Ausgedünnte Reihen im Rainer Stadtrat und eine Kampfabstimmung: In der jüngsten Sitzung waren von 21 Stadträtinnen und Stadträten sieben verhindert. Das machte sich vor allem beim Tagesordnungspunkt sieben bemerkbar. Als es nämlich ums Thema "Strukturkonzept zur Sicherstellung der Wasserversorgung der Stadt Rain" ging, ergab sich eine Pattsituation: Die 14 anwesenden Stadträtinnen und Stadträten stimmten 7:7 ab. Bei Stimmengleichheit aber gilt ein Antrag als abgelehnt. Damit steht fest: Es wird kein Strukturkonzept für die künftige Wasserversorgung der Stadt Rain geben. Das Gremium hatte sich bereits zuvor in einer Klausurtagung und zwei Stadtratssitzungen mit dieser Thematik befasst. Wozu wäre dieses Gutachten gut gewesen? Und was spricht aus Sicht der Ratsmitglieder dafür beziehungsweise dagegen?
Das Wasserwerk in Rain zu ertüchtigen kostet geschätzt sieben Millionen Euro
Handlungsbedarf in Sachen Wasserversorgung besteht, da das jetzige Wasserwerk aus den 70ern stammt und in die Jahre gekommen ist. Das stellt die Kommune vor die entscheidende Frage: Will sie in Sachen Trinkwasserversorgung weiter eigenständig bleiben? Dann muss sie mittelfristig geschätzte sieben Millionen Euro in die Ertüchtigung des Wasserwerks investieren. Oder aber will sich die Stadt künftig dem Wasserzweckverband Fränkischer Wirtschaftsraum (WFW) anschließen und das Wasser von dort anliefern lassen? Dann müsste sie deutlich weniger Geld für die Infrastruktur in die Hand nehmen - diese Kosten müssten allerdings noch ermittelt werden.
Unabhängig von dieser Frage stehen auf jeden Fall weitere Ausgaben an: Zwingend muss ein neuer Brunnen 8 für rund 1,5 Millionen Euro gebaut werden, der den bisherigen Brunnen 7 ersetzen soll. Ebenfalls unausweichlich ist der Anschluss an einen Notverbund mit Mertingen und der Oberndorfer Gruppe, um für den Ernstfall gerüstet zu sein. Die Kosten für den Anschluss daran werden mit rund 1,5 Millionen Euro beziffert. Rain hat bereits Notverbünde mit der Burgheimer und der Thierhauptener Gruppe.
Umgelegt werden alle Ausgaben - in Form von Verbesserungsbeiträgen und/oder Wasser- und Abwassergebühren - auf alle Bürger, obwohl vom Rainer Wasserwerk aus jetzt nur die Kernstadt versorgt wird. Die Ortsteile beziehen ihr Wasser aus umliegenden Wasserzweckverbänden. Als Solidargemeinschaft werden jedoch alle zur Kasse gebeten.
Für Bürgermeister Rehm wäre es wichtig gewesen, verlässliche Daten zu ermitteln
Zurück zur eigentlichen Frage: Selbstversorger bleiben oder Mitglied des WFW werden? Um die dafür relevanten Fakten auf den Tisch zu bekommen, hätte es die Möglichkeit gegeben, ein sogenanntes Strukturkonzept in Auftrag zu geben. Die Stadt Rain hätte dafür 17.000 Euro bezahlen müssen. Für Bürgermeister Karl Rehm wäre es wichtig gewesen, "verlässliche Daten zu ermitteln, denn letztlich geht es um die Kosten, die direkt auf die Bürger umgelegt werden." Zusammengerechnet gehe es schließlich um Ausgaben in Höhe von rund 10 Millionen Euro.
Manuel Paula (CSU) plädierte dafür, sich bei der Wasserversorgung nicht in Abhängigkeit zu begeben, sondern direkt in die Planung einzusteigen. Er lehnte das Strukturkonzept ab, weil es darin auch um die Möglichkeit der Fremdversorgung durch den WFW gehe. Stefan Degmayr (FW) fand hingegen: "Wir können das Thema ohne Gutachten nicht fachmännisch beurteilen." Seiner Meinung nach wären die 17.000 Euro gut angelegt.
Simon Briglmeir (Jungbürger/Unabhängige) sah den Kern der Strukturanalyse in der Frage Fremd- oder Eigenbezug. Wörtlich sagte er: "In den Zeiten, in denen sich Abhängigkeiten auf dem Versorgungs- und Energiemarkt so negativ auf den Verbraucher auswirken, sollte auf eine Eigenständigkeit in der Versorgungslage geachtet werden!" Die Wasserversorgung solle als Pflichtaufgabe der Daseinsversorgung in städtischer Hand bleiben, so Briglmeir. Zudem liege eine Reihe von Erkenntnissen ohne Strukturgutachten bereits vor. Seine Fraktion lehne das Konzept daher ab.
Johannes Schachaneder (WVRST) sah in Briglmeirs Worten über die Abhängigkeit auf dem Versorgungsmarkt eine Anspielung auf die Ukraine-Krise und sprach von "an der Grenze der Geschmacklosigkeit". "Wir können eine Diskussion für eine Grundlage, die erst ansteht, nicht in Zusammenhang mit der russischen Energiepolitik setzen", so Schachaneder. Schließlich stimme der Stadtrat auch gar nicht darüber ab, ob man die Wasserversorgung so oder anders wolle, sondern lediglich darüber, ob ein Konzept in Auftrag gegeben werde, das diese Entscheidung später einmal "auf größtmögliche Objektivität stellt". Schachaneder wünschte sich eine größtmögliche Informationsvielfalt zu diesem komplexen Thema.
Martin Strobl (WVRST) sah das ähnlich: "Das Strukturkonzept wäre eine sachorientierte Auflistung aller Für und Wider. Diese Argumente liegen uns bisher noch nicht vor." Auch Peter Schmid (PWG) plädierte für das Gutachten, weil es Zahlen und Fakten für die Wasserversorgung der nächsten 30/40 Jahre liefere. "Keiner von uns hat das notwendige Fachwissen. Ich finde es politisch fahrlässig, das Gutachten nicht in Auftrag zu geben und ein solches Thema aus dem Bauch raus zu entscheiden." Und für Joachim Düsing (PWG) ging es um Kosten und Wirtschaftlichkeit: "Wir müssen den Bürgern auch klarmachen können, warum die Wassergebühren eines Tages steigen werden."
Am Ende ging die Entscheidung mit 7:7 Stimmen denkbar knapp aus. Fakt ist: Damit ist das Strukturgutachten vom Tisch. Zunächst wird nun Brunnen 7 geplant. Zum Jahresende soll die Ausschreibung stattfinden. In ein paar Jahren geht es dann an die Ertüchtigung des Wasserwerks.