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Nicht mehr kontrollierbar: Evakuiertes Gebiet um Rettingen läuft voll Wasser
![Das Gebiet um Rettingen - hier von der Birkschwaige aus gesehen - ist seit Montag großflächig überflutet. Das Gebiet um Rettingen - hier von der Birkschwaige aus gesehen - ist seit Montag großflächig überflutet.](https://www.augsburger-allgemeine.de/resources/1715674498059-1/ver1-0/img/placeholder/16x9.png)
![Nicht mehr kontrollierbar: Evakuiertes Gebiet um Rettingen läuft voll Wasser](https://www.augsburger-allgemeine.de/img/incoming/crop50009986/9143054912-cv1_1-w40-owebp/Wolfgang-Widemann?t=.jpg)
Bis in die Nacht auf Dienstag blieb das Evakuierungsgebiet um Rettingen und die Schwaigen vom Hochwasser verschont. Doch das änderte sich schlagartig.
Noch am Montag war in der Donauebene um den Tapfheimer Ortsteil Rettingen und die Schwaigen, die auf einer insgesamt rund 1000 Hektar großen Fläche verteilt sind, vom Hochwasser der Donau nichts zu sehen. Auf den Feldern stand nur an einigen Stellen etwas Druck- oder Stauwasser. Doch in der Nacht auf Dienstag änderte sich die Situation schlagartig. Riesige Mengen Wasser strömen in den Landstrich, dessen Bewohner am Samstag dazu aufgerufen wurden, ihre Häuser zu verlassen.
Dieses Szenario hätten Experten vorhergesagt, berichtet Kreisbrandmeister Mike Kühnel aus Tapfheim. Am Montagabend habe man in dem genannten Gebiet nochmals "die Sirenen laufen lassen" und den verbliebenen Menschen die Lage geschildert. Dennoch habe es eine Reihe von Bewohnerinnen und Bewohnern weiter abgelehnt, die Anwesen zu verlassen.
Feuerwehr: Situation um Rettingen ist nicht mehr kontrollierbar
Am Dienstagmittag stellt Kühnel fest, dass die Vorhersagen zutreffen: "Es kommt jetzt so." Vor allem über den sogenannten Riedstrom, der im Kreis Dillingen von der Donau abgeleitet wird und sich über landwirtschaftliche Flächen in Richtung Zusam im Donau-Ries-Kreis ergießt, nehme immer weiter zu. Aber es gebe auch "andere Einströmungen". Kurzum, so der Kreisbrandmeister: "Das ist eine unkontrollierbare Geschichte." Das Wasser steige, ein Großteil der Straßen in dem Gebiet sei überflutet.
Die Feuerwehr habe sich angesichts der aussichtslosen Lage, die Fluten aufzuhalten, zurückgezogen. Die verbliebenen Anwohner seien - soweit möglich - mit Pumpen versorgt worden. Die Leute harren nun auf eigene Verantwortung im überschwemmten Bereich aus.
Am Montag waren die Felder um die Schwaigen noch trocken
Einer der Zurückgebliebenen ist Karl-Philipp Sautter, Land- und Gastwirt auf der Bäldleschwaige. Der hatte am Montagnachmittag den CSU-Landtagsabgeordneten Wolfgang Fackler und Karlheinz Götz, Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbands zu Gast, also zu dem Zeitpunkt, als der Pegel der Donau in Donauwörth seinen höchsten Stand im Bereich eines Jahrhunderthochwassers erreichte. Dass die Felder um Rettingen und die 14 Schwaighöfe noch immer weitgehend trocken waren, sah Sautter als Beweis, dass ein 1891 von den damaligen Bewohnern erbauter Ringwall um das 1000 Hektar große Gebiet noch immer zuverlässig seine Dienste erfülle. Sautter und andere Bewohner der Schwaigen, die sich über vier Kommunen in zwei Landkreisen verteilen, kämpfen in einer Bürgerinitiative seit 2008 dagegen, dass der Landstrich als Überschwemmungsgebiet ausgewiesen wird.
![Zwischen Entspannung und Hochspannung: Die Hochwasser-Bilder vom Dienstag Treibholz wurde bei Druisheim angeschwemmt.](https://www.augsburger-allgemeine.de/resources/1715674498059-1/ver1-0/img/placeholder/16x9.png)
Landtagsabgeordneter Fackler erklärte bei dem Besuch am Montag, es laufe im Landtag noch immer eine Petition aus dem Jahr 2014 gegen eine solche Klassifizierung. Erst kürzlich war deshalb Alexander Flierl, der Vorsitzendes des Umweltausschusses des Landtags, vor Ort. BBV-Kreisobmann Götz äußerte sich so: "Man sieht jetzt: Außen rum ist alles voll und hier ist es trocken."
![Die Bewohner dieses Anwesens in Rettingen verbarrikadierten ihre Garage mit Sandsäcken, bevor das Hochwasser kam. Die Bewohner dieses Anwesens in Rettingen verbarrikadierten ihre Garage mit Sandsäcken, bevor das Hochwasser kam.](https://www.augsburger-allgemeine.de/resources/1715674498059-1/ver1-0/img/placeholder/16x9.png)
Bewohner ziehen Erdwall um die Bäldleschwaige
Wenige Stunden später war jedoch alles anders. Sautter wirkt im Telefongespräch mit unserer Redaktion am Montagmittag spürbar mitgenommen. Die ganze Nacht über war er mit seiner Familie auf den Beinen, um mit einem Erdwall die Bäldleschwaige vor den Fluten zu schützen. Das Wasser sei innerhalb kurzer Zeit gekommen. Noch seien die Gebäude nicht überflutet. Dass Hochwasser in das Schwaigen-Gebiet fließt, habe es seit dem Ringdeich-Bau 1891 bis auf eine Ausnahme - ein Dammbruch 1926 - nicht gegeben.
![Am Montagnachmittag war vom Hochwasser im Gebiet der Schwaigen noch nichts zu sehen. Dies änderte sich dann in der Nacht schlagartig. Am Montagnachmittag war vom Hochwasser im Gebiet der Schwaigen noch nichts zu sehen. Dies änderte sich dann in der Nacht schlagartig.](https://www.augsburger-allgemeine.de/resources/1715674498059-1/ver1-0/img/placeholder/16x9.png)
Weiter zu dem Thema äußern wollte sich Sautter nicht. Er sagte nur so viel: "Mit dem Riedstrom allein hat das nichts zu tun." Überhaupt: Der ganze Ablauf im Zusammenhang mit der Evakuierungsaufforderung am Samstag gebe ihm zu denken. Wie gemeldet, lief auf der Bäldleschwaige gerade eine Hochzeit, als die Behördenvertreter erschienen. Der Wirt und die Brautleute entschieden, die Feier fortzusetzen.
In den Riedstrom laufen über 1000 Kubikmeter Wasser pro Sekunde
Das Landratsamt Dillingen teilte am Montag mit, seit Samstag, 3 Uhr, werde an den Staustufen im Kreis Dillingen Donauwasser in den Riedstrom ausgeleitet. Der Anstieg der Wasserstände auf den davon betroffenen Flächen sei stetig. Die Ausleitung werde mindestens bis Mittwochnachmittag stattfinden. Die Wassermenge lag am Montagabend bei über 1000 Kubikmetern pro Sekunde. Dieses Niveau sei bis Dienstagnachmittag prognostiziert und dann rückläufig. Es sei mit einer erheblichen Ausdehnung der Überschwemmungsflächen im Bereich des Riedstromes auszugehen, "welche die bisherigen Ausmaße zurückliegender Hochwasserereignisse deutlich übertreffen wird", so die Behörde. In Bezug auf die Ausdehnung des Riedstroms und der Auswirkungen könne ein 100-jährliches Hochwasser (HQ 100) übertroffen werden. Man schließe ein sogenanntes "HQ extrem" nicht mehr aus.
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