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Johann Georg Stuwer: Pyrotechnik-Legende aus dem Kesseltal

Oberliezheim

Ein Tüftler aus dem Kesseltal war in Wien der gefeierte Star

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    Im Wiener Prater hatte Johann Georg Stuwer seinen eigenen großen Platz, auf dem er ein Gerüst errichtete, um seine Pyrotechnik effektvoll in Szene zu setzen. Dieses Gemälde entstand um 1820.
    Im Wiener Prater hatte Johann Georg Stuwer seinen eigenen großen Platz, auf dem er ein Gerüst errichtete, um seine Pyrotechnik effektvoll in Szene zu setzen. Dieses Gemälde entstand um 1820. Foto: Tobias Dyonis Raulino, Wien Museum Inv.-Nr. 105358/1

    Feuerwerker, Ballonfahrer und Erfinder kennen seinen Namen und die Wiener Bevölkerung war Ende des 18. Jahrhunderts von seiner Kunst entzückt: Johann Georg Stuwer. Was allerdings wenig bekannt sein dürfte, ist die Tatsache, dass der kreative Kopf aus dem Kesseltal stammt, genauer gesagt aus dem kleinen Bissinger Ortsteil Oberliezheim. Dort erblickte er als Johann Georg Stubenrauch das Licht der Welt. Belegt ist nur sein Taufdatum: 2. August 1732. Als junger Mann zog er aus über‘s Donautal nach Ingolstadt und später nach Wien, wo ihn vor rund 250 Jahren wohl jedes Kind kannte.

    Kaiserin Maria Theresia höchstpersönlich erteilt dem Oberliezheimer 1773 das Privileg seine Feuerwerks-Kunst im Wiener Prater ausüben zu dürfen. Sogar eine eigene Feuerwerkswiese wird „dem Stuwer“, wie er sich dort nannte, zugewiesen. Er errichtete ein dauerhaftes Gerüst und eine hölzerne Zuschauertribüne und ließ sich für seine Vorstellungen „etwas Besonders auf dem neuen Plaze“ einfallen. Stuwers Pyrotechnik fand mehrmals jährlich statt und war ein einzigartiges Schauspiel. Ein beliebtes Datum war der in Wien festlich begangene „Annentag“, an dem Stuwer zu Ehren des Namenstages aller Annas feurige Blumenbuketts, glitzernden Brillantschmuck, Fächer und dergleichen am Himmel erstrahlen ließ.

    So sah das Stuwersche Feuerwerk im Prater bei Nacht aus.
    So sah das Stuwersche Feuerwerk im Prater bei Nacht aus. Foto: Wien Museum

    Tausende Besucher strömten an solchen Abenden in den Prater. Die Spektakel dauerten etwa 45 Minuten und endete in einer gewaltigen Kanonade. Stuwer brachte Figuren aus der Mythologie ebenso zur Darstellung, wie ein Schachbrett, Korngarben, sich drehende Mühlenflügel oder das bombardierte Gibraltar. Er ließ den Kaiser von China auf einem Elefanten reitend in Peking einziehen und zeigte, „wie ein Walfisch harpuniert“ und zwecks Trangewinnung „zerhacket“ wird, wobei besondere Sorgfalt auf die „beweglichen blauen Wellen“ des Meeres gelegt wurde. Neben der Vielfalt an Feuerwerkskörpern waren es große, durchscheinende „perspektivische Zeichnungen“, mit denen Stuwer dabei besondere Effekte erzielte. Wiederholt verband er seine Feuerwerke mit Konzerten, so erklang zu den dargestellten türkischen Instrumenten „türkische Musik“, während Orpheus und Eurydike von Klängen aus Glucks Oper begleitet wurden.

    „Stuweriane“ schaffte vor 240 Jahren den ersten bemannten Ballonaufstieg

    Dass Johann Georg Stuwer ein kreativer Kopf und Tüftler war, bezeugt auch sein Interesse für die Ballonfahrt. Am 6. Juli 1784 gelang ihm vor 15.000 Zuschauern der erste bemannte Ballonaufstieg in der österreichischen Monarchie. Angespornt durch die erst im Jahr zuvor erfundene Montgolfière, konstruierte er einen Fesselballon, an dem er statt eines Korbes ein „großes hölzernes Schiff nagelfest anheften“ ließ.

    Der Ballon hatte nicht die vertraute Kugelform, sondern die Gestalt eines liegenden Zylinders, dessen Enden aus stumpfwinkeligen Kegelteilen bestanden. Bei voller Größe erreichte er die Höhe eines vierstöckigen Hauses. Nach mehreren Versuchen fand endlich im Juli 1784 der erste bemannte Aufstieg eines Fesselballons im Kaiserreich statt, und markierte damit den Beginn der österreichischen Luftfahrt. An Bord des über 12 Meter langen und mehr als 4 Meter breiten Luftschiffs befanden sich vier Insassen, darunter der Architekt Hackenmüller und Stuwers Sohn Kaspar. Die „Stuweriane“ stieg, wie ein Zeitgenosse schilderte, „unter heiligstillem Staunen der Zuschauer in die Luft hinauf…“. Nach geglücktem Versuch wurde der Ballon wieder herabgezogen und der Abend mit einem Stuwer-Feuerwerk gefeiert.

    Eine Einladungskarte zum Feuerwerk im Prater mit Demonstration des Luftschiffes.
    Eine Einladungskarte zum Feuerwerk im Prater mit Demonstration des Luftschiffes. Foto: Wienbibliothek im Rathaus, Druckschriftensammlung, C-15384/1,1/1784

    „Bravo Stuwer!“ – ein geflügelter Ausruf!

    Sprichwörtlich ist übrigens der einst anerkennende, später mit ironischer Note gebrauchte Ausruf „Bravo, Stuwer!“ geworden, der das Wetterpech von Stuwer beschreibt. Häufig vereitelte überraschendes Schlechtwetter die bereits angekündigten Vorführungen, sodass die bloße Annonce eines Stuwerschen Feuerwerks scherzhalber schon als Vorbote von Regen genommen wurde. Man ging also dazu über, neben der Eintrittskarte ein Retour-Billet zu verkaufen, das für jenen Tag galt, auf den das Feuerwerk gegebenenfalls verschoben werden musste.

    Mehrmals machte Regen die Arbeit von Monaten zunichte, zweimal brannte außerdem Stuwers Laboratorium ab. Dennoch waren die Feuerwerke wegen der großen Besucherzahlen recht einträglich. Einnahmen brachten dem „K.& K. privilegierten Kunst- und Lustfeuerwerker“ außerdem der Verkauf von Feuerwerkskörpern aus eigener Erzeugung an Privatkunden; die Auswahl war groß und reichte vom „Handpufferl“, über „Chinesische Bäume“, „Mordschläge oder Granaten“ bis zu „Doppelten Kontrabrilliantwalzen“.

    Im Zweiten Wiener Stadtbezirk gibt es die Johann Georg Stuwer gewidmete Stuwerstraße.
    Im Zweiten Wiener Stadtbezirk gibt es die Johann Georg Stuwer gewidmete Stuwerstraße. Foto: Karin Sporer

    Am 29. September 1799 gab Johann Georg nach 26-jähriger Tätigkeit sein Abschiedsfeuerwerk unter dem Titel „Tag der Dankbarkeit“. Er starb am 4. Januar 1802 in Wien und wurde auf dem St. Marxer Friedhof beigesetzt.

    Sein feuriges Werk wurde von seinem Sohn Kasper, dessen Sohn Anton Stuwer und schließlich dessen Sohn Anton Stuwer jun. fortgeführt. Mit den für die Wiener Weltausstellung (1873) notwendig gewordenen Umgestaltungen des Praters fand die Zeit der großen Feuerwerke schließlich ihr Ende, doch noch heute erinnert der Name eines Wiener Stadtteils, des Stuwerviertels, an diese Ära, in der dem Oberliezheimer Ruhm und Ehre zuteilwurde.


    Info: Vom 27. September bis 6. Oktober bringt die Dorfgemeinschaft Oberliezheim in einem groß angelegten Theaterprojekt mit annähernd 150 Mitwirkenden das Stück „Europadorf Oberliezheim – ein Dorf spielt seine Zukunft“ zur Aufführung. Eindrucksvoll wird in diesem turbulenten, humorvollen Stück – vom Oberliezheimer Leo Veh verfasst – an den großen Sohn des Dörfleins Johann Georg Stuwer erinnert. Karten sind über die Oberliezheimer Homepage www.oberliezheim.de oder per Telefon unter 09084/6693783 erhältlich.

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