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Kommentar: Die Pille für den Mann ist schon lange überfällig

Kommentar

Die Pille für den Mann ist schon lange überfällig

Victoria Schmitz
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    Obwohl schon seit Jahrzehnten an der umgangssprachlichen Pille für den Mann geforscht wird, gibt es immer noch kein Präparat auf dem Markt.
    Obwohl schon seit Jahrzehnten an der umgangssprachlichen Pille für den Mann geforscht wird, gibt es immer noch kein Präparat auf dem Markt. Foto: Andrea Warnecke, dpa (Symbolbild)

    Seit über 60 Jahren ist die Antibaby-Pille auf dem Markt. Dass es im Jahr 2022 noch kein Pendant für den Mann gibt, ist absurd. Besonders vor dem Hintergrund, was in Forschung und Entwicklung möglich istund welche Nebenwirkungen Frauen in Kauf nehmen.Eine "Pille für den Mann" ist deshalb längst überfällig. Ob sie sich – wenn es sie dann mal gibt – durchsetzt, ist aber eine ganz andere Frage.

    Die Tatsache, dass sich die Mehrheit der Männer in zahlreichen Umfragen bereiterklärt, die "Pille" zu schlucken, mag deshalb widersprüchlich erscheinen. Sprechen und Handeln sind aber bekanntlich zwei verschiedene Dinge. Das soll die männliche Bevölkerung keineswegs unter den Generalverdacht stellen, zu bluffen. Die Umfragen spiegeln den Wunsch, sich an gleichberechtigter Verhütung zu beteiligen. Anzuzweifeln ist aber, wie viele Männer sich wirklich bewusst sind und auch hinnehmen möchten, was gelebte Gleichberechtigung in diesem Fall bedeutet.

    Dass Verhütung Frauensache ist, scheint selbstverständlich

    Denn das wäre: Jene Abstriche machen, die bisher Frauen in Kauf genommen haben. Täglich an das Verhütungsmittel denken, neue Rezepte besorgen, mit möglichen Nebenwirkungen klarkommen und letztendlich die Verantwortung tragen, wenn es durch Einnahmefehler zur ungeplanten Schwangerschaft kommt.

    Einen Vorwurf erheben kann man kaum, wenn dieses Bewusstsein fehlt. Dass Verhütung Frauensache ist, wurde bisher in unserer Gesellschaft kaum in Frage gestellt. Es scheint selbstverständlich. Der historische Grund dafür ist nachvollziehbar: Das Aufkommen der Pille bedeutete für Frauen erstmals Selbstbestimmtheit, zurecht lag diese Freiheit in Frauenhand.

    Rund 60 Jahre später geht es aber nicht mehr darum, für mehr Freiheiten zu kämpfen, sondern endlich gleichauf zu sein. Gleichberechtigung ist das Ziel, ein Ende von Gender Pay Gap und Girl’s Day. Gleichberechtigung spiegelt sich heute eben nicht nur in Wirtschafts- und Bildungsfragen, sondern auch in der Verhütung.

    Pille für den Mann: Die Akzeptanz ist fraglich

    Das Thema wurde bisher in Politik und Medien schlichtweg vernachlässigt, abgesehen von bloßen Meldungen über vermeintlich vielversprechende Forschungsergebnisse. Dadurch fehlt es an Aufklärung und gesellschaftlichem Diskurs – und damit an einer Basis, die bei Verkaufsstart eine wirkliche Akzeptanzfür ein Mittel schaffen würde.

    Hinzu kommt: Immer weniger Frauen nehmen die Pille. Studien zeigen, dass der Trend in Richtung Verhütung mit nur wenigen oder gar keinen Hormonen geht. Kondom und Spirale werden immer beliebter. Fraglich ist deshalb, wie ein hormonbasiertes Gel zur Verhütung bei Männern in fünf Jahren angenommen würde. Ein hormonfreies Mittel ist für Männer in naher Zukunft nicht in Sicht. Die "Pille für den Mann" ist daher nicht nur überfällig, sie kommt vielleicht sogar schon zu spät.

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