Wenn in einer großen Firma, die einen Jahresumsatz im dreistelligen Millionenbereich macht und international tätig ist, Kunden angehalten werden, ihre Rechnungen in bar zu begleichen, hat das ein Gschmäckle. Genau das ist bei Fendt-Caravan in Mertingen/Bäumenheim geschehen. Zu diesem Schluss kam nun das Amtsgericht Nördlingen. Es verurteilte zwei ehemalige Mitarbeiter, die wohl Teil eines Betrugssystems waren, das federführend ein leitender Angestellter zulasten des Unternehmens betrieb.
Dies passierte im Service-Bereich der Fabrik. Dort können Kunden ihre durch Unfälle beschädigten Wohnwagen reparieren lassen. Die Staatsanwaltschaft warf den beiden Angeklagten vor, quasi auf eigene Rechnung zwei Aufträge erledigt zu haben – während der Arbeitszeit und mit dem Material der Firma. Schaden: 4600 Euro. Die Männer, 53 und 66 Jahre alt, hatten deshalb saftige Strafbefehle über jeweils 140 Tagessätze aufgebrummt bekommen. Diese wollten die Beschuldigten aber nicht akzeptieren. Mit den Einsprüchen beschäftigte sich jetzt Richter Gerhard Schamann.
Betrug bei Fendt-Caravan: Angeklagte haben "nur Anweisungen befolgt"
Die Angeklagten bestritten über ihre Anwälte Edmund Herrmann und Ulrich Roßkopf, gemeinschaftlich betrogen zu haben. Sie hätten lediglich Anweisungen ihres – inzwischen gestorbenen – Abteilungsleiters befolgt. Der habe auch das Geld bekommen.
Als Zeuge war Hans Frindte, kaufmännischer Geschäftsführer von Fendt-Caravan, geladen. Der berichtete, dass das Unternehmen zufällig über die Fälle "gestolpert" sei. Bei der Umstellung auf ein neues EDV-System seien Unregelmäßigkeiten aufgefallen. Dass der Abteilungsleiter an der Sache beteiligt war, sei "nicht ganz aus der Luft gegriffen". Ein Wirtschaftsprüfer habe herausgefunden, dass zehn Fälle als "bedenklich" beziehungsweise "nicht korrekt" einzustufen seien. Davon habe man vier aufklären können. Man habe "diverse Vorgänge gefunden, in denen die Daten komplett gelöscht waren". Frindte erklärte zu den Betrügereien auch: "Einer allein kann das nicht machen."
Fendt-Caravan zog Konsequenzen: Die Firma entließ den 53-Jährigen, der 66-Jährige ging von sich aus. Bei einer bereits stattgefundenen Arbeitsgericht-Verhandlung, so schilderten Richter Schamann und der Manager, habe der 53-Jährige ständig neue Versionen der Vorgänge aufgetischt.
Prozess in Nördlingen: Die Anwälte fordern Freisprüche
Im Laufe des Prozesses vor dem Amtsgericht stellte Schamann einen der beiden angeklagten Fälle ein. Staatsanwältin Keller forderte im verbliebenen Fall wegen Beihilfe zum Betrug Geldstrafen in Höhe von 2000 beziehungsweise 2800 Euro. Die Angeklagten hätten zumindest billigend in Kauf genommen, dass das kassierte Geld "nicht der Firma zugutekommt". Die beiden Anwälte plädierten auf Freisprüche. Ihre Mandanten hätten keine Vorstellung davon gehabt, was der Abteilungsleiter getan habe.
Richter Schamann wollte nicht glauben, dass die Männer ahnungslos waren: "Beide waren zwar nur Randfiguren, aber nicht unbeteiligt." Die Urteile: Geldstrafen über 1500 und 2100 Euro (jeweils 60 Tagessätze) wegen Beihilfe zum Betrug.