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Aichach-Friedberg: Alkohol, Medikamente, Depression: Verstärkt Corona die Suchtgefahr?

Aichach-Friedberg

Alkohol, Medikamente, Depression: Verstärkt Corona die Suchtgefahr?

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    Wegen der Corona-Krise verschärft sich die Suchtproblematik auch im Kreis Aichach-Friedberg,.
    Wegen der Corona-Krise verschärft sich die Suchtproblematik auch im Kreis Aichach-Friedberg,. Foto: Patrick Pleul, dpa (Symbolfoto)

    Immer häufiger geht eine Suchterkrankung einher mit einer psychischen Störung oder Erkrankung. Doppeldiagnosen nehmen deshalb zu. Gleichzeitig werden die Fälle schwieriger und komplexer. Bei einem Drittel bis zur Hälfte der Fälle verbirgt sich eine Depression dahinter, so die Beobachtung von Monika Heitzinger-Furchner. Sie leitet die Suchtfachambulanz der Caritas in Aichach, Friedberg und Mering.

    „Das hat allerdings nicht nur mit der Corona-Pandemie zu tun, auch wenn diese Entwicklung dadurch verstärkt wurde.“ Heitzinger-Furchner sieht die Suchtfachambulanz für diese Herausforderung gut aufgestellt. Mit zu dieser Bewertung trägt bei, dass Philipp Frommelt (32) zur Suchtfachambulanz neu dazugestoßen ist.

    Sucht: Alkoholismus wird oft als Versagen gesehen

    Der neue Kollege bringt nicht nur ein reiches Wissen aus seinem Studium der Sozialen Arbeit in Kempten mit. Frommelt hat davor jahrelang als Gesundheits- und Krankenpfleger in der Akutpsychiatrie in der Lech-Mangfall-Klinik in Landsberg am Lech gearbeitet. „Dort kam ich mit Menschen direkt in den Kontakt, die unter einer psychischen Erkrankung und/oder einer Suchterkrankung stark litten“, erzählt er. Für Monika Heitzinger-Furchner sind diese beruflichen Erfahrungen in der Suchtberatung Gold wert.

    Frommelt hatte sich während seiner Arbeit als Gesundheits- und Krankenpfleger immer häufiger gefragt: „Was kann ich tun, damit ich den Menschen auf eine neue Lebensspur ohne Alkohol setzen kann? Was kann ich im Sinne einer Prävention dafür tun, dass diese Menschen nicht in eine Klinik eingeliefert werden müssen?“ Antworten suchte er deshalb im Studium der Sozialen Arbeit.

    Neu bei der Suchtfachambulanz der Caritas im Landkreis Aichach-Friedberg ist Philipp Frommelt.
    Neu bei der Suchtfachambulanz der Caritas im Landkreis Aichach-Friedberg ist Philipp Frommelt. Foto: Bernhard Gattner

    Gesundheitsförderung, Prävention und lösungsorientierte Beratung wurden zu seinen Schwerpunkten im Studium. „Wo und wie kann ich den Menschen darin stärken, seine eigenen Ressourcen, also Begabungen, Interessen, Neigungen und auch persönliche Erfahrungen aus früheren Erfolgserlebnissen, so zu nutzen, dass er selbst die Spur seiner Sucht zu verlassen lernt?“

    Dass eine Sucht- oder Alkoholabhängigkeit von zu vielen in der Gesellschaft als Versagen gewertet wird, sieht der 32-jährige Suchtberater als ein großes Problem und als starke Belastung für Betroffene. Die Folge: Man schäme sich. Wenn man ständig höre, man sei eine Schande, ein Versager, man sei blöd, dann „verstärken diese Pauschalaussagen das eigene Schuld- und Versagensgefühl der Erkrankten.“ Aus diesem „emotionalen Strudel“ (Heitzinger-Furchner) herauszukommen, sei alles andere als einfach. „Sie strampeln nur noch, um wieder an Land zu kommen.“

    Suchtberatung in Aichach-Friedberg: Schritte aus der Abhängigkeit

    Wenn die Klienten anfangen, ganz offen und ehrlich zu erzählen, merkt er, dass genau dieses Erzählen und sein geduldiges Zuhören der erste Schritt dazu sein können, die eigene Seele zu entlasten und die ersten anfänglichen Schritte zur Veränderung zu gehen.

    „Die Menschen müssen das spüren können, dass das, was sie sagen, wirklich bei mir ankommt. Sie müssen dabei auch spüren können, dass sie auch mit ihrer Suchterkrankung sehr wohl sehr viel wert sind.“ Ansonsten würden sie sich nicht trauen, aus sich herauszugehen und „so ihre Seele zu entlasten.“ Fachleute nennen es „Psychohygiene“. Damit sprächen die Klienten zum ersten Mal seit sehr langer Zeit offen aus, unter welchem Leidensdruck sie stünden und wie verzweifelt sie eigentlich seien.

    Wenn dies geschehe, dann könne es gelingen, gemeinsam mit den Betroffenen deren Ressourcen, Stärken, positive Erfahrungen und frühere Hobbys „hervorzukramen“ und so einen gangbaren Weg raus aus dem Suchtdruck zu entfalten. Und das erfüllt ihn besonders.

    Kontakt zur Suchtberatung in Aichach und Mering

    Frommelt wird nicht nur in Aichach in der Suchtfachambulanz in der Münchner Straße 19 arbeiten, sondern auch die Außensprechstunde in Mering übernehmen. Nach aktueller Planung wird er dort ab dem 7. März im Büro im Papst-Johannes-Haus in der Herzog-Wilhelm-Straße 5 jeden Donnerstag anzutreffen sein. Die Termine an allen Dienststellen werden aber über die zentrale Telefonnummer der Suchtfachambulanz in Aichach unter Telefon 08251/873480 vermittelt.

    Das bietet die Suchtberatung der Caritas in Aichach-Friedberg

    • Gespräche: Einzel-, Paar-, Familien- und Gruppengespräche
    • Therapie: Vorbereitung und Vermittlung ambulanter und stationärer Behandlung
    • Nachsorge: Unterstützung nach der Behandlung
    • Drogen: Information und Beratung bei Gefährdung oder Abhängigkeit von Alkohol, Medikamenten, illegalen Drogen, Nikotin
    • Suchtverhalten: Information und Beratung bei Essstörungen und nicht stoffgebundenen süchtigen Verhaltensweisen (z. B. Spielsucht, riskanter Medienkonsum)
    • Angehörige: Information und Beratung für Angehörige, Freunde, Vorgesetzte und sonstige andere Bezugspersonen
    • Vorsorge: Organisation und Durchführung von Präventionsveranstaltungen
    • Außensprechstunden: in Friedberg und Mering (Terminvereinbarung über Aichach)

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