Beinahe täglich schließt in Deutschland eine Bäckerei. Die kleinen Handwerksbetriebe haben es immer schwerer. In den vergangenen Jahren sind auch aus dem Landkreis Aichach-Friedberg viele traditionelle Bäckereien verschwunden. Jüngstes Opfer ist die Bäckerei Dilger in Mering, die am Samstag letztmals ihre Türen für ihre Kunden öffnet. Eine Entwicklung, die viele mit Sorge sehen.
Sorgen machen sich derzeit auch die Meringer. Auf Facebook bedauern viele die Schließung der Bäckerei Dilger. "Sehr schade" und "wo bekomme ich künftig meinen Bienenstich her", heißt seitens vieler Nutzer.
Merchinger Bäcker setzt auf Tradition
Ein ähnliches Schicksal befürchteten die Menschen auch im benachbarten Merching im Jahr 2013. Nach mehr als 100 Jahren machte die Familienbäckerei Storch ihr Geschäft dicht. Doch anders als in anderen Gemeinden übernahm keine große Kette die Backstube.
Hubert Brennessel führt den Familienbetrieb seit 2014 weiter. Nicht nur der Name ist geblieben, sondern auch die Rezepte. Für den Bäckermeister war die Übernahme der Traditionsbäckerei die richtige Entscheidung: "Obwohl es schon ein steiniger Weg war. Man darf als kleiner Betrieb nie nachlassen. Fleiß und viel Arbeit gehören einfach dazu." Gerade nach dem Ausstieg von Partner Robert Schifferer ein Jahr nach der Eröffnung sei es schwierig gewesen.
Mittlerweile ist Brennessel aber längst in Merching angekommen: "Ich mache meinen Beruf gerne und die Kunden wissen unsere Arbeit zu schätzen", so Brennessel, der mittlerweile auch in Merching wohnt. Die Schließung der Bäckerei Dilger sieht er mit Sorge: "Das ist für Mering echt schade, denn es gibt dort keinen eigenen Bäcker mehr. Filialen haben natürlich auch ihre Berechtigung, aber die Geschmäcker sind verschieden. Es braucht beides." Brennessel sieht noch ein Problem: "Es ist schwierig, Nachwuchs zu bekommen." Auch Brennessel hätte dieses Jahr gerne einen Auszubildenden gehabt.
Der Augsburger Innungsmeister sieht die Entwicklung kritisch
Traditionsreich ist auch die Friedberger Bäckerei Scharold. Mittlerweile ist das Familienunternehmen auch über die Stadtgrenzen hinaus bekannt - 15 Filialen gibt es in der Region. Rainer Scharold ist nicht nur Friedberger Bäckermeister, sondern auch stellvertretender Obermeister der Augsburger Innung, zu der auch die Bäcker im Landkreis Aichach-Friedberg zählen. Der 41-Jährige kennt die Gründe, warum immer mehr kleine Bäcker zu machen: "Die Anforderungen an die Betriebe steigen. Die Kunden erwarten ein großes Sortiment rund um die Uhr. Für einen kleinen Bäcker ist das irgendwann nicht mehr zu schaffen."
Scharold sieht die Entwicklung mit Sorge: "Das ist sehr schade, aber kaum zu verhindern", so der Friedberger, der noch einen zweiten Grund nennt: "Oft hängt es auch an der Nachfolgeregelung. Die Anforderungen seitens des Staates werden ebenfalls höher. Häufig lohnt es sich für einen kleinen Bäcker nicht mehr, in teuere Technik zu investieren. Davor sperrt er lieber zu."
In den vergangenen Jahrzehnten sind viele Handwerksbetriebe verschwunden - nicht nur im Wittelsbacher Land. Laut Georg Schneider, ebenfalls Stellvertretender Obermeister der Bäckerinnung Augsburg gab es um 1950 noch 1608 Bäcker in Schwaben. Aktuell seien es noch 319. Schneider: "Bei jedoch annähernd gleicher Anzahl an Verkaufsstellen.“ Der Rückzug von Backbetrieben mache sich vor allem in ländlichen Regionen bemerkbar, so der 40-Jährige.
Ihle aus Friedberg ist Bayerns Marktführer
In Aichach-Friedberg ist neben vielen kleineren Betriebe auch Bayerns Marktführer Ihle beheimatet. Ihle hat sich vom kleinen Bäcker mit der ersten Filiale in Dasing zu einem großen Unternehmen mit bayernweit rund 250 Läden entwickelt. Im Laufe der Jahre hat sich das Friedberger Unternehmen an die Entwicklungen der Branche angepasst: "Früher kamen die Kunden fast ausschließlich vor 12 Uhr. Heute wollen die Menschen den ganzen Tag über die Backwaren genießen. Die Frische ist unser ganz großes Plus. Egal ob in der Früh oder am Abend, der Kunde bekommt zu jeder Tageszeit frische Ware. Da hat der kleine Bäcker natürlich ein Problem mit den Lagerkapazitäten", erzählt Geschäftsführer Willi-Peter Ihle.
Dass es immer weniger kleine Betriebe gibt, liege in erster Linie am fehlenden Nachwuchs. "Der Beruf hat keine hinreichende Lobby. Viele junge Leute wollen nicht so früh aufstehen, oder sie denken, dass der Beruf sehr anstrengend ist. Dabei hat der Beruf auch viele schöne Seiten," so Ihle. Um dem Nachwuchsmangel entgegen zutreten, betreibt die Friedberger Bäckerkette seine eigene Lehrlingsbackstube.
Kissinger Familie backt eigenes Brot
Einen anderen Weg hat die Familie Kratzer aus Kissing eingeschlagen. Die Familie verkauft ihr selbst gebackenes Brot auf Wochenmärkten, in Hofläden und Lebensmittelgeschäften in der Region. Das Besondere - die regionalen Brote sind weizenfrei. Zunächst backte Michael Kratzer für seinen Sohn Max, der keinen Weizen verträgt. Daraus wurde eine Geschäftsidee.
Michael Kratzer, gelernter Bäckermeister und Konditor, backt nur nebenberuflich. Doch mittlerweile nehme das Backen immer mehr Zeit in Anspruch. "Wir suchen nach einer Immobilie in Kissing und Umgebung. Wir würden gerne unseren eigenen Laden aufmachen", erzählt Ehefrau Ulrike Kratzer und fügt hinzu: "Nebenberuflich ist das kaum mehr zu machen. Ein eigener Laden wäre ein Traum."
Mit den niedrigen Preisen der großen Ketten könne die Familie Kratzer auch mit einem eigenen Laden nicht mithalten. Die Kratzers setzen auf ein anderen Konzept: "Wir sind in den vergangenen Jahren immer weiter gewachsen. Es gibt einen Trend hin zur Qualität. Die Menschen schätzen das Handwerk wieder mehr. Wir bekommen viel Zuspruch", so Ulrike Kratzer. (mit nist)
Lesen Sie dazu den Kommentar: Letzte Stunden für den Meringer Dilger: Kunden können kleine Bäcker stützen
Lesen Sie dazu auch:
- Bäckereien im Wandel der Zeit: "Heute müssen wir Satte hungrig machen“
- 125 Jahre Ihle: Vom kleinen Freiluft-Backofen zur Großbäckerei
- Das Ala Turka bringt Leben in die Friedberger Innenstadt