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Landkreis Donau-Ries: Warum es immer mehr Bürokratie in den Ämtern und Behörden gibt

Landkreis Donau-Ries

Warum es immer mehr Bürokratie in den Ämtern und Behörden gibt

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    In der Registratur des Landratsamtes Donau-Ries werden die Akten und Unterlagen gesammelt, die auf längere Zeit aufbewahrt werden müssen. Es sind fünf Kilometer Akten.
    In der Registratur des Landratsamtes Donau-Ries werden die Akten und Unterlagen gesammelt, die auf längere Zeit aufbewahrt werden müssen. Es sind fünf Kilometer Akten. Foto: Barbara Wild

    Als Stefan Rößle vor 20 Jahren einzog ins Fuggerhaus am oberen Ende der Donauwörther Reichsstraße, da war die Kreisbehörde auch schon recht imposant – aber irgendwie noch übersichtlich. Heute sieht der Beobachter allein an dem Zuwachs an Gebäuden und Räumen in der direkten Nachbarschaft des Haupthauses sowie im Nördlinger Bahnhof: Das Landratsamt ist gewachsen, und zwar beachtlich. Rößle rechnet vor: Gut 250 Stellen mussten in der Behörde neu geschaffen werden. Nicht nach Gutdünken, wie der Landrat betont, sondern weil der Gesetzgeber die Kreisbehörde schier dazu zwinge.

    Rößle kritisiert Kurzsichtigkeit des Gesetzgebers in vielen Fällen

    Weniger als 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hätten vor 20 Jahren Dienst getan im Landratsamt, gut 750 sind es aktuell. Und auch im kommenden Jahr müssten neue Stellen geschaffen werden, erklärt Rößle. 20 an der Zahl seien es, im vergangenen Jahr waren es 30. "Ich hatte eigentlich auf ein Ende gehofft", sagt der Landkreis-Chef. Doch neue Gesetze und Gesetzesänderungen zwängen die Behörde dazu, weiter zu wachsen. Was auch logisch klingt: Die Legislative, der Gesetzgeber, beschließt – die Exekutivbehörde muss dies dann vor Ort im Landkreis umsetzen. "Vieles geht einfach nicht ohne immer mehr Personal", so Rößle.

    Beispiel Wohngeld: Hier wird aufgrund der jüngst beschlossenen Änderungen die Zahl der Berechtigten im Landkreis Donau-Ries sprunghaft ansteigen – von aktuell 1000 auf 3000 Fälle ab 1. Januar. Die ausbezahlten Geldleistungen schlügen sich zwar nicht direkt negativ auf den Kreishaushalt nieder, so Rößle, "wir stellen aber das Personal, das die Fälle bearbeitet". Und das muss entlohnt werden. Das Beispiel Wohngeld zeige, dass Gesetze mittlerweile sehr kurzfristig kämen und ad hoc umzusetzen seien: "Es ärgert mich, dass es den Gesetzgeber wenig kümmert, wie seine Anordnungen vor Ort umgesetzt werden", kritisiert der Donauwörther Landrat gegenüber unserer Redaktion. Andreas Fischer, Fachbereichsleiter der Sozialhilfeverwaltung, bestätigt die Verdreifachung der Anspruchsberechtigten. 

    Der Hintergrund der Reform sind unter anderem Zuschläge durch eine Heiz- sowie eine Klimakomponente. Die Wohngeldformel indes ist kein Pappenstiel, sondern eine "hochmathematische Formel", wie Fischer erklärt. Sie müsse für jeden Fall einzeln gespeist werden, alle Anträge würden gesondert geprüft und verwaltet. Bisher kümmerten sich 3,75 Vollzeitkräfte um den Bereich, für die zusätzlichen Fälle ab Januar bräuchte es eigentlich sechs weitere Kräfte; fünf wolle das Landratsamt einstellen. Rößle fügt hinzu, dass nun ein weiteres Problem aufkomme: Zwei der fünf Stellen konnte man erst besetzen, für die drei weiteren sei man noch auf der Suche. "Fachpersonal findet man nicht so schnell" – zudem sei die Einarbeitung zeitintensiv. Und ja, auch das neue EDV-Programm für die Reform müsse erst einmal richtig laufen, sagt Fischer. 

    Landkreis Donau-Ries wünscht sich mehr Unterstützung

    Dann müsse der Neubestand erfasst werden, gegebenenfalls Unterlagen nachgefordert und und und ... Rößle zeigt sich angesichts des Mehr an Anordnungen aufgebracht: "Es ist ein Unding für die Behörden, wenn die Voraussetzungen für die Umsetzung erst wenige Tage vor Inkrafttreten der Regelungen geschaffen werden. Die Ausführungsbestimmungen kommen zum Teil erst nach dem Inkrafttreten." Die Landkreise bräuchten bei einem Mehr an Anforderungen auch mehr Unterstützung. Zudem: Wohngeldanträge müssten ordentlich geprüft werden; das dauere zwei bis drei Monate. Die Antragssteller bekommen die Leistungen zwar in der Regel ab Antragseingang, aber trotzdem müsse jeder Fall rechtssicher sein. Und eben dafür brauche es Ressourcen. 

    Monika Holzmann arbeitet im Jobcenter Donau-Ries und bearbeitet dort die Anträge fürs Bürgergeld.
    Monika Holzmann arbeitet im Jobcenter Donau-Ries und bearbeitet dort die Anträge fürs Bürgergeld. Foto: Barbara Wild

    Beispiel Bürgergeld: Die Donauwörther Jobcenter-Leiterin Monika Holzmann kann davon ein Lied singen. Ihre Behörde ist für das neue Bürgergeld zuständig. Bei gleichbleibendem Mitarbeiterstab wird es im Bereich Bürgergeld auch zu einem Mehr an zu bearbeitenden Fällen kommen; allein 1200 geflüchtete Ukrainer sind hier hinzugekommen im Kreis Donau-Ries – was einem Zuwachs von 40 Prozent entspricht gegenüber der Situation vor dem Krieg. "Die Kollegen sind irgendwann ausgebrannt, wenn man aus dem Krisenmodus nicht herauskommt", schildert Holzmann die Stimmung. Auch in der Corona-Zeit hatte die Behörde, die eine Scharnierposition zwischen Landkreis und Arbeitsagentur einnimmt, ordentlich Zuwachs an Arbeit. 14 Vollzeitkräfte sind in der Leistungsgewährung tätig, im Gegensatz zum Landratsamt darf das Jobcenter allerdings nicht aufstocken; die Mittel stünden schlicht nicht zur Verfügung, so die Leiterin. Die Bürgergeld-Reform sieht eigentlich mehr Beratung für die Klienten vor, mehr Unterstützung bezüglich Weiterbildung und Umschulungen, das ist ihr Kern – "wir sollen mehr tun, aber wir haben die Mittel nicht", erklärt Holzmann. 

    Das Resümee lautet für Rößle: Entweder es droht eine Art Ausbrennen des Personals oder die immer neuen Vorgaben seien realistisch betrachtet Augenwischerei. "Wir in den Landkreisen müssen uns langsam wehren gegen die Gesetzeswut", sagt der Landrat – bei neuen Anforderungen brauche eine Behörde auch die entsprechenden Mittel und das nötige Personal. Eine weitere Gefahr bestehe zudem durch ein Übermaß an Regelungen: "Irgendwann verwalten wir uns nur noch selber." Und das sei alles andere als zielführend. 

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