Das Dillinger Johann-Michael-Sailer-Gymnasium kämpft seit Jahren um die moderne Sprachenfolge. Demnach sollen die Schüler den Sprachenzweig auch dann wählen können, wenn sie nicht Latein lernen. Also mit drei modernen Fremdsprachen Englisch, Französisch und Spanisch. Schulleiter Kurt Ritter erklärt die Situation am Sailer: „Bisher muss ein Schüler, der sich in der sechsten Jahrgangsstufe (nach Englisch) für Französisch entscheidet, den naturwissenschaftlichen Zweig wählen.“ Denn bisher dürfe nur mit Latein eine dritte Fremdsprache gewählt werden.
Für Ritter geht es grundsätzlich um die Zukunft des Sprachenzweigs am Sailer, das auf eine jahrhundertelange Tradition als humanistisches Gymnasium mit den Sprachen Latein und Altgriechisch zurückblickt. Die mittlerweile kleine Gruppe von Schülern des humanistischen Zweiges sei jedoch „organisatorisch zwingend an eine tragfähige Gruppe, die Spanisch als dritte Fremdsprache erlernt, gebunden“. Die Zukunft des Sprachenzweigs hänge auch davon ab, dass Gymnasiasten – ohne Latein zu wählen – drei moderne Fremdsprachen lernen können. Ritter sagt: „Wir sind davon überzeugt, dass sich auch einige Schülerinnen und Schüler, die Französisch als zweite Fremdsprache gewählt haben, für das Sprachliche Gymnasium mit Spanisch als dritter Fremdsprache entscheiden würden. Diese Schülergruppen sichern die Existenz des Sprachlichen Gymnasiums.“
Wie machen es die anderen Schulen?
Die moderne Sprachenfolge wird im Landkreis gegenwärtig am Wertinger Gymnasium und dem Dillinger St.-Bonaventura-Gymnasium angeboten. Es gehe dabei aber nicht, wie Ritter versichert, um eine Profilierung gegenüber den Nachbarschulen, sondern um den Erhalt der sprachlichen Ausbildungsrichtung am Sailer als zweiten Schulzweig, die Stärkung der französischen Sprache, die Rettung des humanistischen Zweiges und um die konsequente Weiterentwicklung des Schulprofils. Mit seinem Antrag hat der Sailer-Direktor allerdings bisher im Kultusministerium auf Granit gebissen.
Und daran scheint sich jedenfalls in Kürze nichts zu ändern. Der Sprecher des Bayerischen Kultusministeriums, Günter Schuster, teilt auf Anfrage mit, dass das Sailer für das 2021/2022 den notwendigen Antrag gar nicht gestellt habe. Bei den Anträgen in der Vergangenheit habe dem Anliegen der Schule nicht entsprochen werden können, „da die Änderung des bestehenden Ausbildungsangebots an einem einzelnen Gymnasium nur dann in Betracht zu ziehen ist, wenn eine Beeinträchtigung anderer Gymnasien in der Region sowie des bestehenden Angebots des Gymnasiums ausgeschlossen werden kann“. Diese Voraussetzung sei am Sailer nicht gegeben gewesen. Schuster erläutert: „Am Johann-Michael-Sailer-Gymnasium meldeten sich für das Schuljahr 2020/21 deutlich mehr Schülerinnen und Schüler für die Jahrgangsstufe 5 an als am St.-Bonaventura-Gymnasium Dillingen und am Albertus-Gymnasium Lauingen.“ Um die ungleiche Verteilung der Schüler an den genannten Gymnasien nicht durch ein zusätzliches Angebot am Sailer zu verstärken, habe dem Antrag der Schule in der Vergangenheit nicht entsprochen werden können.
Gymnasien haben es befürwortet
Sailer-Direktor Ritter will die Stellungnahme des Ministeriums so nicht stehen lassen. Er habe den Antrag auf eine moderne Sprachenfolge in der Vergangenheit bereits viermal gestellt, und könne das nicht jedes Jahr wiederholen. Die umliegenden Gymnasien hätten dies im Übrigen befürwortet, sagt Ritter. Das Bona biete jetzt mit dem sozialwissenschaftlichen Zweig ebenfalls die moderne Sprachenfolge an, ebenso das Gymnasium Wertingen. Ritter hält es für „bodenlos“, die gesellschaftliche Realität zu ignorieren. Und er nennt eine Vermutung, woher der Widerstand komme. „Es ist die Lateinfraktion, die das Abendland ohne Latein in Gefahr sieht.“ Es gebe aber viele sprachbegabte Kinder, die kein Latein lernen wollen, sagt Ritter.
Was Minister Piazolo damit zu tun hat
Der Schulleiter hat nach Informationen unserer Zeitung bereits im vergangenen Jahr versucht, die Sache über die politische Schiene zu klären. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Freien Wähler, Fabian Mehring, organisierte einen runden Tisch mit Kultusminister Michael Piazolo, Landtagsabgeordnetem Johann Häusler und Landrat Leo Schrell (alle FW). Die drei FW-Politiker aus der Region brachten dabei laut Mitteilung die Zusage Piazolos mit, dass er sich bei der nächsten Vergaberunde für das Anliegen des Sailer starkmachen werde. Wegen Corona habe es aber noch keine neuen Ausschreibungen gegeben. Jetzt haben sich die Freien Wähler in einem Schreiben erneut bei Parteifreund Piazolo in Erinnerung gebracht. Mehring sagt: „Gerade weil die moderne Sprachenfolge in Wertingen und am Bonaventura-Gymnasium längst angeboten wird, sollte auch das Sailer-Gymnasium seinen Schülern dieses Angebot machen dürfen.“ Eine Entscheidung zu dem erneuten Vorstoß steht noch aus.
Lesen Sie auch:
- Büffeln in der Turnhalle: Diese Räume verwandelt Corona in ein Klassenzimmer
- Homeschooling: Tipps von Lehrern aus dem Landkreis Dillingen
- Homeschooling: Der ganz normale Schul-Wahnsinn daheim