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Finanzen: Heiraten in Krisenzeiten: "Bist du wahnsinnig, so viel für die Hochzeit auszugeben?"

Finanzen

Heiraten in Krisenzeiten: "Bist du wahnsinnig, so viel für die Hochzeit auszugeben?"

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    Heiraten kostet immer auch Geld. Bei den meisten Paaren dürfen bestimmte Dinge aber nicht fehlen.
    Heiraten kostet immer auch Geld. Bei den meisten Paaren dürfen bestimmte Dinge aber nicht fehlen. Foto: Andrea Warnecke, dpa (Symbolbild)

    Essen und Getränke für eine ganze Party-Gesellschaft, mehrstöckige Torte, Hochzeitskleid. Heiraten kann teuer werden. Dazu kommt: Auch vor dem schönsten Tag im Leben machen aktuelle Krisen wie Pandemie oder Krieg nicht halt. Wie sehen das die Betroffenen? Wie viel wollen sie ausgeben? Wir haben mit einem jungen Paar gesprochen, das mitten in den Hochzeitsplanungen steckt. Eine Hochzeitsplanerin hat uns außerdem erklärt, worauf man verzichten kann. Und eine Konditorin, die Hochzeitstorten backt, verrät, wie ihre Kundinnen und Kunden auf die Krisen reagieren.

    Die Braut: "Lieber ein schöner Tag, denn ans Geld erinnert sich hinterher niemand mehr"

    Dilara und Alex Purkert heiraten gern im Herbst: vergangenes Jahr im Oktober standesamtlich, dieses Jahr folgt die freie Trauung Ende Oktober. Schon die erste Feier kostete das Paar aus Kühbach im Landkreis Aichach-Friedberg mehrere tausend Euro. Da war zum Beispiel das 14-Gänge-Menü für 25 Personen inklusive Getränken: Kosten circa 1500 Euro. Der Blumenschmuck: rund 400 bis 500 Euro. Urkunden und Stammbuch: 100 bis 200 Euro. "Und natürlich die Ringe, aber die kauft man ja für die Ewigkeit", sagt die 31-Jährige. Kostenpunkt: einmal 2000 Euro, einmal 800. Teuer war auch die Torte, rund 450 Euro zahlte das Paar dafür, "weil ich mir natürlich handgemachte Zuckerblumen eingebildet habe", sagt

    Noch teurer wird die Hochzeitsfeier dieses Jahr. Etwa 30.000 Euro werden die beiden voraussichtlich ausgeben. Für den DJ zum Beispiel, die Getränke oder die Torte. Die soll in diesem Jahr deutlich größer werden. Oben thront eine Krähe, passend zum Halloweenmotto der Feier. Das ist dem Brautpaar 1500 Euro wert. Darauf hätte vor allem ihr Mann nicht verzichtet, meint Dilara Purkert: "Er wäre wahrscheinlich in Jogginghose gekommen, aber eine Torte hätte sein müssen." Inbegriffen in den 30.000 Euro ist auch das Brautkleid. "Ich war am Mittwoch bei der ersten Anprobe und mich hat es vom Stuhl gehauen, weil die Verkäuferin meinte, es würde jetzt zwischen 7000 und 8000 Euro kosten, weil es wegen des Ukraine-Kriegs so teuer wurde." Denn der Tüllstoff und die Näherinnen dafür kämen aus Weißrussland und der Ukraine.

    Dilara und Alex Purkert im Brautauto, das der Onkel des Bräutigams gestellt hat.
    Dilara und Alex Purkert im Brautauto, das der Onkel des Bräutigams gestellt hat. Foto: Dilara und Alex Purkert

    Gezahlt sind bereits die Hälfte der 30.000 Euro. Viel Geld für das junge Paar. "Aber mein Mann sagt immer so schön: 'Es kostet, was es kostet.'" Ihr Umfeld war da anderer Meinung: "Alle, durch die Bank, haben gesagt: 'Bist du wahnsinnig, so viel für diese Hochzeit auszugeben?'" Beruhigt hat sie die Recherche in den sozialen Netzwerken. Andere zahlten mit teils weniger Ausstattung genauso viel.

    Ein wenig würden die Eltern bei der Finanzierung helfen, sagt Dilara. Aber das Paar hat selbst ein Jahr vorher Geld auf die Seite gelegt. "Und mit den Geldgeschenken von der standesamtlichen Trauung haben wir jetzt bereits die Anzahlung für die zweite Feier finanziert."

    Die beiden versuchen außerdem, so viel wie möglich ohne professionelle Hilfe zu organisieren. Alex Purkert ist Zimmerer, er hat zum Beispiel Holzscheiben für die Dekoration selbst angefertigt. Sein Onkel filmt das Hochzeitsvideo, ein guter Freund von Dilara schießt Fotos. Aber bestimmte Extras, wie einen Zauberer und eine Bauchtänzerin, waren es ihnen wert, mehr Geld als unbedingt nötig auszugeben: "Lieber ein schöner Tag, denn ans Geld erinnert sich hinterher niemand mehr", sagt Dilara.

    Die Bäckerin der Hochzeitstorten: "Die Leute haben ihre Torten teilweise noch ein bisschen größer gemacht"

    Die Torten des Paares hat Diana Schmierer gebacken. Mit ihrem Tortenstudio ist sie auf Hochzeitskuchen spezialisiert. Einen pauschalen Preis hat sie nicht. Sie berechnet die Kosten für jede Hochzeitstorte individuell, je nach Größe, Aufwand des Designs und der Lieferung. Die Preisspanne beginnt bei einer einstöckigen Torte mit 20 Portionen. Die kostet 120 Euro. Eine dreistöckige Torte dann schon mindestens 460 Euro. "Eine Hochzeitstorte kann aber auch weit über 1000 Euro kosten, wenn sie sehr aufwendig ist", sagt sie.

    Die Reaktionen der Paare auf diese Preise sind gespalten. "Es gibt solche, da haben die Freunde bereits geheiratet, und da weiß man, dass eine Torte mehrere hundert Euro kostet. Und dann gibt es Paare, denen ist einfach nicht bewusst, wie viel Arbeit dahintersteckt, und die sind dann erstmal etwas überrascht."

    Diana Schmierer bemerkt in den vergangenen Wochen eine gestiegene Nachfrage nach opulenten Torten.
    Diana Schmierer bemerkt in den vergangenen Wochen eine gestiegene Nachfrage nach opulenten Torten. Foto: Diana Schmierer

    Auch die aktuelle Weltlage beeinflusse die Wünsche der Kunden. Schmierers Beobachtung: "Die Leute, die in den kommenden Wochen heiraten, haben die Torte teils noch ein bisschen größer bestellt. Die wollen das jetzt noch richtig auskosten, weil keiner weiß, was nächstes Jahr kommt."

    Schmierer ist bereits für Juli und August 2023 komplett ausgebucht, im April, Mai, Juni und September seien noch vereinzelte Termine frei. Dennoch merke sie, dass in den vergangenen Wochen in der Tendenz weniger Menschen anriefen. Ihre Preise habe sie erst vor Kurzem angehoben, "um für mich auch ein faires Gehalt zahlen zu können." Angesichts der hohen Gaspreise müsste sie die Preise noch weiter erhöhen. Noch zögere sie, das auch umzusetzen.

    Die Hochzeitsplanerin: "Der Trend geht eben immer mehr in Richtung höher, schneller, weiter"

    Die Augsburger Hochzeitsplanerin Manuela Martin betreut in ihrer Agentur seit über acht Jahren Verlobte, die kurz vor ihrer Hochzeit stehen. Ihre Kundinnen und Kunden geben in der Regel mindestens 30.000 Euro für eine Feier aus. "Ich habe schon gemerkt, dass es aktuell weniger ist: Die Leute achten jetzt eher darauf, dass sie es kleiner halten, oder doch selber planen." Schon während Corona hat Martin das gespürt. Durch den Ukraine-Krieg verbreite sich diese Haltung aber weiter.

    Den größten Teil des Geldes bezahlen die Paare für Essen und Getränke, so Martin. Auch für Bekleidung, Ringe und Fotograf werde viel ausgegeben. Und die Location spielt eine Rolle. Das kann schnell teuer und aufwändig werden: "Möchte ich in einem Schloss heiraten, muss ich alles mitbringen: Jede Gabel, jeden Löffel."

    Auf bestimmte Kleinigkeiten könnten Paare aber verzichten, um Geld zu sparen, findet Martin: "Was ich zum Beispiel unnötig finde, sind doppelte Einladungskarten, also zuerst eine 'Save the Date' und dann noch mal eine richtige. Das ist totale Geldverschwendung." Auch auf detaillierte Kirchenhefte könne man verzichten, weil die meisten Gäste die sowieso in der Kirche ließen.

    Trotz Einsparungen würden nach Martins Erfahrung die meisten Paare bei ihrer Hochzeit draufzahlen. "Der Trend ging – zumindest vor der Krise – immer mehr in Richtung höher, schneller, weiter." Dann soll eine 20.000-Euro-Hochzeit nach 50.000 aussehen. Neben Posts auf Social Media sei auch der Bekanntenkreis ein Maßstab: "Man will die vorige Hochzeit toppen."

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