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Friedberg/Gersthofen: 87-jähriger Käsedieb steht heute vor Gericht

Friedberg/Gersthofen

87-jähriger Käsedieb steht heute vor Gericht

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    Drei abgepackte Stücke Käse wollte ein Rentner aus Gersthofen in Friedberg stehlen. Jetzt steht er vor dem Gericht in Aichach.
    Drei abgepackte Stücke Käse wollte ein Rentner aus Gersthofen in Friedberg stehlen. Jetzt steht er vor dem Gericht in Aichach. Foto: Günter Jansen (Symbolbild)

    Ende März hatte ein 87-jähriger Mann in Friedberg drei Stücke Käse im Wert von insgesamt 4,55 Euro gestohlen. „Ich hatte Heißhunger und war verzweifelt“, sagte er danach. Nur einen Monat später steht er deswegen vor Gericht. Der Prozess beginnt am Mittwoch um 9.30 Uhr am Amtsgericht in Aichach, geleitet von Richter Walter Hell. Der alte Mann, der in Gersthofen lebt, hatte unserer Redaktion gesagt, er habe kein Geld. Nur 200 Euro im Monat stünden im frei zur Verfügung.

    Viele wollen dem Käsedieb aus Gersthofen helfen

    Er erzeugte eine Welle der Hilfsbereitschaft unserer Leser. Viele wollten ihm etwas Gutes tun, sahen die Anzeige gegen ihn als überzogen an. Andere vertraten den Standpunkt, Diebstahl sei Diebstahl. Auch der Augsburger Anwalt Ralf Schönauer hatte sich auf unsere Berichterstattung hin gemeldet und angeboten, dem Mann kostenlos Rechtsbeistand zu leisten. Er vertritt ihn nun.

    Der 87-Jährige muss sich nicht das erste Mal wegen Diebstahls verantworten. Franz S. * (Name geändert) hatte bereits vor zwei Jahren gestohlen und muss eine Geldauflage von 700 Euro in Raten abstottern. Die Vorstrafe ist laut Richter Hell das Problem. Dem Rentner droht nun eine Strafe, die sich wegen der Bewährung, unter welcher er steht, zwischen einer Geldzahlung und Gefängnis von bis zu fünf Jahren bewegen kann.

    Friedberger Käsedieb weckt Erinnerungen an "Oma Ingrid" aus Bad Wörishofen

    Der Fall weckt Erinnerungen an eine andere Geschichte, über die unsere Redaktion berichtet hatte: die 85 Jahre alte Ingrid Millgramm aus Bad Wörishofen. Auch diese alte Frau hatte mehrmals gestohlen und gegen Bewährungsauflagen verstoßen und musste deshalb hinter Gitter, um einen Teil ihrer Gesamtstrafe abzusitzen. Kurz nach ihrer Entlassung stahl sie erneut, Waren im Wert von 18,73 Euro – Wimperntusche, Puder, Reinigungsmilch, Sahnesteif und Haarklammern. Das Landgericht Memmingen entschied daher kürzlich, dass sie noch einmal in Haft muss, und zwar vier Monate. Die alte Frau, die inzwischen im Rollstuhl sitzt, hatte bestritten, die Dinge gestohlen zu haben. Ihr Anwalt kann das Urteil noch anfechten.

    Was sagt das Gericht in Aichach?

    Laut Richter Hell sind die beiden Fälle durchaus miteinander vergleichbar. Prinzipiell gilt auch, dass Alter nicht vor Strafe schützt. Allerdings wirkt es sich indirekt doch aus. Daniela Lichti-Rödl, Pressesprecherin des Amtsgerichts Aichach, hatte unserer Redaktion erklärt: Ein älterer Mensch wie Franz S. sei tendenziell strafempfindlicher, ein Haftaufenthalt würde ihm stärker zusetzen. Dieser Umstand werde einbezogen. Auch nachlassende Geisteskraft, wie sie hauptsächlich bei Senioren vorliegt, könne sich strafmildernd auswirken.

    Im März hatte Franz S. in dem Geschäft versucht, abzuwenden, dass die Ladenbesitzerin die Polizei ruft. Er habe ihr versprochen, den Käse bei nächster Gelegenheit zu bezahlen, berichtete er unserer Redaktion, räumte aber auch ein: „Vor zwei Jahren wurde ich im selben Laden schon mal erwischt.“ Der Gersthofer, der früher einen Schreinereibetrieb hatte, ist vereinsamt und sozial isoliert. Auf Hilfsangebote wie das der Tafel, die bedürftige Menschen mit Lebensmitteln versorgt, möchte er nicht zurückgreifen. Er habe seinen Stolz, sagte er. (mit tril, alf)

    Lesen Sie auch unseren Bericht: Friedberger Käse-Dieb (87) erzählt: "Ich hatte Hunger"

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