![](https://www.augsburger-allgemeine.de/resources/1715673836705-1/ver1-0/img/modal-user-780w.jpg)
![100 Jahre Valeo – vom Scheibenwischer zum Laser Werk II
Der Bietigheimer Autozulieferer SWF G. Rau KG siedelte sich westlich der Sandfeldsiedlung an und nahm am 27.Juni 1960 die Produktion auf. (SWF Werk II – siehe Bilder!) Später Valeo](https://www.augsburger-allgemeine.de/resources/1715673836705-1/ver1-0/img/placeholder/16x9.png)
100 Jahre Valeo – vom Scheibenwischer zum Laser
Seit 100 Jahren gibt es den französischen Konzern Valeo. Ein wichtiger Produktionsstandort befindet sich in Wemding. Wir blicken in die wechselvolle Geschichte.
Wenn Autos selbstständig rückwärts einparken, in der Kurve der Wagen in der Spur gehalten oder in der Dämmerung das Licht am Fahrzeug automatisch eingeschaltet wird, dann freut sich der Mensch am Steuer über die funktionierende Technik. Sie erleichtert das Fahren und sorgt für Sicherheit. Die wenigsten denken aber wohl darüber nach, woher diese Technik kommt. Gerade in hochpreisigen Wagen aber ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass sie von Valeo in Wemding gefertigt wurde.
Jedes dritte neue Auto weltweit sei mit der Fahrassistenztechnologie von Valeo ausgestattet, vermeldet das Unternehmen auf seiner Website. 184 Produktionsstandorte auf der ganzen Welt gehören dazu. Doch das Werk in Wemding habe innerhalb des Konzerns, der 24 Standorte in Deutschland hat, mittlerweile einen "sehr hohen Stellenwert", sagt Standortleiter Markus Hain. Vom Umsatz her gehöre man "zu den Top 5". 1120 Menschen arbeiten hier in der Produktion, 350 in der Verwaltung. "Eine Reporterin für eine französische Fachzeitschrift besucht für ihre Recherchen zwei Werke: Paris und Wemding. Das sagt doch alles", beschreibt es Pressesprecher Andreas vom Bruch.
![Heute geht es in der hoch technischen Produktionsabläufen ganz anders zu. Blick in die aktuelle Fertigung. Heute geht es in der hoch technischen Produktionsabläufen ganz anders zu. Blick in die aktuelle Fertigung.](https://www.augsburger-allgemeine.de/resources/1715673836705-1/ver1-0/img/placeholder/16x9.png)
Das Valeo-Werk in Wemding gehört zu den umsatzstärksten innerhalb des internationalen Konzerns
Tatsächlich ist die mediale Aufmerksamkeit für den Automobilzulieferer dieses Jahr besonders hoch. Schließlich gibt es Valeo 2023 genau 100 Jahre. Das Jubiläum wird man in Wemding wohl mit einem internen Mitarbeiterfest feiern, vermutlich am 25. Mai.
Der Ursprung liegt 1923 in Frankreich, in einer Werkstatt in der Nähe von Paris. Bremsbeläge und Kupplungen waren die Produkte, die Gründer Eugène Boisson dort vertrieb. Das Unternehmen baute seine Aktivitäten aus und expandierte zunächst in ganz Frankreich, bevor es international wurde: zuerst innerhalb Europas, dann in Brasilien und schließlich weltweit. Erst seit 1980 trägt es den Namen Valeo – lateinisch für "Ich bin stark".
In Wemding hat mit Valeo eine abwechslungsreiche und teilweise auch aufreibende Wirtschaftsgeschichte seinen vorläufigen Endpunkt gefunden. Doch es ist in den 60er- und 70er-Jahren nicht nur ein lebhafter Wechsel der Eigentümer der Wemdinger Werke, sondern auch die hergestellte Produkte sind wie eine Zeitreise in die einst wegweisenden technischen Neuigkeiten von Fahrzeugen, die der Autofahrer von heute als Grundausstattung versteht.
![Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Werkshallen von SWF aus einem unbekannten Jahr, vermutlich in den 60er-Jahren. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Werkshallen von SWF aus einem unbekannten Jahr, vermutlich in den 60er-Jahren.](https://www.augsburger-allgemeine.de/resources/1715673836705-1/ver1-0/img/placeholder/16x9.png)
Am 1. Oktober 1946 hatten sich die Wemdinger Textilwerke angesiedelt, im September 1960 nahm der Bietigheimer Autozulieferer SWF G. Rau KG westlich der Sandfeldsiedlung in Wemding die Produktion auf und stellte Scheibenwischer her. SWF stand für Spezialwerkzeugfabrik. Unter der Marke SWF verkauft Valeo übrigens bis heute Wischersysteme für Windschutzscheiben.
![Bauteile eines Lenkstockschalters, die einst von SWF in den 60ern in Wemding hergestellt wurden. Bauteile eines Lenkstockschalters, die einst von SWF in den 60ern in Wemding hergestellt wurden.](https://www.augsburger-allgemeine.de/resources/1715673836705-1/ver1-0/img/placeholder/16x9.png)
1961 wurden in Wemding bereits die ersten Lenkstockschalter – oder auch Blinkerhebel genannt – für den VW Käfer produziert, später auch für Ford. 1972 verkauft Gustav Rau das Unternehmen SWF an den amerikanischen Konzern ITT Corporation, der daraufhin auch die Standorte Wemding und Bäumenheim übernimmt. Der Name bleibt allerdings. Seit 1977 produzieren die Mitarbeiter dann zentrale Türverriegelungen. 1983 erhielt die Firma, die dann unter dem Namen SWF Auto-Electric GmbH firmierte, einen Serienauftrag für Sensoren und Warndruckschalter.
Ein Meilenstein war die Erfindung des Ultraschallsensors
Ein Meilenstein war schließlich die weltweit einmalige Erfindung eines Ultraschallsensors für die Einparkhilfe von Valeo. Diese wurden später in Wemding produziert und bei BMW eingesetzt, denn 1998 kauft der französische Konzern den Geschäftsbereich "elektronische Systeme" der ITT Automotive Europa GmbH mit Werken in Wemding und Bäumenheim und 1234 Mitarbeiter, davon rund 860 in Wemding. Während bis dahin nur die Eigentümer und Namen wechseln, wird um die Jahrtausendwende eine weitreichende Entscheidung getroffen: Das Bäumenheimer Werk wird aufgelöst, in Wemding bis 2004 ein ganz neues gebaut.
Für Bäumenheim ist es zunächst keine gute Nachricht, doch die frei gewordene Fläche mitten im Ort schaffte neue Entwicklungsmöglichkeiten – die Industriegemeinde hat sich ein völlig neues Gesicht gegeben. Wemding profitiert von den Arbeitsplätzen und einem immer weiter wachsenden Betrieb. Der Flächenhunger ist vermutlich noch nicht gestillt.
![Markus Hein ist seit 2014 Standortleiter von Valeo in Wemding. Markus Hein ist seit 2014 Standortleiter von Valeo in Wemding.](https://www.augsburger-allgemeine.de/resources/1715673836705-1/ver1-0/img/placeholder/16x9.png)
Technisch geht die Entwicklung rasant. 2022 wurde in Wemding die zehnmillionste Frontkamera gebaut. Die Zukunft, sagt Standortleiter Markus Hein, sei nun das nächste Level des autonomen Fahrens. Mit dem Mobiltelefon das Auto einparken, den Verkehrsfluss vorausberechnen und mittels fortschrittlicher Sensorik wie Laser, Radar und Kameras das Auto entsprechend steuern, während der Autofahrer nur als Korrektiv fungiert. "Die Produkte, die wir in Zukunft in Wemding produzieren, werden komplexer und höherpreisiger", sagt Hein. Wichtige Eletronikzulieferer sind fast allesamt in China, sodass man sich der Abhängigkeit zwar bewusst sei, aber kaum Alternativen habe.
![100 Jahre Valeo – vom Scheibenwischer zum Laser](https://www.augsburger-allgemeine.de/resources/1715673836705-1/ver1-0/img/placeholder/1x1.png)