Startseite
Icon Pfeil nach unten
Friedberg
Icon Pfeil nach unten

Aichach-Friedberg: Sexspiele am Derchinger Baggersee: Was das Opfer sagt

Aichach-Friedberg

Sexspiele am Derchinger Baggersee: Was das Opfer sagt

    • |
    Vor dem Amtsgericht Aichach musste sich ein 23-Jähriger wegen des Vorwurfs der Vergewaltigung verantworten.
    Vor dem Amtsgericht Aichach musste sich ein 23-Jähriger wegen des Vorwurfs der Vergewaltigung verantworten. Foto: Katja Röderer (Archivfoto)

    Im Prozess um eine Vergewaltigung am Derchinger Baggersee kam am zweiten Verhandlungstag das Opfer zu Wort. Richter Walter Hell sieht ihre Aussage als glaubwürdig an und erkennt doch mildernde Umstände.

    Weil das Schöffengericht des Aichacher Amtsgerichts keinen Regelfall einer Vergewaltigung erkannte, verurteilte es den jungen Mann „nur“ zu einem Jahr und zehn Monaten Freiheitsstrafe und setzte diese zur Bewährung aus. Außerdem muss der Angeklagte 4000 Euro Geldbuße bezahlen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

    Im Mittelpunkt des zweiten Verhandlungstags stand die Zeugenaussage der 21-jährigen Geschädigten. Sie bestätigte zunächst im Wesentlichen, was schon der 23-jährige Angeklagte am ersten Verhandlungstag geschildert hatte. Beide jungen Leute hatten sich auf einer einschlägigen Internet-Partnerbörse kennengelernt. Bald darauf kam es zwischen dem Mann aus dem Landkreis Augsburg und der Frau aus Neuburg-Schrobenhausen zu einem ersten persönlichen Treffen.

    Mit dem Campingmobil am Derchinger Baggersee

    Beim zweiten Mal, dem Tattag im Juni 2020, war der Angeklagte mit seinem Campingmobil an den Derchinger Baggersee gekommen. Beide hatten sich vorab verständigt, Sexspielzeug von zu Hause mitzubringen, eventuell auch um es auszuprobieren. Man habe - bereits nach Mitternacht - auch einvernehmlich gekuschelt und sich geküsst im Wohnmobil, so die junge Frau. Nach ihrer Meinung hatte sie ihrem Freund klargemacht, dass sie auf eine Beziehung mit ihm aus gewesen sei, nicht aber auf schnellen Sex.

    Als er nach und nach zur Sache habe kommen wollen, habe sie mehrfach zu erkennen gegeben, dass sie das nicht wolle. Dennoch sei es zum Einführen seiner Finger sowie des Dildos gekommen. Sie sei wie gelähmt gewesen, weinte die Frau im Zeugenstand, weil sie schmerzlich an ihre nicht erfreuliche vergangene Beziehung erinnert worden sei. Erst nach einiger Zeit habe sie die Kraft gefunden, den 23-Jährigen wegzustoßen, sich anzuziehen und aus dem Camper zu verschwinden.

    Anschließend habe sie sich im Gebüsch versteckt, um nicht entdeckt zu werden. Es kam zu einer Handy-Kommunikation, bevor der Angeklagte mit seinem Wagen fortgefahren sei. Dann habe sie sich zu ihrem Auto getraut und sei nach Hause gefahren. Die Frau berichtete dem Gericht auch über die Umstände der späteren Anzeigenerstattung.

    Vergewaltigung am Baggersee: Wie es zu der späteren Anzeige kam

    So habe sie einige Zeit nach dem Vorfall am See Kontakt zur damaligen Lebensgefährtin des Angeklagten, der Mutter seines kleinen Kindes, aufgenommen und diese besucht. Dabei seien die beiden Frauen zu einem Verkehrsunfall gekommen, an dem der Angeklagte mit seinem Auto beteiligt gewesen war. Beide Frauen wurden von der Polizei vernommen, dabei kam zunächst eher nebenbei die Angelegenheit am Baggersee zur Sprache. Daraufhin sei von der Polizei ein Verfahren gegen den 23-Jährigen eingeleitet worden.

    Staatsanwalt Marius Lindig sah die Tat wie angeklagt erwiesen an. Er erkenne keine Zweifel an der Aussage der Geschädigten, die keinen Belastungseifer gegenüber dem Angeklagten gezeigt habe. Vielmehr, so Lindig, habe der Mann versucht, sein Fehlverhalten schönzureden. Lindig forderte eine Freiheitsstrafe von drei Jahren.

    Ganz anders sah dies Verteidiger Bernd Scharinger, der auf Freispruch für seinen Mandanten plädierte. Bei dem 23-Jährigen habe jeder Vorsatz zu einer Straftat gefehlt. Er sei durch das Verhalten der Frau zu einer Fehldeutung veranlasst worden. Und er habe letztendlich von ihr abgelassen, als ihr Nein deutlich geworden sei, so Scharinger.

    "Nein heißt Nein", sagt das Gesetz

    Vorsitzender Richter Walter Hell ordnete in seiner Begründung den Urteilsspruch ein: Noch bis November 2016 hätte der Mann wohl überhaupt keine Strafe erhalten, weil sein Tun der Frau gegenüber nicht als Vergewaltigung gewertet worden wäre. Seit der mit „Nein heißt Nein“ titulierten Gesetzesänderung liege die Sache anders und der 23-Jährige wäre nach dem Antrag des Staatsanwalts für drei Jahre eingesperrt worden.

    Richter Hell erklärte jedoch, dass das Gericht aufgrund der Aussagen der geschädigten 21-Jährigen sowie des angeklagten 23-Jährigen keinen Regelfall einer Vergewaltigung erkannt habe. Es habe keine massive Gewaltanwendung gegeben, es habe keine Bedrohungssituation vorgelegen. Es sei vielmehr von Anfang an auch vonseiten der Frau das Einverständnis zu körperlichen Kontakten zu erkennen gewesen. Die Frau habe, als er mehr zur Sache habe gehen wollte, Nein gesagt - und der Mann habe dieses Nein nach eigener Aussage wahrgenommen, gehört und verstanden.

    Wie Richter Hell die Tat einordnet

    Hat er dieses Nein fehlinterpretiert in der Einschätzung, dass die Frau eigentlich doch habe erobert werden wollen, ohne eine zu leichte Beute zu sein? Er hätte laut Richterspruch frühzeitig von ihr ablassen müssen. Dass er erst aufgehört habe, die Frau zu bedrängen, als diese sich massiv gewehrt habe, sei zu spät gewesen.

    Das könnte Sie auch interessieren:

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden