Man stelle sich folgendes Szenario vor: Krankheitserregende Keime gelangen in erhöhter Konzentration über das Stockerwasser - einen Bachlauf bei Unterpeiching - in die Trinkwasserbrunnen VI und VII der Stadt Rain, die daraufhin im schlimmsten Fall diese Brunnen schließen muss. Damit wäre die Wasserversorgung im Stadtgebiet zeitweise nur noch eingeschränkt möglich. Auch andere Situationen sind denkbar, in denen das kostbare Gut Trinkwasser plötzlich nicht mehr in gewohnter Weise zur Verfügung steht.
Obwohl akut nichts dergleichen zu befürchten steht, ist die Stadt Rain schon seit Jahren an diesem Thema dran, um rechtzeitig Vorsorge zu treffen. Bekanntlich plant sie, einen neuen Brunnen zu bauen, der weiter weg vom Stockerwasser liegt, damit mögliche Keime mindestens 50 Tage lang unterwegs wären. Diese 50-Tage-Linie ist ein in der Fachwelt anerkannter Erfahrungswert, der sicherstellt, dass Mikroorganismen, so sie denn ins Wasser gelangt sind, nach dieser Zeit sicher abgestorben sind.
Aber es gibt auch noch eine weitere Lösung, um im Notfall qualitativ bestes Trinkwasser sicherzustellen: Die Stadt Rain will sich mit der Gemeinde Mertingen und dem Wasserzweckverband Oberndorfer Gruppe zusammenschließen. Gegründet werden soll der "Trinkwasserverbund Nördliches Lechtal". Alle drei Partner würden sich damit wechselseitig absichern, sollte in ihrem jeweiligen Bereich die Trinkwasserversorgung ausfallen. Alle drei verfügen derzeit über keine ausreichende Notversorgung, sie würden in diesem partnerschaftlichen Verbund aber jeweils ein zweites Standbein schaffen.
Der Stadtrat Rain stimmte in seiner Sitzung am Dienstag diesem Zusammenschluss "Nördliches Lechtal" einstimmig zu. Die Gemeinde Mertingen und der WZV Oberndorfer Gruppe tagen erst noch zu diesem Thema - allerdings gibt es bereits positive Signale von beiden. Auch das Wasserwirtschaftsamt Donauwörth begrüßt diesen Verbund ausdrücklich.
Eine Studie hat Zahlen und Fakten der vergangenen 15 Jahre ausgewertet
Vorab musste geklärt werden, ob ein solcher Zusammenschluss in hydrogeologischer, technischer und wasserrechtlicher Hinsicht überhaupt möglich ist. Das "HG Büro für Hydrogeologie und Umwelt" aus Gießen hat auf Basis zahlreicher Messungen und Untersuchungen aus den vergangenen 15 Jahren eine Studie zu diesem Zweck erstellt, die Daten aus Rain, Mertingen und der Oberndorfer Gruppe ausgewertet hat. HG-Geschäftsführer Bernd Hanauer stellte sie jetzt dem Stadtrat Rain vor. Das sind die wichtigsten Punkte:
- Alle drei Partner haben sehr potente Wassergewinnungsgebiete, die zwar alle im Lechtal liegen, aber unterschiedlicher Herkunft sind. Rain gewinnt sein Wasser zu 100 Prozent aus Uferfiltrat des Lechs, die Oberndorfer Gruppe zu 100 Prozent aus dem Lechtal-Grundwasser und Mertingen zu 100 Prozent aus dem Uferfiltrat der Schmutter. Damit ist laut Bernd Hanauer praktisch ausgeschlossen, dass mögliche Qualitätsprobleme gleichzeitig auftreten.
- Hydrochemisch sind die verschiedenen Wasser vergleichbar, deshalb gibt es laut Gutachten keine Probleme, sie zu vermischen.
- Die räumliche Nähe macht den Verbund in technischer Hinsicht ebenfalls unproblematisch.
- Die geplante Form einer großräumigen, technischen Verbundlösung kann staatlich gefördert werden.
- Hochergiebige Brunnen bestehen in allen drei Gewinnungsgebieten, beziehungsweise sind dort möglich.
Einstimmig befürwortete der Stadtrat Rain das Vorhaben, den Trinkwasserverbund Nördliches Lechtal zu gründen. Aus seiner Sicht soll es nun folgendermaßen weitergehen: Schrittweise sollen die Pläne weiterverfolgt werden, so denn die beiden anderen Partner - die Gemeinde Mertingen und der Zweckverband Oberndorfer Gruppe - ebenfalls offiziell grünes Licht dazu geben.
Als nächster Schritt ist dann - auch als Grundlage für einen Förderantrag und für die anteilige Verteilung der Kosten auf alle drei - ein Konzept zur technischen Realisierung notwendig. Da geht es um Leitungen, ums Pumpwerk und alle möglichen weiteren Details. Und es geht um Kostenschätzungen und Wirtschaftlichkeitsprüfungen. Der Stadtrat Rain beschloss, entsprechende Angebote von den jeweils beauftragten Ingenieurbüros der drei potenziellen Partner einzuholen - auch hier ist natürlich die erste Voraussetzung, dass alle drei an einem Strang ziehen.