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Aichach-Friedberg: Naturschutz in der Region: Was bringen Blühstreifen wirklich?

Aichach-Friedberg

Naturschutz in der Region: Was bringen Blühstreifen wirklich?

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    Es sprießt und wächst und grünt: Der Kreisverkehr an der B2 in Kissing gilt als Beispiel für einen mustergültigen Blühstreifen. Zahlreiche Gemeinden in Friedberg und Umgebung achten nach eigener Aussage zunehmend auf Artenvielfalt.
    Es sprießt und wächst und grünt: Der Kreisverkehr an der B2 in Kissing gilt als Beispiel für einen mustergültigen Blühstreifen. Zahlreiche Gemeinden in Friedberg und Umgebung achten nach eigener Aussage zunehmend auf Artenvielfalt. Foto: Edigna Menhard

    Wie wichtig den Bürgern des Wittelsbacher Landes Artenvielfalt ist, haben sie beim Volksbegehren „Rettet die Bienen“ gezeigt: fast 21 Prozent der Wahlberechtigten unterschrieben. Darauf haben viele Gemeinden reagiert und begonnen, Blühstreifen anzulegen. „In Friedberg haben wir auf städtischen Flächen dieses Jahr circa vier Hektar wieder neu angesät“, berichtet Pressesprecher Frank Büschel. Diese finden sich unter anderem in der Nähe des BRK-Geländes und im Pallotti-Kreisel. Im Gemeindegebiet von Kissing blüht es zum Beispiel an den Kreisverkehren B2, Oberland und Waldweg sowie an der Paartalhalle (Ackerdemie). Karg sieht es dagegen in Mering aus.

    „Es wurden vor einigen Jahren auf Initiative eines Marktgemeinderates Blühflächen angelegt. Viel mehr ist allerdings danach nicht mehr geschehen“, berichtet Bürgermeister Florian Mayer. Nun sei das Thema aber wieder angestoßen worden.

    Blühstreifen: Auch immer mehr Privatpersonen und Landwirte engagieren sich

    Auch immer mehr Privatpersonen und Landwirte engagieren sich. Damit Blühflächen ökologischen Nutzen entfalten, sollten sie einige Voraussetzungen erfüllen: Es sollte regionales und standortgerechtes Saatgut verwendet werden. Die Flächen sollten dauerhaft angelegt sein und nur zweimal im Jahr gemäht werden, damit die Pflanzen aussamen können. Auf Mulchen sollte verzichtet werden.

    Recht kahl wirkt dieser Verkehrskreisel in Mering. Demnächst soll in der Kommune über Blühstreifen beraten werden, heißt es.
    Recht kahl wirkt dieser Verkehrskreisel in Mering. Demnächst soll in der Kommune über Blühstreifen beraten werden, heißt es. Foto: Edigna Menhard

    Stefan Höpfel, Vorsitzender der Kreisgruppe des Landesbundes für Vogelschutz, freut sich zwar, dass sich einiges getan hat, ist aber hinsichtlich des Ausgangs skeptisch: „Blühmischungen, die mal schnell schön wachsen und farbenfroh blühen, bringen was fürs menschliche Auge, vielleicht für ein paar Honigbienen. Das war es dann aber auch schon.“ Da im Herbst wieder gemäht wird, werde eine potenzielle Entwicklungsstätte der Larven vernichtet. Auch stehen die Pflanzen laut Höpfel recht dicht, sodass sich so gut wie kein Leben in den bodennahen Bereichen entwickeln kann, da es dort zu dunkel, zu feucht und zu kalt für Insekten ist.

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    Das ist schlecht, weil einer der Hauptbestäuber, Wildbienen, mehrheitlich im Boden leben. „Wildbienen tragen mit rund 30 Prozent zur Bestäubung aller Pflanzen bei, Honigbienen nur zu drei Prozent“, so Höpfel. Kritisch zu sehen sei auch, dass Blühstreifen häufig zu schmal gesetzt seien. Auch fehle Abstandsregelung zum Acker, sodass die Kräuter beim Spritzen der Felder mitbesprengt werden.

    In den Behörden ist man bemüht, diese Anforderungen umzusetzen. Franz Rieber, Leiter des Sachgebiets Naturschutz im Landratsamt, berichtet: „Potentiell geeignete Flächen, die von unserer Kreisstraßenverwaltung bewirtschaftet werden, wurden mit ökologisch hochwertigen Saatgutmischungen aufgewertet.“ Mähzeitpunkte und -häufigkeit wurden auf ökologische Belange angepasst, sodass das Straßenbegleitgrün nur im unbedingt der Verkehrssicherheit geschuldeten Umfang gepflegt wird.

    In vielen Kommunen gibt es sie schon: Blühstreifen an Straßenrändern bieten Lebensräume für Kleintiere.
    In vielen Kommunen gibt es sie schon: Blühstreifen an Straßenrändern bieten Lebensräume für Kleintiere. Foto: Brigitte Glas

    Flächen werden in Friedberg nur noch einmal pro Jahr gemäht

    In Friedberg werden seit 2019 viele Flächen nur noch einmal pro Jahr gemäht, um den Tieren eine Rückzugsmöglichkeit zu geben, wie Büschel erklärt. Die Grünflächen in der Innenstadt mähe man drei- bis viermal im Jahr und Mulchen habe man schon lange reduziert. Statt auf Pestizide zu setzen, entferne man Unkraut mit Heißwasser. Bauhofmitarbeiter erhalten Einweisungen zu Themen wie Heckenpflege.

    Ähnlich ist die Situation in Kissing, wie Bürgermeister Reinhard Gürtner erläutert: „Wir wollen in Erfahrung bringen, welches Saatgut unserer Bedürfnislage entspricht. Bei den verbleibenden Grünflächen im Gemeindegebiet wurde der Mähablauf angepasst. Die Wiesen als Vorplätze wie am Aufgang zur Paartalhalle bekommen auch Gelegenheit, ihre natürliche Blütenpracht zur Schau zu stellen.“ Beikrautbekämpfung erfolge nur mechanisch und thermisch.

    In Mering ist das Thema noch nicht so stark angegangen worden, wie Mayer einräumt. Derzeit versuche man den Einsatz von Pestiziden zurückzufahren. Der Bürgermeister verspricht sich zudem viel vom neuen Umweltausschuss, der im September über ein Mähkonzept und Blühstreifen beraten soll. Doch bringt dieses Engagement wirklich die erwünschten Erfolge? Laut dem Meringer Biologen Dr. Wolfhard von Thienen lässt sich das kaum abschätzen: „Es werden viel zu selten systematisch Daten über das Vorkommen der meisten Arten erhoben. Dank des Volksbegehrens soll es aber demnächst ein landesweites Monitoringprogramm geben.“

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