Das Mammutprojekt soll vor Katastrophen bewahren, vor Ausuferungen der Donau auf Siedlungen, Dörfer und Städte. Entlang des Stromes soll sich in Bayern eine Perlenkette an Rückhalteräumen - auch "Mini-Polder" genannt - ziehen. Es ist in der Tat ein großes Ansinnen des Freistaats, das aber auch den Unmut der unmittelbaren Anlieger, der Landwirte und Grundbesitzer auf sich zieht. Jede Seite sammelt Argumente, die Kommunen stehen mitunter zwischen den Stühlen. In der Frage der Rückhalteräume Riedlingen und Tapfheim haben Donauwörth und sein kleinerer Nachbar indessen einiges an Argumenten gegen die eingedeichten Becken gesammelt.
Das ganze Projekt klingt erst einmal sehr bürokratisch, nüchtern. "Raumordnungsverfahren´Hochwasserschutz Schwäbische Donau" - dahinter in Klammern: "abgeschlossen". Das bedeutet nun nicht, dass die Bagger bald rollen, dass in nächster Zeit Deiche aufgeschüttet werden. Doch zweifelsohne sind der Freistaat, die Regierung von Schwaben und das Wasserwirtschaftsamt Donauwörth als ausführendes Organ jetzt mit dem nächsten abgehackten Punkt einen Schritt weiter - nachdem die Projektvorstellung in den vergangenen Jahren einiges an Kritik der örtlichen Interessengruppen auf sich gezogen hatte. Die monierten mangelnde Effektivität, nur um ein paar Zentimeter würde die Hochwasserwelle gekappt im Falle eines außerordentlich hohen Pegelstandes - so lauten die Hauptargumente der Gegner aus Landwirtschaft und Grundeignern.
Wasserwirtschaftsamt Donauwörth kommt zu insgesamt positivem Urteil
Interessant ist in den nun öffentlich gewordenen behördlichen Unterlagen zum Raumordnungsverfahren der Punkt "landesplanerische Beurteilung" - die Wasserwirtschaft kommt hier, wie berichtet, insgesamt zu einem positiven Urteil über die angedachten Rückhalteräume. Doch die betroffenen Kommunen Donauwörth (im Falle des Minipolders Riedlingen) und Tapfheim argumentieren, milde gesagt, skeptisch.
Die Stadt Donauwörthist, wie in der landesplanerischen Beurteilung explizit aufgeführt ist, "mit den vorgestellten Planungsvarianten nicht einverstanden und widerspricht diesen". Die Große Kreisstadt trage "bereits einen großen Anteil am Hochwassermanagement" an der schwäbischen Donau - sie verweist in diesem Zusammenhang auf Flächen, die dem Riedstrom zur Verfügung stehen sowie auf die bestehenden Rückhalteräume entlang der Wörnitz, des zweiten großen Stromes auf städtischer Flur. Jene Rückhalteräume stellen aus Sicht der Stadt Donauwörth "bereits eine überproportionale Belastung der Kommune dar", sie seien ferner in den bisherigen Planungen "zu wenig beachtet worden". Eine weitere Belastung innerhalb des Stadtgebiets sei "nicht hinnehmbar". Der Projektträger, also letztlich der Freistaat Bayern, müsse für den Rückhalteraum Riedlingen erst einmal eine "Planrechtfertigung" darlegen und prüfen, ob der Rückhalteraum entbehrlich sei. Wie eingangs beschrieben, vertritt die Große Kreisstadt die Auffassung, dass für diesen Minipolder "bis heute kein positiver Effekt" nachgewiesen worden sei. Die Stadt insistiert nun, "bei der Frage der Notwendigkeit eines Rückhaltebeckens in Riedlingenauch ein besseres Staustufenmanagement zu berücksichtigen", soweit dieses den HQ100-Schutz (hundertjähriges Hochwasser) planmäßig und jederzeit unterstützen könne. Es ist demnach ersichtlich, dass sich die Stadt fast vollumfänglich der Argumentation der Plankritiker der Interessengemeinschaft (IG) "Rettet die Riedlinger Flur" stellt.
Tapfheim: "Einschränkungen überschreiten Zumutbarkeitsgrenze deutlich"
Die Gemeinde Tapfheimerklärt in ihrer Stellungnahme, dass die Auswirkungen der geplanten Rückhalteräume für Tapfheim schier existenziell seien. Es bestehe bereits ein Überschwemmungsgebiet in Rettingen, weiterhin gebe es im Sinne der Ökologie zahlreiche größere geschützte Areale. "Die damit verbundenen Einschränkungen für die Gemeinde Tapfheim bei deren Entwicklung übersteigen, nach Auffassung der Gemeinde, die Zumutbarkeitsgrenze deutlich." Allein die geplanten Rückhalteräume und das bestehende Überschwemmungsgebiet würden künftig 40 bis 45 Prozent des Gemeindegebiets umfassen, "was einen nicht mehr vertretbaren Eingriff in das grundgesetzlich gesicherte kommunale Selbstverwaltungsrecht und die kommunale Planungshoheit darstelle". Tapfheim werde durch das gesetzliche Verbot der Ausweisung neuer Baugebiete "einer selbstbestimmten Gestaltung ihrer langfristigen Zukunft als attraktive Wohngemeinde und bei der Weiterentwicklung der Naherholung zu stark eingeschränkt". Die Großgemeinde fordert nun, "dass Hochwasser- und Pegelreduktionen, die durch derzeit im Bau befindliche Hochwasserrückhalteprojekte am Oberlauf der Donau und deren Zuflüssen erzielt werden können, bei der Bedarfsermittlung und bei der Betroffenheit/ Verhältnismäßigkeit der Gemeinde Tapfheim zwingend zu berücksichtigen seien". Ferner sei zu befürchten, "dass die Rückhalteräume Donauwörth und Tapfheim bereits früher als HQ80" (einem sogenannten 80-jährigen Hochwasser, Anm. d. Red.) eingesetzt würden. Dies könne "auf keinen Fall akzeptiert werden".
Die großen Debatten werden wohl erst noch geführt werden - dann, wenn es um die nächsten Verfahrensschritte und insbesondere um die konkrete Umsetzung geht. Strittige Punkte sind allem voran der mögliche Eintrag von Schadstoffen bei der Stauung von Wasser in den Rückhalteräumen, Haftungsfragen und letztlich die angesprochene Effektivität der polderartigen Eindeichungen an der Donau.