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Aichach-Friedberg: Ausbildung in der Corona-Pandemie: Zwischen Zuversicht und Skepsis

Aichach-Friedberg

Ausbildung in der Corona-Pandemie: Zwischen Zuversicht und Skepsis

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    So sieht die Ausbildung in Corona-Zeiten aus. Selina Steber (rechts), die früher als Stockschützin mit dem TSV Kühbach Erfolge feierte, ist Auszubildende bei Elektro-Treffler in Friedberg. Sie arbeitet im Team mit Monteur Dominik Kraus.
    So sieht die Ausbildung in Corona-Zeiten aus. Selina Steber (rechts), die früher als Stockschützin mit dem TSV Kühbach Erfolge feierte, ist Auszubildende bei Elektro-Treffler in Friedberg. Sie arbeitet im Team mit Monteur Dominik Kraus. Foto: Marlene Volkmann

    Um etwa zehn Prozent ging die Zahl der Ausbildungen im Bereich der Industrie- und Handelskammer Schwaben 2020 zurück. Das ist bayernweit der beste Wert. Allerdings sind die einzelnen Branchen unterschiedlich stark betroffen. Erschwert die Corona-Pandemie die Lehrstellensuche? Unternehmen und Schulen im Raum Friedberg schätzen die Situation unterschiedlich ein.

    Auswirkungen von Corona: Skepsis an der FOS/BOS Friedberg

    Skeptisch sieht Gerda Alber die Situation. Die Beratungslehrkraft an der FOS/BOS in Friedberg befürchtet, dass ein Teil der Ausbildungsplätze wegfallen wird. Unter den Schülern herrsche große Verunsicherung. Auch Praktika seien momentan schwieriger und Online-Vorstellungsgespräche ein Problem. Falls die Corona-Impfungen bis Sommer größtenteils abgeschlossen sind, würde sich das Thema aber erledigen, schätzt die Beratungslehrerin.

    Ihre eigenen Klassen seien jetzt besser vorbereitet als im vergangenen Jahr, der Lehrplan sei ausgedünnt worden. Diese Entscheidung habe ihr viel Freiraum zum Üben gegeben. Alber glaubt nicht, dass die Schüler dieses Jahr einen großen Nachteil haben werden. Ihre erwachsenen Schüler seien außerdem daheim nicht abgelenkt und die Technik funktioniere. Ein Vorteil: Die Abschlussklassen sind schon länger wieder regelmäßig im Präsenzunterricht. Zudem hat die Schule sogenannte iPad-Klassen und nutzt regelmäßig technische Hilfsmittel.

    Während der Corona-Pandemie war der Unterricht nur eingeschränkt möglich.
    Während der Corona-Pandemie war der Unterricht nur eingeschränkt möglich. Foto: Annette Riedl, dpa (Symbolbild)

    Ein Problem sieht die Lehrerin bei den elften Klassen. Alber: "Diese waren schon im vergangenen Jahr im Lockdown und man merkt die Lücken von den vorherigen Schulen." Außerdem komme es auf den Hintergrund der Schüler an: Ob diese in bildungsnahen oder -fernen Haushalten leben, sei ein Faktor.

    Arbeitsagentur bestätigt: Weniger Ausbildungsplätze

    Elsa Koller-Knedlik ist Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit in Augsburg. Sie bestätigt, dass es im Landkreis Aichach-Friedberg derzeit weniger Ausbildungsstellen gebe als zur gleichen Zeit des Vorjahres. Stand Mitte März 2021 waren 574 Stellen gemeldet und damit 90 Stellen weniger als 2020. Doch auch die Zahl der gemeldeten Bewerber im Wittelsbacher Land ist um knapp 30 Prozent zurückgegangen und lag bei 315 Ausbildungssuchenden.

    Koller-Knedlik betont aber, dass diese Zahlen nicht beunruhigend seien, da durch Corona vieles langsamer gehe. Sie rechnet damit, dass der Ausbildungsmarkt erst in den nächsten Wochen an Dynamik gewinne. Sie appelliert gleichzeitig an alle Firmen, denen es möglich ist, in nächster Zeit Praktika – auch für Schüler mit nicht so guten Noten – und im September Lehrstellen anzubieten. Schließlich bildeten die Firmen damit Fachkräfte aus, die in den nächsten Jahren dringend wieder gebraucht würden.

    Die Augsburger Agentur-Chefin ist auch zuversichtlich, dass die im vergangenen Jahr eingeführte Ausbildungsprämie weiter aufgestockt wird. Durch sie bekommen kleine und mittelständische Firmen, die trotz großer Umsatzeinbrüche und Kurzarbeit ihre Ausbildungsplätze erhalten oder ausbauen, bis zu 3000 Euro pro Ausbildungsplatz. 180 dieser Prämien seien im Agenturbezirk Augsburg bisher ausgezahlt worden.

    Lehrstellen: Zuversicht an der Mittelschule Dasing

    Jutta Aichmüller, die die Berufseinsteiger der Mittelschule Dasing betreut, berichtet, dass die Situation sich für ihre Schulabgänger erfreulich gestaltet. Zwar machen Eltern sich Sorgen, dass ihre Kinder wegen der Pandemie schlechtere Chancen haben könnten. Dies sei aber noch nicht eingetreten. Es gebe auch nicht weniger Chancen, einen Ausbildungsplatz zu bekommen, erklärt sie.

    "Eine gewisse Unsicherheit bezüglich der möglichen Auswirkungen ist sicherlich vorhanden", so Aichmüller. Allerdings habe man schon viele positive Entwicklungen gestalten können. Insgesamt würden sie sich derzeit auf einem sehr guten Weg befinden. "Für die Betriebe ist die Situation sicherlich auch nicht einfach, umso erfreulicher sind die bereits geschlossenen Ausbildungsverträge", erklärt die Pädagogin.

    Ob mein Kind eine Lehrstelle findet? In der Pandemie machen sich Eltern Sorgen um die Chancen ihrer Kinder.
    Ob mein Kind eine Lehrstelle findet? In der Pandemie machen sich Eltern Sorgen um die Chancen ihrer Kinder. Foto: Alexander Kaya (Symbolbild)

    Eine Praktikumswoche habe es noch im vergangenen Herbst vor dem Lockdown gegeben, unter Einhaltung der damals geltenden Corona-Regeln. Vor Ostern, sagt sie, werden keine Praktika stattfinden. "Wir hoffen darauf, nach den Osterferien wieder flexibel, dem Wechselunterricht optimal angepasste Lösungen anbieten zu können", sagt Aichmüller. Praktika böten auch unter diesen ungewöhnlichen Bedingungen einen großen Mehrwert und seien eine gute Erfahrung auf dem Weg zu einem konkreten Berufswunsch.

    Aichacher Schulleiter: Bewerbung ist schwieriger

    Franz Negele ist Schulleiter der Mittelschule in Aichach. Er glaubt nicht, dass den diesjährigen Schulabgängern wegen Corona am Ende weniger Lehrstellen zur Verfügung stehen würden. Die Bewerbung gestalte sich jedoch etwas schwieriger, allein schon deshalb, weil es erst am 5. März Zwischenzeugnisse gab und diese in vielen Firmen vorgelegt werden sollen. Unternehmen, bei denen des Bewerbungsverfahrens schon läuft, laden die Schüler laut Negele aber auch zu Praktika ein, um zu prüfen, ob sie geeignet sind.

    Dass wegen Corona weniger Praktika vergeben werden, zeigt sich nach Auskunft des Schulleiters in der achten Jahrgangsstufe. Von 70 Schülern haben diesmal neun kein Praktikum bekommen. In normalen Jahren würden alle Schüler untergebracht, so Negele.

    Aichacher Gastronom stellt trotz Corona ein

    Eine Branche, die von der Corona-Krise besonders stark betroffen ist, ist das Hotel- und Gaststättengewerbe. Kaspar Wagner ist stellvertretender Kreisvorsitzender des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbands Dehoga. Trotz des langen Lockdowns in der Gastronomie will der Chef des Hotels und Gasthofs Wagner im Aichacher Stadtteil Untergriesbach im September auf jeden Fall neue Lehrlinge einstellen.

    Da die Gastronomie eh Probleme hat, Personal zu finden, sagt Wagner: „Wir sind um jeden froh, der sich bei uns bewirbt.“ In den Osterferien macht ein Jugendlicher ein Praktikum als Koch – zur Not nur für Speisen zum Mitnehmen. Zudem würde Wagner gerne noch einen Auszubildenden zur Hotelfachkraft und zur Restaurantfachkraft einstellen. „Irgendwann muss es ja wieder normal weiterlaufen“, macht er sich und seiner Branche Mut.

    Gute Stimmung bei den Unternehmen

    Die Zahl der Bewerber um eine Ausbildung sei bei seiner Firma etwa gleich geblieben, sagt Johannes Ankner. Einen leichten Anstieg hat es aber bei den Bewerbungen um ein Praktikum gegeben, erzählt er. Vielleicht auch, weil die Leute in anderen Betrieben nicht hätten arbeiten können, ist Ankners Überlegung. Neue Azubis müssen außerdem nicht auf praktisches Arbeiten verzichten: Seine Lernenden seien alle da, sagt der Laimeringer Firmenchef. Jeder könne an seinem Arbeitsplatz arbeiten und sich in den Hallen mit ausreichend Abstand begegnen. Derzeit könnten außerdem die Mitarbeiter im Außendienst nicht einfach herein.

    Wegen einer Lehrstelle müssen sich Schulabgänger im Wittelsbacher Land keine Sorgen machen.
    Wegen einer Lehrstelle müssen sich Schulabgänger im Wittelsbacher Land keine Sorgen machen. Foto: bluedesign/Fotolia (Symbolbild)

    Erst vorige Woche haben Sie einen Auszubildenden eingestellt, sagt Thomas Treffler von Elektro-Treffler. Die Friedberger Firma hatte etwa gleich viele Bewerber gehabt wie in der Vergangenheit, Praktikanten seien allerdings weniger gekommen. Der Unternehmer weiß: Bei den Ausbildungen wirken sich Phänomene wie die Pandemie ein Jahr verzögert aus. Weggebrochen seien allerdings Angebote wie die Jobbörse oder der Berufsinformationsabend der Mittelschule. Bei diesen Terminen ist der Friedberger Betrieb immer dabei, um sich den Schülern vorzustellen. Auch deshalb gab es vielleicht weniger Bewerber um Praktikumsplätze, vermutet Treffler.

    Trotz der notwendigen Hygienemaßnahmen gebe es Möglichkeiten, ihre Lehrlinge zu unterweisen, sagt Treffler. "Es gibt ausreichend große Besprechungsräume und ein großer Teil der Arbeit findet unter freiem Himmel statt. Wenn es geht, werden also die Abstände eingehalten, und durch Masken sind die Auszubildenden und Ausbilder geschützt", so Treffler. Außerdem habe jeder Lehrling einen direkten Ansprechpartner. Gearbeitet wird in Zweiergruppen in festen Teams. So arbeiten Auszubildende Selina Steber und Monteur Dominik Kraus als Duo zusammen. Die Schule findet im Moment online statt, mit wenigen Präsenztagen. "Mit Einschränkungen läuft der Betrieb weiter", sagt der Firmenchef.

    Lesen Sie dazu den Kommentar: Corona bleibt ein Problem - auch für Berufseinsteiger

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