Ein wenig sieht man Feuerwehrkommandant Markus Schröttle und den anwesenden Kräften die Müdigkeit schon an, wenngleich sich alle wacker halten. "Die meisten Einsatzkräfte sind am Rande der Erschöpfung", sagt er. Die vergangenen Tage hatten es für alle in sich. Die Auchsesheimer hatten zusammen mit dem THW und einer ortsansässigen Firma einen Behelfsdamm errichtet, über einen Kilometer lang, der die Wassermassen davon abhält, ins Dorf zu strömen. Immer wieder werden die Kräfte zu schnellen Aktionen gerufen, geraten körperlich an ihre Grenzen. Dennoch ist die Stimmung am Donnerstagvormittag vorsichtig optimistisch.
Die Lage im Siedlungsgebiet sei stabil. "Wir haben zwei Anwesen auf der östlichen Seite etwas außerhalb des Dorfes, die stark vom Hochwasser betroffen sind. Wichtigstes Thema ist nun, dass der Pegel weiter sinkt", sagt Schröttle. Am Damm werde an diesem Tag nichts gemacht, lediglich abgesichert. Die Auchsesheimer wurden eigentlich evakuiert. Viele gingen, doch mittlerweile sind auch einige wieder zurück. Wie viele Bewohner wieder in ihren Häusern wohnen, kann Schröttle nicht einschätzen. Die Mertinger Straße ist befahrbar, erst vor der Unterführung in Richtung Donauwörth ist Schluss, denn hier steht das Wasser hoch. "Die Lieferdienste der Onlinehändler liefern trotzdem noch bei uns", sagt ein Feuerwehrmann schmunzelnd.
Falschmeldungen führen bei den Anwohnern in Auchsesheim mitunter zu Panik
Die Einsatzkräfte sind sehr vorsichtig mit Aussagen zur Lage. Zu viele Falschmeldungen und Missverständnisse in den (sozialen) Medien haben in den vergangenen Tagen für Unmut gesorgt. Etwa die Fehlinterpretation, dass der Deich gebrochen sei und nicht überspült. "So etwas führt bei manchen zur Panik", gibt Schröttle zu bedenken. Die Anwohner sind ähnlich vorsichtig. Sie haben viel durchgemacht seit dem Wochenende. "Es ist alles sehr dramatisch", sagt eine Auchsesheimerin.
Im angrenzenden Bäumenheim ist die Lage besser. Die Schmutter ist deutlich gesunken, lediglich schlammverkrustete Pflanzen zeugen noch davon, dass der Pegel vor kurzer Zeit noch deutlich höher stand. Doch auch im Donauwörther Ortsteil Nordheim war die Lage brenzlig. Dort drängte das Wasser ganz nahe an das Feuerwehrhaus am Ortsrand heran. Das ganze Dorf kam zusammen und half. "Den WhatsApp-Status haben wir ständig aktualisiert", sagt Anwohner Harald Müller. So habe man die Leute auf dem Laufenden gehalten und um Hilfe gebeten wenn nötig. Diese sei auch gekommen. 150 Leute eilten herbei, um Sandsäcke aufzustapeln und eine Barriere gegen das Wasser zu bauen.
Laut Feuerwehrkommandant Michael Näßl seien die Schäden im Dorf noch schwierig abzuschätzen. "Wir sind platt, aber vorsichtig optimistisch und weiterhin wachsam", sagt er. In Schichten sind nun ständig Leute vor Ort, um Überraschungen vorzubeugen. Auch im Haus von Harald Müller und seiner Frau Martina steht noch ein wenig Wasser im Lichtschacht des Kellers, da das Grundwasser nach oben drückt. Trotzdem sagen die beiden: "Wenn die Auchsesheimer mit ihrem Behelfsdamm nicht so schnell reagiert hätten, wäre es bei uns viel schlimmer gekommen." Generell seien die Nordheimer - zumindest bislang - mit einem blauen Auge davongekommen. Die psychische Belastung für alle Anwohner durch die große Unsicherheit sei dennoch außergewöhnlich gewesen.
Baustatiker schätzen die Lage in Hamlar ein
Besonders schlimm hat es dagegen Zusum und Hamlar erwischt. Auf allen Straßen nach Zusum steht am Donnerstag noch Wasser. Die Straße an Grenzebach vorbei nach Hamlar ist am Donnerstag zumindest wieder trocken. Dort sind drei Löschzüge aus dem Nürnberger Land und Augsburg und ein Pumpenkontingent mit mehr als 350 Kräften im Einsatz. Laut Kreisbrandrat Heinz Mayr werden dort die Sandsäcke von den Straßen gebracht und gesammelt, je nach Lage werden sie eventuell wieder gebraucht. Während die Einsatzkräfte das Wasser am Dienstag aus der Unterführung von B16 und Bahnstrecke zunächst noch abgepumpt hatten, wird es jetzt wieder "kontrolliert" eingelassen. Mayr erklärt warum: "In der Unterführung steht das Grundwasser so hoch, dass die Straße bis zu 30 Zentimeter hochgedrückt wird. Wir lassen darum die Unterführung wieder volllaufen, um Gegendruck herzustellen."
Drei Baustatiker sind am Donnerstag vor Ort, um Einschätzungen abzugeben, wie es um die Statik der Häuser bestellt ist, in denen das Wasser steht. "Wir pumpen keine Keller mehr aus, weil dort ebenfalls dann der Druck von oben fehlen würde und nur noch Druck von unten kommt. Da kann an einem Haus am Ende ein höherer Schaden entstehen, als nur durch das stehende Wasser", erläutert Mayr weiter. Deshalb gebe man auch an alle Haushalte die Empfehlung heraus, das Wasser nicht eigenmächtig abzupumpen. Bevor man damit anfangen könne, müsse der Grundwasserpegel schon um einen Meter fallen, schätzt Mayr. Dies dauere wohl ungefähr eine Woche - sofern kein Wasser nachkommt. Die Lage sei für die Anwohner mehr als bedrückend: "Sie sind sehr angespannt. Sie warten auf Hilfe, wollen, das Wasser aus dem Haus bekommen. Aber aktuell können wir nicht helfen."
Heißesheimer durch eigens errichtete Barriere "weitestgehend hochwasserfrei"
Deutlich entspannter ist die Situation in Heißesheim. Feuerwehrkommandant Martin Hartl bestätigt, "durch unsere selbst gebaute Schutzbarriere sind wir weitestgehend hochwasserfrei. Das gilt allerdings nicht für einen Hof außerhalb des Ortes, der noch im Wasser steht. Gemeinderat Josef Saule (UBL) betont, dass der Zusum-Rücklaufdeich gebrochen sei - weshalb die Auchsesheimer einen behelfsmäßigen Damm selbst errichten mussten - sei aufgrund von Biberschäden der Fall. "Der Deich wurde nicht auf seinem plangenehmigten Zustand erhalten, obwohl der Staat dazu verpflichtet ist", kritisiert er. Das Engagement und der Zusammenhalt der Heißesheimer jedoch seien herausragend gewesen. Die Schutzbarriere hätten die Anwohner mit vereinten Kräften am Sonntag und Montag innerhalb kürzester Zeit errichtet. Auch am Donnerstag liefen hier dennoch Pumpen, die permanent das eindringende Wasser wieder hinausbeförderten.
Per Boot musste sich Landrat Stefan Rößle nach Zusum aufmachen, um sich einen Eindruck zu verschaffen. Die Wassermassen im Donauwörther Stadtteil zu sehen, sei "sehr bedrückend" gewesen. Je länger die Wassermassen dort stehen, desto größer würden am Ende die Schäden. Ihm sei es wichtig gewesen, den Leuten zu sagen, dass man tue, was möglich ist. Doch wie in Hamlar spielt auch hier der Wasserdruck von unten eine Rolle, weshalb nicht einfach alles abgepumpt werden dürfe. Sein Appell: Der Hochwasserschutz muss nun zügig angegangen werden.