Startseite
Icon Pfeil nach unten
Donauwörth
Icon Pfeil nach unten

Landkreis Donau-Ries: Stalking am Arbeitsplatz - was war zwischen zwei Kollegen?

Landkreis Donau-Ries

Stalking am Arbeitsplatz - was war zwischen zwei Kollegen?

    • |
    Ein Mann soll seiner Kollegin wiederholt nachgestellt haben - auf vielfältige Weise. Diese Vorfälle wuren schon vor dem Amtsgericht verhandelt, jetzt muss sich das Arbeitsgericht damit befassen.
    Ein Mann soll seiner Kollegin wiederholt nachgestellt haben - auf vielfältige Weise. Diese Vorfälle wuren schon vor dem Amtsgericht verhandelt, jetzt muss sich das Arbeitsgericht damit befassen. Foto: Angelika Warmuth, dpa (Archivbild)

    Es ist nur die Spitze des Eisbergs, die an diesem Tag am Arbeitsgericht Donauwörth zur Sprache kommt. Am Tag der Güteverhandlung, in der Vorsitzender Wolfgang Balze vergeblich versucht, zwischen den Parteien zu schlichten. Der Richter beschränkt sich auf diese Spitze, da er seine Instanz ohnehin nicht für zuständig hält. Auf den weitaus größeren Teil des

    Die beiden Parteien, das sind eine heute 34-jährige Frau und ihr jetzt 63 Jahre alter Kollege, wohnhaft in verschiedenen Landkreis-Kommunen, beide beschäftigt im selben Donauwörther Unternehmen. Nach anfangs kollegialen Kontakten kippte die Stimmung Ende 2016. Es soll eine Vielzahl von Avancen vonseiten des deutlich älteren Mannes gegeben haben, die der jungen Frau unangenehm waren: Anrufe, unzählige SMS, Erkundigungen im sozialen Umfeld über die Kollegin, grundlose Besuche am Arbeitsplatz und bei ihr Zuhause, Abpassen auf dem Firmen-Parkplatz ... 

    Der 63-Jährige unterschrieb eine Unterlassungserklärung

    Rechtsanwalt Florian Engert, der die 34-Jährige vertritt, schildert auf Nachfrage, wie massiv sich seine Mandantin unter Druck gefühlt habe. Der Jurist spricht von einem "unerträglichen Maß". Sie habe schließlich Personalabteilung, Betriebsrat und Rechtsabteilung des Arbeitgebers eingeschaltet, die vorübergehend Rechtsfrieden herstellen konnten, ohne eine Bewertung der Vorfälle zu treffen. Gezielte Schichtpläne und räumliche Trennung sollten Begegnungen unterbinden. Der 63-Jährige unterschrieb zudem eine Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung und es herrschte Ruhe.

    Eine trügerische Ruhe. Denn wie Engert schildert und wie es auch in früheren Gerichtsverhandlungen zur Sprache kam, sollen sich die Annäherungen 2019 fortgesetzt haben. Die Frau zeigte den Kollegen daraufhin an. Ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen ihn wegen Nachstellung wurde wegen geringer Schuld eingestellt. Ein Gewaltschutzverfahren 2020 führte zum Erlass einer Anordnung, die der Mann akzeptierte. Grundlage für diese Anordnung war auch ein Vorfall vom 6. Mai 2020. Ein Teil-Aspekt dieses Vorfalls ist nun jene Spitze des Eisbergs, um die es beim Arbeitsgericht geht.

    An jenem 6. Mai 2020 lagen bei der jungen Frau die Nerven blank. Sie wollte nach ihrer Schicht gegen 23.30 Uhr heimfahren und entdeckte auf dem Firmenparkplatz, direkt bei ihrem Wagen, das Fahrzeug des Kollegen, der doch mehrfach Erklärungen abgegeben hatte, sich ihr nicht zu nähern. Er saß am Steuer. Panik stieg in ihr auf und sie versuchte fluchtartig, das Gelände zu verlassen. Sie habe den Motor ihres Autos gestartet - er habe den Motor seines

    Überwachungsvideo zeigt: Es gab kein Abbremsen

    Wohl, um zu testen, ob Absicht oder Zufall im Spiel war, habe sie gebremst und er zeitgleich auch. Das zumindest gab die 34-Jährige an Eides statt im Gewaltschutzverfahren 2020 zu Protokoll. Wie sich später allerdings mithilfe eines Überwachungsvideos herausstellte, war kein Abbremsen zu sehen. Alles andere hatte gestimmt, nur eben nicht das Stoppen des Wagens. 

    Ihr Kollege erstattete daraufhin Anzeige gegen sie wegen falscher Versicherung an Eides statt. Hierauf kam es im November 2022 zur Verhandlung am Amtsgericht Nördlingen. Das Verfahren wurde gegen eine Geldauflage eingestellt. Rechtsanwalt Engert erklärte diese fehlerhafte Angabe seiner Mandantin mit deren "emotionaler Ausnahmesituation" seiner Mandantin, die zu einer "kurzzeitigen kognitiven Fehlleistung" geführt habe. Wie auch immer - juristisch ist unter diese Fehlleistung längst ein Schlusspunkt gesetzt.

    Was nicht zu Ende ist, sind die Aktivitäten des 63-Jährigen. Er reichte im Dezember 2023 Klage beim Arbeitsgericht ein. Er will die gerichtliche Feststellung erreichen, seine Kollegin habe den Schaden zu ersetzen, der ihm aus dieser fehlerhaften Angabe des Abbremsens entstanden ist oder noch entstehen werde. Entgegen seiner früheren Unterlassungserklärungen ist im Antrag seines Rechtsanwalts Ulrich Roßkopf nun auch die Rede davon, die 34-Jährige würde bewusst wahrheitswidrig behaupten, ihr Kollege würde ihr am Arbeitsplatz nachstellen. 

    Der 63-Jährige sei gesundheitlich angegriffen

    "Die Wahrnehmungen gehen auseinander", sagt Roßkopf in der arbeitsrechtlichen Verhandlung. Sein Mandant habe Nachteile erlitten durch die Darstellungen der Kollegin. Er habe - mittlerweile in Altersteilzeit - ein Betretungsverbot des Firmengeländes, fühle sich massiv eingeschränkt, habe ihretwegen Anwalts- und Verfahrenskosten und sei gesundheitlich angegriffen. 

    Vorsitzender Balze sah keinen Ansatz für Roßkopfs Mandanten, Ansprüche abzuleiten, schließlich seien geschätzt 70 Prozent des Vorfalls vom 6. Mai 2020 zutreffend. Zudem sah er den Fall nicht beim Arbeitsgericht angesiedelt: "Angesichts dessen, was hier in den letzten Jahren abgelaufen ist, habe ich erhebliche Bedenken, dass wir überhaupt zuständig sind, sondern das Landgericht Augsburg." Die Klagepartei ist nun aufgefordert, den Rechtsweg zum Arbeitsgericht zu begründen.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden