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Karate: Monheimer Gürteljäger

Karate

Monheimer Gürteljäger

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    Sarah Müller, Katharina Ganzner und Ludwig Poisel (von links) sind Teil des bayerischen Landeskaders in Karate. Thomas Brandner trainiert die Talente im Monheimer Dojo – dem Trainingsraum an der Donauwörther Straße.
    Sarah Müller, Katharina Ganzner und Ludwig Poisel (von links) sind Teil des bayerischen Landeskaders in Karate. Thomas Brandner trainiert die Talente im Monheimer Dojo – dem Trainingsraum an der Donauwörther Straße. Foto: Christof Paulus

    Wenn Sarah Müller und Ludwig Poisel nach etwas treten, tun sie keinem weh. Im weißen Anzug mit einem Gürtel um die Hüfte und nackten Füßen stehen sie auf den Matten vor dem großen Spiegel am Kopfende ihres Dojos in Monheim. Sie stehen im Ausfallschritt mit angespannten und leicht gehockten Beinen, die Arme nach vorne gestreckt und angewinkelt, und hören auf die Kommandos von Thomas Brandner. Sie schlagen, sie stampfen auf, sie treten aus, mit dem Fuß mindestens auf Kopfhöhe. Das klingt martialisch, doch Sarah und Ludwig treffen nicht. Und trotzdem gehören sie zu den Besten ihres Sports.

    Die zehnjährige Monheimerin und der gleichaltrige Tagmersheimer gehören seit diesem Sommer zum bayerischen Landeskader im Karate, auch Leon Roßmann, elf Jahre, und Katharina Gunzner, zwölf Jahre, vom TSV Monheim haben den Sprung in den Kader geschafft. Gleiches gilt für Liya Bergmann und Andressa Pfeifer. Sie alle trainieren unter der Anleitung von Thomas Brandner und seinen beiden erwachsenen Kinder Tim und Sarah im Monheimer Gewerbegebiet. Lange hatten sie in den Hallen der Jura-Stadt nach einer Unterkunft gesucht, bis sie im ehemaligen Svedex-Gebäude fündig wurden.

    Der Raum ist inzwischen für die Karateka des TSV das feste Dojo geworden, wie der Trainingsraum in vielen Kampfkünsten wie dem Karate genannt wird. „Karate“, so sagt es Ludwig, „ist wie eine Mischung aus verschiedenen Kampfkünsten.“ Manche Elemente aus dem Judo, wie Wurftechniken oder der Bodenkampf, sind auch in Karate zu finden. Schläge und Tritte sind aber ebenfalls zugelassen – anders als im Judo, das übersetzt etwa „der sanfte Weg“ bedeutet.

    Sanft ist auch der Weg, den Sarah, Katharina und Ludwig beschreiten. Ihr Training ist nicht auf Kämpfe, sondern den Formenlauf angelegt, in ihren Wettkämpfen geht es nicht darum, andere zu besiegen, sondern Übungen möglichst sauber auszuführen. Als Lohn dafür winken Meistertitel, Nominierungen und Auszeichnungen. Wie weit sie in ihrem Training schon sind, kann man an der Hüfte erkennen.

    Katharina ist das erfahrenste der Monheimer Karate-Talente. Von den Mitgliedern ihrer Trainingsgruppe kommt ihr blauer Gürtel dem berühmten schwarzen Gürtel am nächsten, dem höchsten im Kampfsport. Um den nächsten Rang zu erreichen, muss man eine Prüfung ablegen und sein Können beweisen.

    Wer sich verbessern will, braucht Fleiß und Zeit, zweimal die Woche trainiert Katharina, zudem bekomme sie Übungen für zu Hause. „Aber das ist gut machbar“, erzählt sie. Das Karate-Training helfe ihr auch außerhalb des Sportes, so wisse sie besser, wie sie ihre Zeit einteilen müsse. Und das Wichtigste: Der Sport mache ihr vor allem Spaß.

    „Bevor ich angefangen habe, hatte ich nachmittags manchmal Langeweile – und Turnen ist nicht so mein Ding“, erzählt sie. So kam Katharina zum Karate. Sie trainiere, um erfolgreicher auf Wettkämpfen zu werden, es vielleicht in den Bundeskader zu schaffen – und den Traum von Olympia, den gibt es auch noch.

    An diesem Wochenende treten die weltbesten Karateka bei den Spielen in Tokio an, zum ersten und vorerst auch zum letzten Mal ist die Sportart olympisch. Die Monheimer würde es freuen, wenn der Sport, der 2024 bereits wieder aus dem Programm gestrichen wird, danach wieder zurückkehren dürfte. Auch wenn die ganz große Bühne für sie noch weit weg ist, als Fans begleiten sie den Sport.

    Den Sprung in den Landeskader schafften die TSV-Kämpfer nun, nachdem der Verband infolge der Corona-Pandemie zu einem Sichtungstraining eingeladen hatte. Die Monheimer überzeugten. Kaum verwunderlich, hatten sie ihr Talent doch bereits zuvor in den wichtigsten Wettkämpfen Schwabens und Bayerns unter Beweis gestellt, etwa mit Katharinas drittem Platz im Bezirk. Oder im Finale der schwäbischen Meisterschaften: Dort standen sich Ludwig und Sarah in ihrer Altersklasse bereits gegenüber. „Beide Athleten im Finale zu haben, macht den Wettkampf deutlich entspannter“, sagt Trainer Tim Brandner und lacht.

    Leon Roßmann hat sich anders als seine Teamkollegen nicht auf den Formenlauf spezialisiert, er bestreitet stattdessen Kämpfe – also die Karate-Disziplin, die auch bei Olympia zu sehen ist. Und wenn er trifft, dann richtig: Leon ist bayerischer Meister. Dabei geht es ihm beim Karate gar nicht darum, andere zu besiegen. „Das Training macht mir Spaß, weil es guttut, sich zu bewegen“, sagt er. In seinen Gegnern sieht er keine Feinde, sondern manchmal sogar Freunde. „Es ist schön, dass man auf den Wettkämpfen viele kennenlernt“, sagt er.

    Wettkampf- oder Trainingstage können manchmal „ganz schön anstrengend sein“, sagt Sarah, die im Finale gegen Ludwig schwäbische Vizemeisterin wurde. Die Belohnung für ihre Mühen: Der Verband fördert sie, schickt sie nun auf Lehrgänge in ganz Bayern.

    Und Kaderathleten haben in der Pandemie einen großen Vorteil: Sie dürfen fast immer trainieren, auch wenn zu hohe Inzidenzwerte den Breitensportlern einen Strich durch die Rechnung machen sollten.

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