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Aichach-Friedberg: Aichach-Friedberg will unbedingt beide Kliniken erhalten

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Aichach-Friedberg will unbedingt beide Kliniken erhalten

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    Wird es gelingen, beide Krankenhäuser im Wittelsbacher Land auf Dauer zu sichern? Im Fall des Falles könnte auch die Klinik in Friedberg (unser Foto) zur Disposition stehen.
    Wird es gelingen, beide Krankenhäuser im Wittelsbacher Land auf Dauer zu sichern? Im Fall des Falles könnte auch die Klinik in Friedberg (unser Foto) zur Disposition stehen.

    Die Sicherung beider Klinikstandorte im Wittelsbacher Land ist das erklärte politische Ziel des Kreistags von Aichach-Friedberg. Die am Mittwoch in einer nicht öffentlicher Sondersitzung beschlossene Trennung von Klinik-Geschäftsführer Krzysztof Kazmierczak soll den dazu nötigen Neubeginn ermöglichen.

    Klinik-Chef Dr. Krzysztof Kazmierczak muss seinen Posten räumen.
    Klinik-Chef Dr. Krzysztof Kazmierczak muss seinen Posten räumen.

    Ob dies tatsächlich gelingen wird, ist freilich offen. Während sich der Fraktionsvorsitzende der CSU, Peter Tomaschko, zuversichtlich zeigte, sprach sein Kollege von der SPD, Roland Fuchs, vom „Prinzip Hoffnung“. Fest steht bislang nur: Ein Defizit von zehn Millionen Euro pro Jahr kann und will sich der Landkreis auf Dauer nicht leisten.

    Lage der Kliniken an der Paar verschlechtert sich massiv

    Seit dem Frühling ist klar, dass sich die wirtschaftliche Lage der Kliniken massiv verschlechtert hat. In den ersten vier Monaten des Jahres 2019 ging die Zahl der behandelten Patienten in beiden Krankenhäusern des Landkreises dramatisch zurück. Sollte diese Entwicklung anhalten, würde das kalkulierte Defizit bis Jahresende auf fast elf Millionen Euro explodieren.

    „Wir müssen in den nächsten Monaten radikale Maßnahmen ergreifen, um die Leistungs- und Kostensituation der Kliniken zu stabilisieren“, mahnte Geschäftsführer Krzysztof Kazmierczak in einer vertraulichen E-Mail an die Mitglieder des Werkausschusses, die unserer Zeitung vorliegt. Geschäftsleitung und Chefärzte erhielten den Auftrag, eine Gegenstrategie zu entwickeln, die der Ausschuss Ende Juli beschloss: Mit der Neustrukturierung, die ab Oktober beginnt und zum Jahresbeginn voll greifen soll, sollen Effizienz und Einnahmen steigen.

    Krisengespräch mit Kreisräten und Bürgermeistern von Aichach und Friedberg

    Doch dann überschlugen sich die Ereignisse: Vor eineinhalb Wochen lud Landrat Klaus Metzger den Ältestenrat des Kreistags und die Bürgermeister Klaus Habermann (Aichach) und Roland Eichmann (Friedberg) ein. Einziges Thema sei der Nachtragswirtschaftsplan 2019 mit dem Finanzplan für die Jahre ab 2020 für die Kliniken gewesen, so das Landratsamt in einer Mitteilung. Im Finanzplan sei von der Geschäftsführung ein Defizit für die nächsten drei Jahre von über 30 Millionen Euro prognostiziert worden.

    Der Ältestenrat sei sich weitestgehend einig gewesen, dass der vom Geschäftsführer vorgelegte Plan den Landkreis in den nächsten Jahren finanziell komplett überfordern würde. Es habe auch keine Vorschläge für zukunftsfähige Ideen und Strategien zur effektiven Reduzierung des prognostizierten Defizits gegeben, heißt es weiter. Einzige Alternative aus Sicht von Kazmierczak: die Schließung eines der beiden Krankenhäuser im Landkreis.

    Ein Dutzend Gegenstimmen im Kreistag von Aichach-Friedberg

    Nach intensiver Diskussion und einer Empfehlung, personelle Konsequenzen zu ziehen, seien innerhalb der kürzest möglichen Ladungsfrist Werkausschuss und Kreistag zu Sitzungen einberufen worden. Am Mittwoch wurde dann die Trennung beschlossen. Nach Informationen unserer Zeitung gab es rund ein Dutzend Gegenstimmen. So stellten sich Anne Glas (Unabhängige) und ihre Fraktion vor, „dass man Herrn Dr. Kazmierczak in dieser schwierigen Situation seine Arbeit machen lässt“.

    Dass sich, auch aufgrund der schwierigen Rahmenbedingungen und des Neubaus in Aichach Defizite anhäufen würden, sei klar gewesen. „Was uns nicht gefällt, ist, dass man jetzt die Pferde wechselt“, so Glas. Kazmierczak habe jahrelang sehr gute Arbeit gemacht. Nächstes Jahr stünden die Budgetverhandlungen mit den Krankenkassen an. Ob eine neue Geschäftsführung die Erfahrung und das nötige Durchsetzungsvermögen habe, um dabei ein erträgliches Ergebnis zu erzielen, müsse man erst sehen. Die Aufgabe, die auf den Nachfolger warte, sei enorm groß.

    Hier fiel am Mittwoch die Entscheidung über die Zukunft des Klinik-Geschäftsführers: Der Sitzungssaal im Landratsamt.
    Hier fiel am Mittwoch die Entscheidung über die Zukunft des Klinik-Geschäftsführers: Der Sitzungssaal im Landratsamt.

    „Wir wissen, dass es wahnsinnig schwierig ist, jemanden auf die Schnelle zu finden, der das Zeug dazu hat, Lösungen zu finden“, so Glas. Bis mit externer Hilfe eine neue Geschäftsführung installiert ist, sollen Peter Schiele und Georg Großhauser vom Landratsamt diese Aufgabe übernehmen.

    „Es ist wie im Fußball: Letztlich ist der Trainer der Schuldige“, sagte SPD-Fraktionschef Roland Fuchs unserer Zeitung. Ein Defizit in der prognostizierten Höhe ist für ihn undenkbar – es würde nicht nur den Kreis überfordern, sondern auch die Städte und Gemeinden, die eine um sieben Punkte höhere Umlage an den Kreiskämmerer überweisen müssten. Ob die Trennung von Kazmierczak aber das Allheilmittel sei, steht aus Fuchs’ Sicht nicht fest. „Über die Zukunftsaussichten hat man sich noch keine großen Gedanken gemacht. Bislang weiß niemand, was die Lösung ist“, sagte er.

    Der CSU-Fraktionsvorsitzende Peter Tomaschko sieht nun das gesamte Klinikpersonal für einen Neuanfang gefordert. Er verweist auf Spitzenmedizin, hervorragende Ärzte und Pflegekräfte und die gute Infrastruktur in den beiden Häusern.

    Geringe Belegung der Kliniken an der Paar

    Allerdings seien die Leistungen, die die Kliniken erbringen könnten, nicht mehr erbracht worden. Gewisse Abläufe hätten nicht mehr gestimmt, räumte er ein und sprach von Verschleißerscheinungen: „Es war kein Klima mehr für eine gute Zusammenarbeit. Aber es liegt nie nur an einer Person allein.“ Die Belegung ist offenbar auf unter 70 Prozent gesunken. dennoch zeigte sich Tomaschko überzeugt, dass die Kehrtwende zu schaffen sei, um beide Häuser zu erhalten.

    Auch Landrat Klaus Metzger (CSU) betont: „Weil ein Krankenhaus nicht ausschließlich unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu betrachten ist, ist es klarer politischer Wille des Kreistages, beide Standorte in kommunaler Hand für die Grund- und Regelversorgung der Menschen im Wittelsbacher Land dauerhaft zu sichern – entgegen den aktuellen Tendenzen der Bundespolitik.“

    50 Millionen Euro teurer Neubau in Aichach

    Der Aichacher Bürgermeister Klaus Habermann (SPD), der schon zuvor die Ablösung Kazmierczaks gefordert hatte, sagte mit Blick auf die Standorte in Aichach und Friedberg: „Beide Häuser haben eine Existenzberechtigung.“ Der Landkreis habe viel Geld investiert – sowohl in Friedberg als auch in den insgesamt 50 Millionen Euro teuren Neubau in Aichach. „Es kann nicht sein, dass man so viel investiert und dann mit leeren Händen dasteht“, so Habermann.

    Das Aichacher Krankenhaus: Der rund 50 Millionen Euro teure Neubau ist seite Ende 2018 in Betrieb. Rechts ist der Altbau zu sehen.
    Das Aichacher Krankenhaus: Der rund 50 Millionen Euro teure Neubau ist seite Ende 2018 in Betrieb. Rechts ist der Altbau zu sehen.

    Allerdings prognostiziert eine Studie der Bertelsmann-Stiftung, dass in den nächsten Jahren mehr als die Hälfte der deutschen Krankenhäuser verschwinden könnte – ein Trend, den auch die Berliner Gesundheitspolitik fördert. Auch im Wittelsbacher Land bliebe dann nur eine Klinik übrig. Angesichts der räumlichen Nähe zu Augsburg und des weitaus moderneren Hauses in Aichach müsste dies nicht zwangsläufig Friedberg sein, heißt es hinter vorgehaltener Hand.

    Was passiert, falls Friedberg schließt?

    Offen aussprechen mag das ein halbes Jahr vor der Kommunalwahl niemand. Dennoch gibt es im Stadtrat auch Stimmen, die frühzeitige Überlegungen anmahnen, zu welchem Zweck das Friedberger Krankenhaus sonst noch dienen könnte. Schließt der Landkreis die Klinik, dann fällt das Grundstück an der Herrgottsruhstraße wieder zurück an die Stadt.

    Lesen Sie dazu den Kommentar von Christian Lichtenstern Kliniken an der Paar stecken tief in der Krise

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