Vor dem Gebäude in der Bahnhofstraße bildet sich immer wieder eine kleine Warteschlange. Am Empfang gleich hinter der Eingangstür klingelt im Minutentakt das Telefon. Zwei Helferinnen nehmen die Anrufe entgegen, fragen die am Tresen stehenden Patientinnen und Patienten nach ihrem Anliegen und laufen zwischen den Behandlungsräumen hin und her. Schon wenige Stunden, nachdem Dr. Jakob Berger an diesem Montag in Wemding als Hausarzt angefangen hat, herrscht in der Praxis reger Betrieb. Berger nimmt sich gegen 11 Uhr ein paar Minuten Zeit für ein kurzes Gespräch mit unserer Redaktion. "Ich bin seit 7 Uhr hier und bin noch gar nicht dazu gekommen, auf die Uhr zu schauen", sagt der Arzt, der sichtlich unter Strom steht. Noch muss er seine Mitarbeiterinnen wegen Kleinigkeiten fragen, noch hat sich nicht alles eingespielt.
Berufsverbot gegen Wemdinger Hausarzt reißt Lücke in Versorgung
Berger hat während seiner fast 40-jährigen Tätigkeit als Allgemeinmediziner so manches erlebt. Was in den vergangenen Tagen und Wochen passierte, beschreibt er als "spannend". Erst Ende November entschied sich der Sprecher der schwäbischen Hausärzte, der bisher in Herbertshofen (Kreis Augsburg) praktizierte, in Wemding einen Neuanfang zu wagen. Der 71-Jährige sah sich in seiner Eigenschaft als Ärztefunktionär in der Pflicht, die durch dramatische Umstände entstandene zusätzliche Lücke in der Hausarztversorgung in der Region nördlich von Donauwörth zu schließen. Der Anlass dafür: In
Durch die Vermittlung des Landtagsabgeordneten Wolfgang Fackler einigten sich Holst und Berger kurzfristig darauf, dass Letzterer die Räume in der Bahnhofstraße mietet und dort eine neue Praxis aufbaut. Die bisherigen Mitarbeiterinnen in Wemding erklärten sich bereit, fortan für Berger tätig zu sein. Dies sei ein unschätzbarer Vorteil, so der 71-Jährige: "Sie kennen die meisten Leute."
Die Computerlizenz für die Arztpraxis in Wemding kam erst am Sonntag
Dass die Praxis am 3. Januar öffnen kann, sei lange Zeit ungewiss gewesen, schildert Jakob Berger. Da waren die neuen Schilder, die er vorigen Freitag vor dem Gebäude selbst montierte, noch das geringere Problem. Was noch fehlte, war die nötige Computerlizenz. Die erhielt Berger erst am Sonntag: "Ansonsten hätte ich nicht anfangen können. Das war schon eine Herausforderung, alles zu organisieren." Als der Mediziner am Montagmorgen startet, stehen bereits die ersten Patientinnen und Patienten vor der Tür. Noch ehe die Vormittagssprechstunde endet, sieht Berger die Feststellung bestätigt, dass in der Region ein Hausarzt dringend benötigt wird, zumal zwischen den Feiertagen so mancher Kollege im Urlaub weilt. Berger berichtet, er habe in Wemding schon einige Leute behandelt, "die mit mehreren Krankheiten behaftet sind und eine dauerhafte Versorgung brauchen".
Auch Corona-Infizierte sind unter den ersten Patienten
Unter den gut 60 Menschen, die Berger am ersten Tag medizinisch versorgt, sind auch frühere Patientinnen und Patienten von Holst. Der sei aber kein Thema, betont der 71-Jährige. Auch einige Corona-Erkrankte und Kontaktpersonen suchen Hilfe und Rat bei Berger. Er bietet täglich eine sogenannten Infektionssprechstunde an. Am Donnerstagvormittag will er erstmals gegen das Coronavirus impfen.
Sechs Hausärzte können sich nördlich von Donauwörth noch niederlassen
Nach dem Neustart von Jakob Berger in Wemding sind im Hausärzte-Planungsbereich Donauwörth Nord noch immer sechs Sitze vakant. Neben den Städten Harburg, Monheim und Wemding umfasst der Bereich auch den Markt Kaisheim und die Gemeinden Buchdorf, Daiting, Fünfstetten, Huisheim, Otting, Rögling, Tagmersheim und Wolferstadt. Ein Allgemeinmediziner könne sich in jeder dieser Kommunen niederlassen, die zusammen knapp 30.000 Einwohnerinnen und Einwohner zählen.