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Serie (3)DZ: Moderne Technik statt Robin Hood

Serie (3)DZ

Moderne Technik statt Robin Hood

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    Körperspannung und volle Konzentration: Stefan Schütz vom FC Mertingen erklärt DZ-Redakteurin Stephanie Anton die richtige Haltung beim Bogenschießen.
    Körperspannung und volle Konzentration: Stefan Schütz vom FC Mertingen erklärt DZ-Redakteurin Stephanie Anton die richtige Haltung beim Bogenschießen.

    Die romantische Vorstellung von Robin Hood mit Pfeil und Bogen kann ich mir schon im Vorfeld verkneifen. Mit einer selbstgeschnitzten Holzwaffe haben die modernen Bögen, mit denen heute geschossen wird fast nichts gemein. Diese sind spätestens seit den Olympischen Spielen im vergangenen Jahr, als die deutsche Lisa Unruh Silber holte, auch einem breiteren Publikum bekannt. Dennoch bin ich beeindruckt, als mir Stefan Schütz seinen kobaldblauen und rund 2000 Euro teuren Sportbogen zeigt. „Den habe ich mir gegönnt“, sagt er sichtlich stolz. Der Vorsitzende der Bogenschützen des FC Mertingen wird mir seinen Sport erklären und mich bei meinen ersten Versuchen unterstützen.

    Als ich auf dem Übungsplatz in Mertingen ankomme, sind gerade ein paar Kinder dort. Eine Altersbegrenzung gibt es nicht im Bogensport, aber Schütz erklärt mir, für unter Achtjährige mache der Sport meist wenig Sinn: „Wenn sie jünger sind, sind sie oft noch zu zappelig.“ Gegenüber anderen Schießdisziplinen genießt das Bogenschießen einen großen Vorteil. Da der Bogen nicht zu den Waffen zählt, wie etwa Gewehre oder Pistolen, ist dafür auch kein Waffenschein nötig.

    Mit dem Wissen, dass sogar schon Achtjährige den Sport betreiben, wächst auch meine Sorge, dass ich mich total blamiere. „Hoffentlich jage ich die Pfeile nicht nur in die Pampa“, murmele ich noch beim Gang Richtung Zielscheibe. Doch Schütz versucht mich beruhigen: „Bogenschießen ist nicht schwer zu erlernen. Mit der richtigen Anleitung ist es sehr einfach.“ Und die bekomme ich nun.

    Zunächst gehen wir aber Sportgerät und Ausrüstung durch. Der Bogen besteht aus einem Mittelstück mit Griff und Pfeilauflage, dem oberen und dem unteren Wurfarm sowie der Sehne mit dem sogenannten Nockpunkt. Wozu der gut ist, erfahre ich wenig später. „Stell dich hin, als würdest du einen Hampelmann machen“, erklärt mir Schütz. Ich stehe also hüftbreit und spreize die Arme im rechten Winkel links und rechts vom Körper ab. Zum Einfinden in den Bewegungsablauf bekomme ich zunächst ein Gummiband. In meinem Hampelmann-stand nehme ich also mit dem linken Arm das Band, spanne es mit dem rechten und lasse los – eigentlich nicht schwer. Mit dem Bogen ist das freilich eine ganz andere Sache.

    Ich schieße erst einmal „blank“, also ohne Visier. Für den Einstieg ist das leichter, sagt Schütz. Er macht vor, wie es geht: den Pfeil vorne auf die Auflage legen und das Pfeilende mit der kleinen Kerbe auf die Sehne unter den Nockpunkt stecken. Wieder gerade hinstellen, mit dem linken Arm den Bogen nehmen, spannen, zielen, loslassen – Treffer. Hinzu kommen etliche Kleinigkeiten, die darüber entscheiden, ob der Pfeil „Gold“, also in die gelbe Mitte der Scheibe trifft, oder weiter außen. Zum Beispiel, ob der linke Ellenbogen nach außen gedreht wird. Oder ob die drei mittleren Finger der rechten Hand, die die Sehne spannen, diese gleichzeitig loslassen.

    Jetzt bin ich dran: Ich versuche alles umzusetzen, was mir mein Trainer erklärt hat und lasse schließlich die Sehne los – und kann meinen Augen kaum trauen, als der Pfeil tatsächlich im Bereich der Acht steckenbleibt, also recht nah an der Mitte der Zielscheibe. Beflügelt von meinem Erfolg schieße ich noch ein paar Pfeile ab und freue mich, dass alle die Scheibe treffen. Schnell merke ich, dass der Schutz am linken Arm, der den Bogen hält, einen enormen Vorteil hat. Drehe ich meinen Ellenbogen nicht nach außen, dann knallt mir die Sehne auf die Beuge. „Der Armschutz ist sehr wichtig, sonst gibt’s blaue Flecken“, sagt Schütz. Nach einigen Versuchen merke ich aber auch: Bogenschießen ist für einen Laien ganz schön anstrengend. Die ungewohnte Körperspannung und das Halten des Bogens machen sich in Armen, Schultern und Rücken deutlich bemerkbar. „Dabei ist das noch ein leichterer Übungsbogen“, erwähnt Schütz grinsend. Was mich hier gerade anstrengt ist aber genau das, was dem Rücken guttut, erklärt er mir. Einer der Mertinger Schützen stand kurz vor einem Bandscheibenvorfall und wurde durch das Bogenschießen schließlich beschwerdefrei.

    Als blutiger Anfänger stehe ich noch relativ nah an der Zielscheibe, nur 18 Meter sind es. Wie weit steht man als erwachsener Schütze im Wettkampf von der Scheibe weg, will ich wissen. 70 Meter, sagt Schütz und zeigt auf die Linie am einen Ende des Übungsplatzes und auf die Zielscheiben am anderen Ende. Ich staune Bauklötze, die Entfernung scheint mir mit Pfeil und Bogen unüberwindbar.

    Nun übe ich das Schießen mit Visier, was sich zunächst schwierig gestaltet, denn es muss auf meinen Körperbau eingestellt werden. Nach einigen weniger berauschenden Ergebnissen, haben wir die richtige Einstellung gefunden und die Resultate werden wieder besser. Auch mit 25 Meter Abstand klappt es nun ganz gut und langsam bekomme ich einen Eindruck davon, wie es sein muss, über weitere Distanzen zu schießen. Ich kann Schütz’ Begeisterung für den Sport verstehen, es macht richtig Spaß. Jeglicher Alltagsstress ist vergessen, wenn ich mich voll auf meine Bewegungen und das Ziel konzentriere.

    Schütz kam 1999 während seines Urlaubs zum Bogensport. Zurück in Mertingen wurde fleißig trainiert: „Es gab vier bis fünf Aktive hier und wir haben vier, fünf Mal die Woche trainiert. Dementsprechend waren dann unsere Ergebnisse. Wir schossen schließlich in der 2. Bundesliga.“ Dort haben die Athleten nicht so viel Zeit, wie ich auf dem Übungsplatz. Drei Mann schießen jeweils zwei Pfeile innerhalb von zwei Minuten und das Ganze insgesamt viermal. „Das ist richtig Stress“, betont Schütz. Da mittlerweile die Zeit für häufiges Trainieren fehlt, ist das Team des FCM nicht mehr ganz so hochklassig vertreten. Derzeit geht es in der Bezirksliga an den Start. Zweimal pro Woche wird geübt, das gilt auch für die jungen Bogenschützen. Teure Sportbögen sind für Anfänger aber nicht nötig, sagt Schütz und rechnet vor, dass man sich für rund 200 Euro schon mit Bogen, Pfeilen, Arm- und Fingerschutz sowie Köcher eindecken kann.

    Bei meinen letzten Versuchen habe ich den Dreh raus. Ich denke auch nicht mehr viel nach, auch das Loslassen der Sehne fühlt sich nicht mehr sperrig an, wie zuvor, sondern flüssig. Nur muss ich mich zwingen, den Bogen nach dem Abschuss des Pfeils nachzuhalten und nicht sofort nachzusehen, wie ich getroffen habe. „Eine Millisekunde Nachhalten reicht, bis der Pfeil in der Scheibe steckt. Wenn man den Bogen zu schnell fallen lässt, verzieht es den Pfeil, da er nicht sauber von der Sehne geht“, sagt Schütz. Als er mir dann erzählt, es passiere immer wieder, dass ein Schütze einen Pfeil auf der Zielscheibe mit einem Schuss spaltet, mogelt sich doch noch ein Gedanke an Robin Hood in meinen Kopf.

    Am Ende schaffe ich sogar ein recht ansehnliches Trefferbild, fünf Pfeile stecken im Gold. Nun bloß kein „Goldfieber“ bekommen. Das packt einen Schützen schon mal, wenn er auch den sechsten Pfeil unbedingt in die Zielmitte bringen will und nervös wird. Doch auch der letzte Pfeil sitzt und mein Trainer zeigt sich sehr zufrieden mit meiner Leistung. Euphorisch und überraschend entspannt beende ich meine erste Einheit im Bogenschießen. Am nächsten Tag hätte ich große Lust, gleich eine zweite anzuhängen. Wenn da der Wahnsinns-Muskelkater nicht wäre...

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