Bei einem Spaziergang durch die Innenstädte hört man es allerorts klappern: Der Weißstorch ist im Landkreis Donau-Ries wieder fleißig am Brüten. Doch gerade in einer für die Jungvögel sensiblen Zeit brach – wie über die Menschen – ein Unwetter Anfang Juni über sie herein, das nicht alle Storchenküken überlebten.
In Donauwörth berichtet der verantwortliche Storchenbeauftragte Georg Schnizer von den aktuellsten Zahlen: Über dem Tanzhaus, dem Kloster Heilig Kreuz und dem Gasthaus Goldener Hirsch seien jeweils noch zwei Jungstörche am Leben. Drei weitere junge Störche recken die Köpfe aus dem Horst über einem Haus in der Heilig-Kreuz-Straße. Im Nest über der evangelischen Kirche wurden von Schnizer "Aktivitäten beobachtet", allerdings sei das Nest schlecht einsehbar. Darüber hinaus sei auch das Überleben der vier zur Zeit des Hochwassers drei Wochen alten Küken über der Realschule St. Ursula ungewiss.
Der Dauerregen war ein Problem für die Jungstörche im Kreis Donau-Ries
Das Futterangebot sei nach der Überschwemmung im Moment für den Weißstorch reichlich, jedoch sei der Dauerregen, so meint Schnizer, ein Problem für die jungen Störche zu diesem Zeitpunkt in ihrer Entwicklung gewesen. Bis zur dritten Lebenswoche besäßen die Storchenküken einen dicken Flaum, der sie vor Kälte schütze. Danach fände der Federwechsel statt, wobei das Gefieder zur Zeit des Hochwassers bei den Jungstörchen noch nicht voll ausgebildet gewesen sei. Darüber hinaus seien die Jungstörche, die älter als sechs Wochen alt waren, zu groß gewesen, als dass ihre Eltern sie gänzlich mit ihren Flügeln hätten bedecken können. Während die Altstörche in der Lage waren, sich vor der Kälte trotz der anhaltenden Regenfälle zu schützen, sind einige der Jungen wohl an Unterkühlung gestorben. So sind von den 16 Küken, die über dem Tanzhaus, Goldenen Hirsch, Kloster Heilig Kreuz und Heilig-Kreuz-Straße geschlüpft sind, noch neun Jungstörche nach dem Hochwasser am Leben.
Ähnlich verheerend wirkte sich die feuchte Wetterlage auch in weiteren Ortschaften des Landkreises Donau-Ries aus. In Monheim seien, nach der Aussage des Storchenbeauftragten Wolfgang Wild, von den insgesamt fünf geschlüpften Küken zwei an Unterkühlung gestorben. In Rain hatten sich dieses Jahr zwei Storchenpaare angesiedelt; dabei wurde zum ersten Mal von einem Storchenpaar ein Nest über dem Strommast beim Kindergarten "Am Schloss" gebaut – etwa sechs bis acht Wochen, nachdem das zweite Paar sich über dem Rathaus niedergelassen hatte. Leider sind keine Jungen aus den vier Eiern beim Kindergarten geschlüpft. Nach Quirin Nehers Meinung, dem Verantwortlichen im Rainer Rathaus für Öffentlichkeitsarbeit, Soziale Medien und Presse, könnte auch hier das Hochwasser eine Rolle gespielt haben.
Große Verluste gibt es auch bei den Oettinger Störchen
Große Verluste meldete auch "Storchenmutter" Heidi Källner, die sich jahrelang schon ehrenamtlich für die Störche in 21 Ortschaften einsetzt. In Oettingen sind von den 52 besetzten Nestern elf von den Auswirkungen des Dauerregens Anfang Juni betroffen. Nach den neuesten Kenntnissen Källners haben nur noch 91 Jungvögel in Oettingen überlebt. "Totalverluste" , also keine überlebenden Jungstörche, registrierte sie in Holzkirchen, Lochenbach, Megesheim, Reimlingen und Auhausen.
Neben den eher traurigen Nachrichten gibt es auch einige glückliche Neuigkeiten: In den elf besetzten Nestern in Nördlingen erfreuen sich 30 Jungstörche bester Gesundheit. Statt auf einem Strommast oder Häuserdach hat sich dort ein Storchenpaar zur Abwechslung auf einem Baumstumpf häuslich eingerichtet. In Oettingen ziehen Störche erfolgreich drei Küken auf einem Baum im Gruftgarten auf. In Staudheim ist Kirchenpfleger Helmut Kugelmann froh zu berichten, dass dieses Jahr neun Jungstörche in zwei Nestern aufwachsen. Der Sohn des 2023 benannten Storchenpaares Tilly und Milly aus Rain, Vincenz, wurde auf seiner Wanderung in der Nähe von Montpellier gesichtet. Und in ein paar Tagen werden eine Reihe Jungstörche in mehreren Ortschaften die ersten zaghaften Flugversuche wagen, ehe sie sich im August ohne die Altstörche auf die bis jetzt längste Reise ihres Lebens begeben.
Immer mehr Altstörche verbringen den Winter in Deutschland
Dagegen verbringen immer mehr Altstörche auch den Winter in Deutschland, wie es etwa von den Störchen in Staudheim bekannt ist. In den anderen Ortschaften ziehen die Jungstörche im August, die Alten meist erst im September oder Oktober, entweder über die Westroute über Frankreich, Spanien, Gibraltar nach Westafrika oder vom Osten über die Türkei, Israel und Ägypten nach Ost- oder Südafrika. Nach den Erkenntnissen von Dr. Andrea Flacks , die die Wanderung von Vögeln am Max-Planck-Institut erforscht, nähme die überwiegende Mehrheit der Störche aus der Region den westlichen Weg Richtung Afrika. Im Gegensatz zu den Jungstörchen fliegen, nach Aussagen der heimischen Storchexperten, einige der älteren Störche nur noch bis zum Bodensee oder nach Spanien, ehe sie im nächsten Jahr wiederkehren.