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Doku über sexuellen Missbrauch durch den Vater

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Doku über sexuellen Missbrauch durch den Vater

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    Doku über sexuellen Missbrauch durch den Vater
    Doku über sexuellen Missbrauch durch den Vater Foto: DPA

    Die Geldgeber hätten keinen Film über einen Mann machen wollen, der von seinem Vater vergewaltigt wurde und sich später als schwul outete. Jetzt kommt seine Dokumentation "Postcard to Daddy" genau zur richtigen Zeit. Die Debatte um Kindesmissbrauch, Verjährungsfristen und den Umgang von Kirche und Gesellschaft mit Sexualität hat ihm den Boden bereitet. Zwar erzählt der Film nicht von Missbrauch in der Kirche, sondern in der Familie. Doch die Parallelen sind unübersehbar.

    Als er acht Jahre alt war, habe ihn sein Vater zum ersten Mal angefasst, erzählt Stock, heute 42, im Gespräch. Die Qualen dauerten zehn Jahre an. Später behauptete der Vater, vom Sohn verführt worden zu sein.

    An der aktuellen Missbrauchsdebatte störe ihn, dass es vor allem um die Bestrafung der Peiniger gehe, sagt Stock, der seit den Achtzigern in Berlin lebt. "Einfach nur durch Strafe kann man keinen sexuellen Missbrauch verhindern." Wer seine Ursachen bekämpfen wolle, müsse sich die Situationen anschauen, in denen er möglich sei. Die Missbrauchsfälle, die in den vergangenen Monaten ans Licht kamen, erinnern Stock an seine eigene Geschichte - auch wenn er mit der Kirche wenig zu tun habe. Allerdings: "Man darf nicht vergessen, dass die meisten Missbrauchsfälle immer noch in der Familie passieren."

    Es wundere ihn nicht, dass sich viele der kirchlichen Opfer erst jetzt zu Wort melden, Jahre nach dem Missbrauch. Den meisten Männern falle es schon schwer genug, sich ihre traumatischen Erlebnisse selbst einzugestehen. Den Schritt, mit dem Erlebten an die Öffentlichkeit zu gehen, wagten viele erst mit 30, wenn die sexuelle Orientierungssuche abgeschlossen sei. Manche wagten ihn nie. Auch hätten männliche Missbrauchsopfer häufig Angst, als schwul zu gelten. "Sich als junger Mensch hinzustellen und zu sagen "Da hat mir jemand etwas Schlimmes angetan", dazu muss erst einmal der Boden bereitet werden, da müssen Jugendliche erst einmal zu erzogen werden."

    Stock kennt diese Ängste. Trotzdem konfrontierte er seine Familie schon als 19-Jähriger mit der Tat des Vaters. Mutter und Geschwister beteuerten, damals nichts davon bemerkt zu haben. Geschockt von den Übergriffen distanzierten sie sich vom Vater, nur der Bruder hält heute noch Kontakt.

    Stock spricht rückblickend von einem "doppelten Coming-Out", da er sich zu dieser Zeit auch dazu bekannte, schwul zu sein. Lange habe er befürchtet, seine Gefühle für Männer hingen mit dem Missbrauch zusammen. Erst durch die Hilfe von Beratungsstellen sei ihm klar geworden, dass das eine nichts mit dem anderen zu tun habe. Sein erster Freund habe ihm gezeigt, dass Sexualität mit einem Mann etwas Schönes sein kann.

    Der Dokumentarfilmer hofft, durch seine Geschichte anderen Missbrauchsopfern Mut zu machen, ebenfalls zu sprechen. Für ein klärendes Gespräch bleibe oft nicht mehr viel Zeit, sagt Stock. Häufig seien die Täter schon alt und krank. Ob es überhaupt nötig sei, müsse jeder für sich entscheiden. Eine Aussöhnung sei nicht immer möglich.

    Er selbst habe die Gespräche, von denen eines auch im Film zu sehen ist, gebraucht: "Das Zwiegespräch mit der verinnerlichten Vaterfigur hat danach ein Ende genommen.". Verzeihen könne er seinem Vater den Missbrauch aber nicht. "Postcard to Daddy" kommt am 27. Mai in die Kinos.

    http://postcard-to-daddy.de

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