Startseite
Icon Pfeil nach unten
Friedberg
Icon Pfeil nach unten

Aichach-Friedberg: Meringer Pfarrer erhielt Corona-Impfung: "Heute schäme ich mich dafür"

Aichach-Friedberg

Meringer Pfarrer erhielt Corona-Impfung: "Heute schäme ich mich dafür"

    • |
    Der Meringer Pfarrer Thomas Schwartz wurde bereits im Januar gegen das Coronavirus geimpft.
    Der Meringer Pfarrer Thomas Schwartz wurde bereits im Januar gegen das Coronavirus geimpft. Foto: Bernhard Weizenegger

    Mit seinen 57 Jahren gehört der Meringer Pfarrer Thomas Schwartz nicht zur ersten Gruppe in der Impf-Reihenfolge gegen das Coronavirus. Dennoch wurde Schwartz bereits Anfang Januar als einer der Ersten im Landkreis geimpft. Das gab der Pfarrer auf Nachfrage zu und erläuterte im Gespräch mit unserer Redaktion auch die Hintergründe.

    Aktuell gibt es eine Diskussion um sogenannte Impfvordrängler. Unter anderem geriet der Augsburger Bischof Bertram Meier unter Druck. Auch mehrere Verwaltungsmitarbeiter der AWO Schwaben sollen sich im AWO-Heim in Friedberg impfen haben lassen, obwohl sie eigentlich noch gar nicht an der Reihe gewesen wären. Diese Diskussion lässt auch Thomas Schwartz nicht kalt.

    "Heute schäme ich mich dafür, aber Anfang Januar war es eine ganz andere Situation. Ich bin davon ausgegangen, dass es mit dem Impfen deutlich schneller geht, und habe gar nicht darüber nachgedacht", so Schwartz, der seit 2010 Pfarrer von St. Michael in Mering ist.

    Meringer Pfarrer wollte mit der Impfung ein Zeichen setzen

    Die Problematik mit sogenannten Impfvordränglern habe sich Anfang Januar nicht gestellt. "Ich habe das gar nicht als Privileg gesehen, sondern eher als Pflicht. Wenn ich mich als Pfarrer geweigert hätte, hätte ich doch die Impfskepsis verstärkt. Ich wollte auch ein Zeichen setzen und Hoffnung machen. Ich war richtig euphorisch."

    Im Caritas-Pflegeheim St. Agnes in Mering wurden bereits Anfang Januar die ersten Bewohner geimpft. Auch Pfarrer Thomas Schwartz war dabei.
    Im Caritas-Pflegeheim St. Agnes in Mering wurden bereits Anfang Januar die ersten Bewohner geimpft. Auch Pfarrer Thomas Schwartz war dabei. Foto: Heike John (Archivbild)

    Bereits im April 2020 habe sich Schwartz freiwillig für seelsorgerische Tätigkeiten während der Corona-Pandemie angeboten. "Da war vom Impfen noch lange keine Rede. Ich sah das als meine Pflicht an und habe auch die Impfung nicht hinterfragt."

    Als Seelsorger besucht Schwartz regelmäßig das Caritas-Altenheim St. Agnes in Mering, wo er Anfang Januar die erste und am 23. Januar auch die zweite Impfung erhielt: "Für mich war das auch kein Vordrängeln. Ich stand auf der Liste, weil ich dort Gottesdienste abhalte und zu den Bewohnern ans Sterbebett komme."

    Das bestätigt Klaus Mayinger, Einrichtungsleiter des Caritas-Seniorenzentrums St. Agnes: "Herr Schwartz ist mehrmals die Woche bei uns im Haus und stand deshalb auf unserer Liste." Zusammen mit Bewohnern und Mitarbeitern wurde der Pfarrer Anfang Januar im Meringer Heim geimpft: "Wir haben kurz vorher Bescheid gegeben. Das war alles relativ kurzfristig", erinnert sich Mayinger. Schwartz ist übrigens nicht der einzige Seelsorger, der in den beiden Meringer Caritas-Heimen geimpft wurde, wie die Geschäftsstelle in Augsburg bestätigte.

    Corona-Impfung: Pfarrer Schwartz steht als Seelsorger auf der Liste

    Schwartz erinnert sich noch gut an die Impfungen: "Ich wurde ein oder zwei Tage vorher angerufen. Da waren jetzt auch keine Impfdosen übrig oder Ähnliches. Ich stand ganz normal auf der Liste, nicht weil ich Pfarrer bin, sondern weil ich regelmäßig zu den Menschen komme."

    Der Meringer Pfarrer Thomas Schwartz wurde gegen Corona geimpft.
    Der Meringer Pfarrer Thomas Schwartz wurde gegen Corona geimpft. Foto: Bernhard Weizenegger

    Vor dem Hintergrund der Geschehnisse in den vergangenen anderthalb Wochen kam Schwartz aber ins Grübeln: "Die Debatte ist mittlerweile eine andere, auch weil das Impfen deutlich langsamer vorangeht als gedacht. Ich denke oft über meine Entscheidung nach."

    Schwartz machte seine Impfung nicht publik: "Warum sollte ich mich in den Vordergrund drängen. Ich habe aber auch nicht gelogen, sondern jedem davon erzählt, der mich gefragt hat." Aufgrund der aktuellen Geschehnisse könne Schwartz die Empörung über vermeintliche "Impfvordrängler" verstehen. "Es ist eine komplett andere Situation. Ich kann jeden verstehen, der jetzt sauer auf mich ist."

    Was sich für Pfarrer Schwartz durch die Impfung ändert

    Er selbst denke oft über die Thematik nach: "Mein 85-jähriger Vater fragt mich täglich, wann er endlich drankommt. Da bekomme ich dann schon ein schlechtes Gewissen. Aktuell würde ich mir eine Impfung sehr gut überlegen und wahrscheinlich zunächst ablehnen."

    Prinzipiell habe er aber von der Impfung bezüglich seiner Arbeit profitiert: "Ich hatte auch vorher schon wenig Angst, weil wir als Seelsorger in der Pandemie an die Front müssen. Aber die Impfung beruhigt einen schon. Das ist doch klar", so Schwartz, der nun aber keinen Freifahrtschein für Geimpfte sieht: "Es geht ja auch darum, das Virus nicht zu verbreiten. Ich trage nach wie vor eine Schutzmaske. Für mich ändert sich dadurch nicht viel."

    Lesen Sie dazu den Kommentar: Unberechtigte Corona-Impfungen schaden gesellschaftlichem Zusammenhalt

    Das könnte Sie auch interessieren:

    Verfrühte Corona-Impfungen lösen kontroverse Diskussion aus

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden