Bei einer Adoption ist ab einem gewissen Alter auch der Kindeswille zu berücksichtigen. In diesem Sinne weist die Arbeitsgemeinschaft Familienrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) auf eine Entscheidung des Amtsgericht Hamburg-Bergedorf (Az: 415c F 15/19) hin, das eine Adoption "über den Kopf des Kinds hinweg" ablehnte.
Im konkreten Fall wollte ein Mann die leibliche Tochter seiner Ehefrau adoptieren. Er hatte seine spätere Frau während der Schwangerschaft kennengelernt. Sie zogen zusammen und heirateten später auch. Beide hatten das Mädchen nicht darüber aufgeklärt, dass ihr "Vater" nicht ihr leiblicher Vater ist. Dies schade dem Kindeswohl, argumentierten sie. Als die Adoptionsvermittlungsstelle wegen der fehlenden Aufklärung die Adoption ablehnte, zog das Ehepaar vor Gericht - allerdings ohne Erfolg.
Fehlende Aufklärung wiegt schwer
Denn auch das Gericht hatte Zweifel daran, dass die Adoption dem Wohl des inzwischen 10-jährigen Mädchens dient. Die fehlende Aufklärung wiege schwer, so das Gericht. Denn die Kenntnis der eigenen Abstammung habe eine hohe Bedeutung für die ungestörte Entwicklung eines Adoptivkinds. Und könne allgemein für die Entwicklung der Persönlichkeit von erheblicher Bedeutung sein.
Die Bereitschaft der Adoptiveltern, das Kind in altersgerechter Weise über seine Herkunft aufzuklären, sehen die Richter im Allgemeinen als Voraussetzung für die Adoption. Sie argumentierten weiter: Würde das Mädchen später von ihrer Adoption erfahren, würde ihr auch bewusst werden, dass diese über ihren Kopf hinweg bestimmt worden sei.
Ohne von ihrer Abstammung zu wissen, könne sich das Mädchen gar nicht dazu äußern, ob sie von dem Adoptionswilligen angenommen werden möchte. Der Kindeswille sei jedoch entsprechend dem Alter zu berücksichtigen.
(dpa)