Das testende Klassenzimmer: Maske ab, Kopf in den Nacken und dann den Tupfer in die Nase – zwei Zentimeter weit und in jedem Nasenloch fünf mal drehen. So oder so ähnlich begann für die Schüler im Wittelsbacher Land der erste Schultag nach den Osterferien. Zwei mal die Woche ist das Selbst-Testen im Präsenzunterricht nun Pflicht. Am Montag in der ersten Stunde wurde daher fleißig unter Aufsicht des Lehrpersonals mit Corona-Teststäbchen in der Nase gebohrt – für die jüngeren Schüler machte es das per Video aus der Augsburger Puppenkiste zugeschaltete Kasperle im Doktorkittel vor.
Kissinger Grundschüler waren beim Corona-Test guter Dinge
Annika Lauter, Rektorin der Grundschule Kissing, zieht ein positives Fazit. "Unsere Kinder waren guter Dinge. Jetzt popeln wir uns halt in der Nase, aber dafür können wir wieder in die Schule gehen, sagen sie", sagt Lauter. "Wir hatten keine Rückmeldung, dass irgendetwas passiert wäre." Nur zwei Grundschüler, denen es vor dem Test etwas unwohl war, hätten in ihrem Büro einer "Betreuung mit Gummibärchenhilfe" bedurft.
Zwar gebe es Eltern, die ihre Kinder aufgrund der Testpflicht nicht zur Schule schickten, allerdings seien sie klar in der Minderzahl, so Lauter. Für diese Kinder gebe es zwar keinen Anspruch auf Distanzunterricht, aber: "Wir schauen, dass alle ihr Material bekommen. Wer zu Hause bleibt, bekommt den Unterricht zum Abholen oder digital." Zwar lobt Lauter die Eltern für ihre Unterstützung bei der Vorbereitung der Grundschüler auf die Selbsttests, allerdings wünscht sie sich von manchen einen lockereren Umgang mit der Situation.
Kein einziger positiver Corona-Selbsttest am Meringer Gymnasium
Josef Maisch, Direktor des Meringer Gymnasiums, ist sicher, den Schulstart mit Selbsttest-Pflicht souverän über die Bühne gebracht zu haben: "Wenn Gymnasiallehrer etwas machen müssen, dann können die das", scherzt er. Positive Tests gab es ebenso wenig wie andere Probleme. Zu Hause blieben etwa fünf Prozent der Schülerschaft.
Ein größerer Anteil der Oberstufen-Schüler habe sich im Vorfeld an Teststationen testen lassen, berichtet der Rektor. Das sei in Eigeninitiative geschehen, damit in der heißen Phase vor dem Abitur keine wertvolle Unterrichtszeit verloren geht.
An der Friedberger Konradin-Realschule hingegen herrschte vor dem Start der Selbsttests Anspannung, berichtet Rektorin Daniela Walther. "Denn unsere Tests haben wir leider erst in den Osterferien erhalten." Dennoch habe alles gut geklappt. "Die fünfte Klasse, die ich unterrichte, fand das Prozedere sogar sehr spannend. Eine Schülerin meinte, das Testen sei wie ein chemischer Selbstversuch."
Realschule Aichach: Kinder sind froh, wieder in der Schule zu sein
An der Realschule in Aichach läuft es nach Angaben des Schulleiters Hans Friedrich Stock besser als gedacht. "Erwachsene sind in dieser Hinsicht manchmal etwas verkopfter als die Kinder." Es kam zu keinen Verletzungen oder Ähnlichem. "Vielleicht haben einige Eltern das auch mit ihren Kindern zuhause geübt", sagt er. Für manche Eltern sind die Selbsttests problematisch, weil sie ihr Kinder nach einem positiven Ergebnis direkt von der Schule abholen müssen. "In vielen Familien sind beide Elternteile berufstätig. Wenn das Kind spontan abgeholt werden muss, ist das für sie schwierig", erklärt Stock.
"Insgesamt ist es bisher mit den Selbsttests an unserer Schule gut gelaufen", sagt Frank Schweizer, Schulleiter vom Deutschherren-Gymnasium (DHG) Aichach. An seiner Schule werden vier Mal in der Woche alle Schüler getestet, weil dort täglich die Schülergruppen wechseln. Bislang musste aber noch kein Schüler wegen eines positiven Ergebnisses nach Hause geschickt werden. Eine kleine Gruppe Schüler am DHG möchte sich nicht jeden Tag testen und befindet sich deswegen dauerhaft im Distanzunterricht. Auch andere sehen diese Maßnahme kritisch.
Familie aus Aichach-Friedberg unternimmt rechtliche Schritte gegen die Tests
Der Aichacher Anwalt Marc Sturm vertritt drei Familien, eine aus Aichach-Friedberg, die mit den verpflichtenden Selbsttests nicht einverstanden sind. Deswegen hat er vergangene Woche einen Normenkontrollantrag beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (VGH) eingereicht. Nach Angaben des VGH wurde über Sturms Antrag noch nicht entschieden. Einen ähnlichen Antrag aus Forchheim (Oberbayern) hat der VGH abgelehnt. Laut Sturm bezieht sich diese Entscheidung aber nicht darauf, ob Schüler, die bereits eine Covid-Erkrankung überstanden haben, sich trotzdem jeden Tag testen lassen müssen. "Hier bin ich der Meinung, dass der persönliche Anwendungsbereich der Testpflicht zu weit geht und damit verfassungswidrig ist", teilt er mit.
Eine Mutter aus Aichach, die anonym bleiben möchte, steht manchen Corona-Maßnahmen kritisch gegenüber. Ihre Tochter besuche die achte Klasse des Gymnasiums in Aichach. Dort blieben trotz Testpflicht Regelungen wie Masken und Mindestabstand bestehen. "Grundsätzlich finde ich die Testpflicht sinnvoll. Ich verstehe aber nicht, warum andere Maßnahmen nicht gelockert werden können", sagt sie.
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