der Ausstellungsorte kamen ein neues Konzept und ein neuer Name. Nicht mehr die frühen Wittelsbacher standen nun im Fokus. Unter dem Titel „Stadtluft macht frei“ sollten die Gründungen der Wittelsbacher am Beispiel von Aichach und Friedberg historisch beleuchtet und zugleich der thematische Bogen zur Entwicklung der Städte unserer Tage geschlagen werden. Doch damit war der nächste Ärger programmiert.

    Neues Motto "Stadt befreit" statt "Stadtluft macht frei" nach Kritik

    Die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, Charlotte Knobloch, übte nachhaltige Kritik. Das Motto erinnere an die Vernichtungslager der Nazis, an deren Toren der Spruch „Arbeit macht frei“ angebracht war. Das Haus der Bayerischen Geschichte als Veranstalter wies diesen Vorwurf zunächst zurück. Der Titel stehe für eine bestimmte Zeit der bayerischen Geschichte, als das Leben in den jungen Städten den Menschen neue Chancen eröffnete, Sicherheit sowie Freiheit des Handels zum Beispiel. Schließlich schaltete sich Kunstminister Bernd Sibler (CSU) ein. Bei einem Gespräch in seinem Haus einigte man sich Anfang April 2019 auf die Wortwahl „Stadt befreit“; Charlotte Knobloch äußerte sich zufrieden und laut Richard Loibl, Direktor des Hauses der Bayerischen Geschichte, ist damit der historische Rechtssatz „Stadtluft macht frei“ modern übersetzt worden.

    Alles schien also gut zu werden. Die Arbeiten am Feuerhaus Aichach, wie das HdBG das Gebäude nennt, und am neuen Empfangsgebäude neben dem Friedberger Schloss kamen zügig voran, Städte und Landkreis stellten ein großes Rahmenprogramm auf die Beine, auf Messen und bei Tourismusunternehmen wurde intensiv geworben. Zur Eröffnung am 28. April sollten 800 geladene Gäste, auch Ministerpräsident Markus Söder (CSU), nach Friedberg kommen.

    Die Corona-Krise kam der Ausstellung in die Quere

    Doch die Corona-Krise warf alles über den Haufen. Zunächst wurde der Start auf unbestimmte Zeit verschoben, dann musste ein umfangreiches Hygienekonzept erarbeitet werden, das die erwartete sechsstellige Besucherzahl in weite Ferne rückt. Nicht mehr als 60 Personen dürfen sich zunächst gleichzeitig im Friedberger Schloss aufhalten, im Feuerhaus von Aichach sogar nur 30. Und auch das umfangreiche Begleitprogramm lässt sich lediglich in Teilen verwirklichen.

    Den mutmaßlich geringeren Besucherzahlen stehen zudem stark gestiegene Kosten gegenüber. War ursprünglich von einer Million Euro die Rede, die Landkreis und Städte zu tragen hätten, hat sich diese Summe inzwischen vervielfacht. Aichach-Friedbergs Landrat Klaus Metzger ist vor dem Start aber zuversichtlich: „Die Landesausstellung 2020, Herzensangelegenheit des Wittelsbacher Landes, wird trotzdem der kulturelle Höhepunkt des Jahres sein.“

    Öffnungszeiten und Tickets Die Bayerische Landesausstellung 2020 „Stadt befreit. Wittelsbacher Gründerstädte“ ist vom 10. Juni bis 8. November täglich von 9 bis 18 Uhr im Wittelsbacher Schloss in Friedberg und im Feuerhaus in Aichach geöffnet. Infos und Tickets gibt es hier.

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