Mit großem Andrang wurde für die Gemeinderatssitzung in Mertingen schon gerechnet, schließlich ging es wieder um das heiß diskutierte Thema Windkraft. Um den Gemeinderat und die vielen interessierten Gäste mitzunehmen, hatte Bürgermeister Veit Meggle gemeinsam mit Kämmerer Jörg Baumgärtner eine umfassende Präsentation vorbereitet. Diese beschrieb auch die Motivation des Gemeinderats hinter der Idee, Windkraft für Mertingen zu prüfen, sowie welche Schritte notwendig sind.
Aufgrund der Vorgabe, 1,8 Prozent der bayrischen Landesfläche bis Ende 2032 für Windenergie vorzusehen, hat sich auch die Gemeinde Mertingen mit der Standortsuche beschäftigt. Dabei waren es auch Landwirte, die die Frage aufgeworfen hatten, ob es nicht Wege gäbe, mit weniger Fläche als bei der Freiflächenfotovoltaik notwendig, Energie zu produzieren. Bürgermeister Meggle stellte das mögliche Suchgebiet in Mertingen vor. Mit der Berücksichtigung der rechtlichen Vorgaben, beispielsweise bezüglich der Vogelschutzgebiete oder der notwendigen Abstände, komme nur eine abgegrenzte Fläche des Mertinger Forst infrage.
Sechs Windräder in Mertingen bedeuten 0,5 Prozent der Waldfläche
Pro Windrad werde eine Fläche von einem halben Hektar benötigt, bei theoretischen sechs Windrädern würde dies 0,5 Prozent der Waldfläche in Mertingen bedeuten. Dafür wurde im ersten Schritt bei den Waldbesitzern das grundsätzliche Interesse abgefragt und ein Vogelgutachten erstellt. Dessen Auswertung stehe aber noch aus. Was man schon sagen könne, so Meggle: Der Rotmilan spiele keine Rolle, wohl aber der Wespenbussard. Die Auswirkung auf diesen müsse aber noch geprüft werden.
In der Vorstellung des Bürgermeisters sollten möglichst viele Fragen aufgegriffen und geklärt werden, so wurde auch der Katalog mit 25 Fragen von Gemeinderat Hannes Schweihofer ausführlich von Verwaltung und Rechtsbeistand beantwortet. Auch die Kostenstruktur wurde erläutert. Demnach sei für die Planung inklusive Genehmigung mit 750.000 bis einer Million Euro und für den Bau pro Windrad mit circa zehn Millionen Euro zu rechnen. Zu guter Letzt erläuterten Meggle und Baumgärtner noch die Vor- und Nachteile der Projektentwicklung als Gemeinde oder mit weiteren Gesellschaftern.
Schweihofer: Forst "ungeeignetster Standort" für Windräder
Kaum war das letzte Wort gesprochen, meldeten sich die ersten Gemeinderäte. Meggle bat um eine sachliche Diskussion, es sei ein Thema mit Zündstoff, das bitte nicht zu einer Spaltung des Ortes führen solle. Hannes Schweihofer (CSU) sagte, er halte den Mertinger Forst für den ungeeignetsten Standort - der Forst sei ein wichtiger Erholungsort. Meggle betonte, dass als Suchstandort rechtlich derzeit nur der Wald in Frage komme. Darauf bemerkte Johannes Bschorrer (PWG), dass der Forst hauptsächlich als Nutzwald anzusehen sei und die Hauptnutzer einer möglichen Windenergieanlage die Mertinger Bürgerinnen und Bürger sein sollten. Denn diese, so Paul Sailer (PWG), könnten unter anderem von einem stabilen Strompreis profitieren.
Josef Saule (UBL) appellierte an die Akzeptanz ebendieser Bürger, die hier seines Erachtens stärker eingebunden werden müssten. Bürgermeister Meggle führte dazu an, dass bei vergleichbaren Projekten zu Windrädern zu beobachten sei, dass die Ablehnung zu Beginn bei zehn Prozent liege, diese Bürger würden erfahrungsgemäß sehr laut ihren Unmut kundtun. Die Akzeptanz sei aber mit fortschreitender Projektentwicklung und Aufklärung zu steigern. Aktuell befinde man sich noch in einer zu frühen Phase, um optimale Aufklärung zu leisten.
Wirtschaftlichkeit der Windräder vorab klären
Ulrike Hampp-Weigand (SPD) warnt davor, das Thema vorschnell zu verurteilen, denn sollte bis 2032 nicht 1,8 Prozent der Landesfläche beplant sein, entfalle die Privilegierung, was bedeute, dass jeder ohne Rücksicht auf Abstand auf seinem Stück Land ein Windrad errichten könnte. Wichtig sei es, so Christine Riepold (CSU), die Wirtschaftlichkeit vorab zu klären und auch die Möglichkeit abzuklären, gegebenenfalls regional - zum Beispiel in angrenzenden Gemeinden wie Lauterbach und Buttenwiesen - nach Standorten zu suchen.
Noch einen Schritt weiter ging Stefan Vill (PWG): Man solle die Landesregierung ansprechen, ob in der Zukunft auch Flächen an der Bundesstraße infrage kommen könnten, Windräder im Wald kämen für ihn nicht infrage. Daniel Becht (SPD), jüngstes Gemeinderatsmitglied, erklärte, man sei es der jungen Generation schuldig auch daran zu denken, ob dieser eine lebenswerte Umwelt hinterlassen werde. Dem konnte sich Josef Brunner (CSU) anschließen und meinte ganz einfach: Wenn wir merken, es ist nichts, hören wir einfach auf.
Wie Meggle noch mal anmerkte, geht es aktuell noch nicht um den Bau eines Windrades, sondern nur darum, ob die Suche und die Projektentwicklung weiter vorangetrieben werden sollen. Dieser Beschluss wurde schließlich mit einigen Gegenstimmen genehmigt. Ein Antrag der CSU, der in dieser Sitzung auch besprochen werden sollte, wurde zurückgezogen, damit der Beschlussvorschlag noch mal überarbeitet werden kann.