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Riedstrom-Debatte: Wie Landwirte und Betroffene nach Lösungen suchen

Landkreis Donau-Ries

„Wir müssen umdenken mit dem Riedstrom“

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    Das Hochwasser Anfang Juni hat auch die Landwirtschaft hart getroffen. Aktuell ermitteln die Bauern die Höhe der entstandenen Schäden.
    Das Hochwasser Anfang Juni hat auch die Landwirtschaft hart getroffen. Aktuell ermitteln die Bauern die Höhe der entstandenen Schäden. Foto: Simon Kapfer, Landratsamt (Archivbild)

    Der Frust sitzt immer noch tief. Das ist deutlich zu merken, wenn man mit den Menschen spricht, die das Hochwasser im Juni im Landkreis Donau-Ries am härtesten getroffen hat; diejenigen, deren Häuser, Grundstücke und Felder auf der Retentionsfläche liegen und vom Riedstrom unter Wasser gesetzt wurden. Wer bezahlt für die Schäden und wann kommt das Geld? Und vor allem: Wie geht es danach weiter? Es sind auch diese Themen, die bei einer Infoveranstaltung in der Bäldleschwaige mehrfach zur Sprache kommen. Gibt es mittlerweile auch Antworten?

    „Wir Landwirte sind uns immer einig gewesen, dass wir die Bürger in den Ballungsräumen schützen müssen“, sagt Karlheinz Götz, Kreisvorsitzender des Bayerischen Bauernverbands (BBV). Dass dafür Wasser auf landwirtschaftliche Flächen geleitet werde, sei die logische Konsequenz und so ja auch während des Junihochwassers geschehen. „Aber wenn wir den Schaden haben, muss man das doch auch zahlen.“ Und genau an diesem Punkt sei man seit nun seit mehreren Wochen, auch wenn Götz nicht von einem Stillstand sprechen will. „Wir haben Fortschritte gemacht“, versichert er. „Wir sind gerade dabei, die Schäden zu ermitteln.“

    Noch immer sieht es in vielen Häusern aus wie in einem Rohbau.
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    Genau drei Monate, nachdem das Wasser den Donauwörther Ortsteil erreicht hat, kämpfen die Anwohner noch immer mit schweren Schäden und der Frage: Wer soll das bezahlen?

    Hochwasser in der Landwirtschaft: Bauern ermitteln die Schäden

    Dass die Landwirte ihre Schäden selbst erfassen, liegt an der Absichtserklärung der Bayerischen Staatsregierung zum Riedstrom, die 2016 verfasst wurde. Laut dieser Erklärung sollen finanzielle Hilfen analog zum Hochwasser 2013 ausgezahlt werden. Damals trug der Bund 30, der Freistaat 50 Prozent der Kosten, bei besonderen Härtefällen wurden 100 Prozent des Schadens übernommen. Doch diese Erklärung entspreche nicht den Richtlinien, die für das Soforthilfeprogramm in Bayern gelten, wie Götz erklärt. „Nach diesen Vorgaben würden Flächen, die zu weniger als 50 Prozent geschädigt sind, gar nicht erfasst werden.“ Zudem gebe es darin die Mindestgrenze von 5000 Euro Schaden. Und hier liege das Problem: Zwar seien Gutachter vor Ort gewesen, doch diese hätten sich ja nur nach den offiziellen Vorgaben richten können. „Aber wir haben ja unsere Absichtserklärung. Die hat zwar juristisch keine Bedeutung, ist aber eine politische Zusage.“ Das habe er auch so an die bayerischen Ministerien kommuniziert. Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber habe sich offen gezeigt, aber: „Sie brauchen zuerst die Schadenssummen von uns.“

    Ein weiterer Punkt seien die Marktwerte, mit denen die Schäden nach offiziellen Richtlinien errechnet werden. „Die Werte stimmen teilweise gar nicht mehr, Zuckerrüben und Kartoffeln kosten inzwischen mehr, Getreidepauschalen sind zu hoch angesetzt. Wenn wir es machen, müssen wir es doch vernünftig machen.“ Das habe er auch dem bayerischen Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger so gesagt. Nach aktuellem Stand seien aus 250 betroffenen Betrieben in den Landkreisen Donau-Ries und Dillingen Schadensmeldungen eingegangen, 130 davon hätten bereits einen Antrag auf Entschädigung gestellt. Die bisherige Summe beläuft sich auf rund 5 Millionen Euro. „Ich weiß, dass viele meinen, wir würden vergessen werden“, sagt Götz. Er glaube weiter an das Gute im Menschen. „Die Politik braucht jetzt Zahlen und Fakten. Wenn wir die geliefert haben, hoffe ich, dass es eine Ansage gibt.“

    „Was so eine Evakuierung mit Menschen macht, da ist traumatisch“

    Das hofft auch Zita Frey, Sprecherin der IG Rettingen. „Für uns das Wichtigste ist die Anerkennung, dass es sich beim Riedstrom um ein technisch gesteuertes Hochwasser handelt und nicht um ein natürliches“, sagt sie. „Und das muss auch politisch festgeschrieben werden, damit wir das nicht immer wieder neu diskutieren müssen.“ Schließlich sei das Wasser vor dem Bau der Staustufen zu beiden Seiten der Donau ausgelaufen, während sich dies jetzt geballt auf die südliche Seite beschränke. „Wir brauchen außerdem 100 Prozent Entschädigung für die Betroffenen.“ Zudem müsse für Zusum und Rettingen der Grundschutz erhalten werden. „Wir können das nicht alle 20 Jahre machen“, betont Frey. „Was so eine Evakuierung mit den Menschen macht, das ist traumatisch.“ Dazu komme nun auch noch der Klimawandel, der Unwetter und Hochwassersituationen in der Zukunft wahrscheinlicher mache. „Wir müssen umdenken mit dem Riedstrom. Er darf nicht per se als Allheilmittel für Hochwasser gelten, sondern als Notfallinstrument.“ Für Regelsituationen brauche es Alternativen, etwa, dass das Wasser auch im Norden ausgeleitet werden könne.

    Ein weiterer Streitpunkt: die Baustraßen in der Donau. Diese hätten keinerlei Einfluss auf das Hochwasser gehabt, wie die LEW noch vor zwei Wochen auf Nachfrage unserer Redaktion mitteilte. Zita Frey und ihre Mitstreiter können das nicht glauben. „Wir sind der Meinung, dass die Baustraßen zu einem Rückstau des Wassers geführt haben. Und entsprechend musste mehr Wasser in den Riedstrom ausgeleitet werden.“

    Im Wasserwirtschaftsamt Donauwörth widerspricht man dieser Aussage. „Die Wassermengen damals waren so immens, dass die Baustraßen sicherlich keinen Einfluss gehabt haben“, sagt Johannes Meyer, Abteilungsleiter im Bereich Planung und Bau. Die Werte, nach denen die Staustufen betrieben würden, seien rechtlich vorgegeben und die Staustufen während des Hochwassers bescheidsgemäß betrieben worden. „Beim Riedstrom handelt es sich um natürliche Ausuferungen, da im Bereich der Ausuferungen keine Regelorgane verwendet werden.“ Alle Maßnahmen wie die Donaukorrektion und der Staustufenbau hätten maßgeblich zur Verbesserung im Ried geführt. Aktuell sei man mit den Planungen beschäftigt, um den Hochwasserschutz zu verbessern beziehungsweise zu erneuern.

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